Außen-Stadt-Band: Reallabor „Radwege“

Mit dem Innen-Stadt-Band werden zur Zeit Turn- und Yoga-Übungen als Kit zwischen den Stadtteilen angeboten. Wie sieht es aber mit den Radwegen außerorts aus, die ja auch Stadtteile verbinden?

Mitdenkende Verkehrsplaner sind gefordert, wenn es um die sichere Nutzung von baulich getrennten, extra breiten Radwegen geht. Dank des mit vielen Phantastilliarden Euronen geförderten Förderprojektes des Fördervereins „Expeditionen ins Radreich“ können wir Ihnen heute das Ergebnis des ersten untersuchten Teilabschnitts auf der Wiedener Straße zwischen Wieden und Aprath präsentieren.

Der blaue Lolli für die Benutzungspflicht des Geh- und Radwegs.

Definiere: Radgehweg

Außerhalb geschlossener Ortschaften [1] werden gerne gemeinsame Wege für Rad- und Fußverkehr angeordnet, entweder in benutzungspflichtiger (Zeichen 240 StVO, vgl. Bild oben links) oder freiwilliger Form (Zeichen 239 StVO mit Zusatzzeichen 1022-10). „Gemeinsam“ heißt hier natürlich nicht das gemeinsame Grillfest oder Kaffeetrinken. Sondern daß im Idealfall der Radverkehr bei jedem Fußgänger abbremst und diesen langsam passiert. Im schlimmsten Fall fällt man sich gegenseitig auf den Sack und hoffentlich nicht noch über die Füße.

Die Rechtsprechung erlaubt auf diesen gemeinsamen Flächen zwar großzügig „bis zu 15 Stundenkilometer“. [2] Denn sonst trägt bei einem Unfall der Radfahrer einen erheblichen Teil des Schadens alleine wegen „unangepaßter Geschwindigkeit“. Hier wird allerdings klar, daß ein Radgehweg eher eine Sightseeing-Route für Wochenendausflügler als eine sinnvolle Verbindung für den täglichen Berufspendler ist.

Für die Nutzbarkeit der Radrouten spielen Planung und Unterhaltung eine wesentliche Rolle. Für Radgehwege gilt außerorts eine Regelbreite von mindestens 2,50 Meter [3]. Regelbreite bedeutet „in der Regel“, also „normalerweise“. Wir werden sehen, wie viele Ausnahmen es davon gibt, und wie häufig die tatsächlich nutzbare Wegbreite und -höhe davon abweichen.

Blauer Lolli ohne die Möglichkeit, barrierefrei auf den Radweg zu gelangen.

Reallabor: die Praxis

Beginnen wir nach einer Zwangspause von zwei Minuten an der Ampel an der Düsseldorfer Straße und biegen – auf der Fahrbahn – in die Wiedener Straße ab. Der erste blaue Lolli [4] ist eine typische „Zero Vision“-Anordnung, der hohe Bordstein nicht barrierefrei überwindbar (Foto) und daher eine Unfallgefahr (Radfahrer fällt z.B. im Dunkeln auf die Fresse). Wieso man bei Tempo 50 auf der Fahrbahn noch einen separaten Radweg braucht, weiß wohl auch nur 104.

Kirchenfelder Weg: An der nächsten Kreuzung Ende des Radgehwegs rechts und Überleitung nach links mit zwei extra Ampelphasen.

Damit uns nicht langweilig wird, endet an der nächsten Kreuzung am Kirchenfelder Weg der Radweg rechts und beginnt links neu (Foto). Erneut werden wir mit zwei separaten Ampeln gegängelt, während der übrige Fahrverkehr einfach den Linksabbieger benutzt. Das ausgeblichene Zeichen 101 „Gefahrstelle“ weist mit Zusatz „Schäden an Geh- und Radweg“ auf ein offenbar schon lange existierendes Problem ist, das vielleicht bis zur BUGA behoben ist…

Niederradenberg: Ampel auf dem Radgehweg nur für Fußgänger.

Am Abzweig Niederradenberg (Foto) müssen wir auf dem Radweg ganz links leider die Ampel für den Fahrzeugverkehr ganz rechts beachten, weil die vor uns liegende Ampel nur für Fußgänger gilt. [5]

Soll: Zwischen Radgehweg und Fahrbahn ist 1,75 m Trennstreifen einzuhalten. Ist: Fahrbahn direkt am Radgehweg.

Verkehrsplanung lernt man offenbar nicht im Studium, sondern beim Glücksspiel im Spielcasino: Hier ist zufällig zu wenig Platz, so daß wir den Sicherheits(grün)streifen von 1,75 Meter Regelmaß leider nicht einhalten können (Foto). Der ist im Normalfall dazu da, daß ein Lastzug oder Bus beim Vorbeifahren keine Fußgänger und Radfahrer umweht.

Dieses Gerümpel auf dem Gehweg nennt sich „Baustelle“. Die Grabenbrücke ist kaputt, die Absperrungen sind nur mit Klebeband oder Kabelbinder befestigt, ragen zu zweit in einer Fußplatte steckend auf den Gehweg oder lehnen los an der Leitplanke.

Dieses Gerümpel mitten auf dem Gehweg in Höhe der Einmündung Voisberger Weg (Foto links) sowie etwas weiter (Foto rechts) nennt sich „Baustelle“. Nichts von den Richtlinien zur Sicherung von Arbeitsstellen wird hier eingehalten:

– Die Leitbake gehört nicht auf den Gehweg.
– Die Grabenbrücke im Bild rechts (bzw. unten) fällt völlig auseinander (Geländer!) und ist damit selbst eine Gefahrenstelle. Auf einer Baustelle wie hier ist entweder eine breite Variante aufzustellen, oder zwei Einmeterbrücken nebeneinander.
– Absperrungen baut man auf, um zu verhindern, daß ein Radfahrer oder Fußgänger in die Grube fällt. Wenn wie im Foto rechts offensichtlich Faulheit die vorherrschende Art der Absperrung ist, wird die Absturzsicherung vor der kaputten Brücke nur mit Kabelbinder befestigt, die beiden hinter der Brücke stehen zusammen in einer Fußplatte und ragen noch in den Gehweg hinein. Die anderen drei rechts lehnen nur lose an der Leitplanke.

Und die städtische Bauaufsicht? Die schläft sowas in der Regel aus. Offiziell heißt das: Personalmangel, man könne ja nicht überall sein. (Das einzige Mal, wo einer Beschwerde binnen 24 Stunden abgeholfen wurde, waren offene Schächte auf der Bundesallee.)

Zu eng: Grünzeug, parkende Fahrzeuge, Leitplanken und Poller reduzieren den 2,0 Meter breiten Weg weiter.

An etlichen Stellen wird die nutzbare Radgehwegbreite durch Grünzeug, verkehrswidrig parkende Fahrzeuge, Leitplanken oder Poller beschnitten. Noch hat Wuppertal vier Monate, dies bis zur „Fahrradstadt 2025“ zu ändern. Diverse Leitlinien wie von der AGFS, in der Wuppertal Mitglied sein soll, können bei der Planung helfen.

Hinweise, Quellen und Verweise

[1] Geschlossene Ortschaft, Wikipedia,
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschlossene_Ortschaft

[2] In Nummer 2 zu Zeichen 239 (Gehweg) heißt es in der StVO: „Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Gehwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußgängerverkehr Rücksicht nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert
werden. Wenn nötig, muss der Fahrverkehr warten; er darf nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren.“
Für gemeinsame Radwegwege (Zeichen 240) wird auf Nummer 2 zu Zeichen 239 verwiesen.

[3] Die Regelbreite für gemeinsame Geh- und Radwege beträgt 2,50 m (vgl. EFA, 5.1).
Quellen:
① https://www.geh-recht.de/gemeinsame-geh-und-radwege.html
② Empfehlungen für die Anlage von Radverkehrsanlagen (ERA 10), Tabelle 5, Seite 16.
③ Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL 12), https://www.adfc-diepholz.de/radweg-breite-gemaess-ral-aussenorts/
Die RAL geben den Stand der Technik wieder und sind beim Neubau sowie beim Um- und Ausbau von Landstraßen verbindlich anzuwenden. Per Landeserlaß ist diese Richtlinie eingeführt worden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Richtlinien_f%C3%BCr_die_Anlage_von_Landstra%C3%9Fen

[4] Umgangssprachlich haben einige Verkehrszeichen eigene Bezeichnungen:
Zeichen 237 – Gehweg – (blauer) Fahrradlolli
Zeichen 239 – Radweg – (blauer) Fußgängerlolli
Zeichen 240 – Geh+Radweg – (blauer) Fuß+Radlolli
Zeichen 267 – Einfahrt verboten ⛔ – Spardose
Zeichen 306 – Vorfahrtstraße – Spiegelei

[5] Lichtsignale mit Fußgängersymbol (ohne Radsymbol) gelten mindestens seit April 20 nur noch für Fußgänger.

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Kommentare

  1. N. Bernhardt sagt:

    »Hier ist Professor Abraham Esau von 104 F.M. mit den Verkehrsmeldungen. Aktuell haben wir eine Warnung: die örtlichen Behörden warnen vor verblichenen Warnzeichen. Halten Sie Ausschau vor tieffliegenden Verkehrszeichen; beachten Sie jedoch, daß der Einsatz von Suchscheinwerfern während der Fahrt untersagt ist.“

    @Reinhold Weber: Versuchen Sie es mal im Verkehrsportal.

    1. Reinhold Weber sagt:

      Hallo Herr Bernhardt,
      den Witz verstehe ich nicht.

      Gruß
      Reinhold Weber
      (Ich komme gerade von der Aktion an der Loher Straße)

  2. Reinhold Weber sagt:

    Hallo Herr Bernhardt,
    ich würde gerne per Email Kontakt zu Ihnen aufnehmen und um rechtliche Beratung bitten. Können Sie mir Ihre Email-Adresse schicken?

    Mit vielem Dank

    Reinhold Weber

  3. Susanne Zweig sagt:

    Die Strecke von Wieden nach Aprath atmet noch den Pioniergeist der Reichsstraßenbauer, und kein lebender Mitarbeiter im Amt 104 hat hier etwas Wesentliches zum Vor- oder Nachteil der Radwegeführung beigetragen.
    (Ausnahme ist vielleicht der damalige Neubau des S-Bahnhofs Wülfrath-Aprath, wo der Radweg ohne Höhenverlust dicht unter der Brücke durchläuft.)
    Vielleicht weigern sich irgendwo tapfere Zulassungsbehörden, das neue Schild „Warnung vor ausgeblichenen Gefahrzeichen“ freizugeben, wer weiß …

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