18.01.2010

Bäderlandschaft vor der Austrocknung?

Der Liberale Club hatte am 12.01. zur Bäderdiskussion geladen – und (fast) alle kamen: Ronsdorfer Bürger, die ihr Stadtbad davonschwimmen sehen, Vohwinkler Bürger, die gleich doppelt betroffen wären. Und die beiden geladenen Gäste: Der Bäderamtschef

Bernd Bever (genauer: Stellvertretender Leiter des Sport- und Bäderamtes) und ein Mitaktivist der ersten Stunde vom Elsebad in Schwerte, Gerhard Benner.

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Wuppertal hat nicht nur nach wie vor eine sehr gute Bäderausstattung, sondern verfügt ganz aktuell über eine Reihe frisch sanierter Badeanstalten. Ganz vorne die 20 Mio. € teure Schwimmoper, die ab März wieder ans Netz geht.Ronsdorf

Allerdings wurde bei den Erläuterungen des Bäderamtsverantwortlichen deutlich, dass die Auswahl der zu schließenden Bäder von Zufälligkeiten geprägt ist: Zuerst einmal den jeweiligen Sanierungsstaus, die sich leider gerade hier zum falschen Zeitpunkt ergeben. Eine Auswahl etwa nach Einzugsbereichen, Besucherzahlen oder sonstigen marktorientierten Gesichtspunkten ist hier unterblieben. Das Bäderamt hat allerdings nichts mit der Auswahl zu tun, da diese allein von der Verwaltungsspitze vorgenommen wurde. So kommt es, dass in Ronsdorf ein allgemein ganz fittes Stadtbad „dran glauben“ soll und in Vohwinkel mit Doppelschlag gleich alles dicht gemacht wird.

Das Gebäudemanagement hatte 2008 die Sanierungsaufwendungen für die betreffenden Stadtbäder auf 2 – 4 Mio. € eingeschätzt, wozu die (einzusparenden) Personalkosten noch hinzukommen (bis zu 500.000 € pro Jahr und Bad). Diese Gelder hat aktuell niemand zur Hand; im „Haushaltssicherungskonzept“ sind immerhin denkbare „Erlöse“ für die Immobilien nicht beziffert, sondern nur allgemein vermutet, es gibt hier also vorausschauende Vorsicht, was die Weiterverwertung oder –Verwendung betrifft.

Ein Nebenthema ist die beginnende Personalnot des Bäderamtes. Von ehemals 142 Mitarbeitern sind aktuell noch 74 aktiv; nach Eröffnung der Schwimmoper kann es in absehbarer Zeit zu Engpässen kommen, da nach Haushaltsvorbehaltsgesetz Personaleinstellungen bei „freiwilligen“ städtischen Aufgaben unzulässig sind.

Die Situation wird für die städtischen Bäder also überall eng. Hier nun kam der zweite Gast ins Spiel: Herr Benner berichtete, wie sich in Schwerte nach bereits erfolgter Schließung eine Initiative zur Rettung des Elsebades gebildet hat. Über das Mittel eines Bürgerentscheides wurde die Stadt gezwungen, die Erhaltung des Bades zuzulassen und den Betrieb vollständig an einen Trägerverein abzugeben. Aus einer Gruppe von 28 Aktiven ist daraufhin ein Verein von fast 700 Mitgliedern gewachsen. Ehrenamtliche Tätigkeit, moderate Eintrittspreise sowie gerade 52.000 € Jahreszuschuss halten das Bad in freier Trägerschaft nun seit 1998 am Laufen.

Wie kann das möglich sein, wo vorher nichts mehr ging? Mehrere Faktoren zählen:

Die Personalpolitik eines Bades in freier Trägerschaft kann komplett umgestellt werden; im Zusammenspiel mit Freiwilligen und Vereinen sind andere Möglichkeiten der Flexibilität gegeben, als für eine kommunale Verwaltung.
Der Einsatz freiwilliger Leistungen und ehrenamtlichen Engagements kann in freier Trägerschaft stärker einbezogen werden, auch weil die Motivation aller am gemeinsamen Werk größer ist. Allein viele banale Alltagsaufgaben können entweder teuer bezahlt oder von freiwilligen Helfern geleistet werden.
Ein freier Träger kann anders haushalten: Er ist nicht an starre Etat-Regeln gebunden und kann strecken und streuen, er kann öffentliche Ausschreibungsmodalitäten auslassen, kann private Geldquellen anders aktivieren als die Stadt, mit Unternehmern andere Verträge machen, ohne in Korruptionsverdacht zu kommen.
Ein freier Träger ist erfahrungsgemäß besser im Vermarkten des Bades: mehrere Hundert Köpfe des Vereins liefern mehrere Hundert Ideen für Aktionen, Feste, Wettkämpfe, Nebeneinnahmen, Werbung usw., die dann auch vielfach umgesetzt werden.

Ein kritischer Aspekt wurde von Herrn Benner dem applaudierenden Publikum entgegengehalten: Die Erhaltung des Elsebades war und ist ein absoluter Kraftakt. Und so ist dies auch bei zahlreichen anderen Bädern in freier Trägerschaft, die Herr Benner bereits beraten hat. Es braucht starke Initiativen und Trägervereine, die solch eine Aufgabe stemmen.

Am Beispiel eines als Genossenschaft geführten Bades in Luthe bei Hannover wird deutlich: So was hat die Bedeutung und Power vergleichbar einer „Wuppertalbewegung“ (Nordbahntrasse), ist also mehr etwas wie ein Jahrhundertprojekt und kein Wochenendvergnügen.  Bürgerschaftliches Engagement muss eine kritische Masse erreichen, um ein ehemaliges Stadt-Bad betreiben zu können. Ohne diese Kraft kann es schwer werden: Der freie Träger hat kein Sicherungsnetz.

Aus der Diskussion ergab sich die interessante Betrachtung, welche Art von Trägerorganisation für derartige Fälle zu wählen ist. In Schwerte wurde eine (gemeinnützige) GmbH gegründet, die dem Initiativverein nachgeordnet ist. In Luthe wurde ein Genossenschaftsmodell gewählt. In Einzelfällen gibt es Bürgerstiftungen. Wichtig scheint, dass die Träger-Gesellschaften flexibel und mit wirtschaftlicher Orientierung handeln können. Vereine haben hierbei konstitutionell Schwierigkeiten, da sie nur eingeschränkt gewerblich aktiv sein dürfen; Genossenschaften können durch flexible Einlagen vieler Beteiligter günstig Kapital bilden und sind transparent, was dem bürgerschaftlichen Gedanken sehr nahe kommt; eine GmbH ist klassisch das flexibelste Instrument für eine gewinnorientierte Bewirtschaftung – wenn sie denn Zugang zu Kapital (Einlagen oder Kredite) bekommt.

Klar wurde, dass viel möglich ist; auch, dass bei den Bädern eine Rücknahme der Sparvorschläge nicht in Sicht ist. Dass also alles an den Nutzern und Interessenten der Bäder hängt. Und hier tut sich was, bzw. sind bereits Strukturen erkennbar. in Vohwinkel bereits seit langem durch den beim Freibad mitwirkenden Förderverein, in Ronsdorf durch aufwachende Bürger, in der Mirke durch Versuche, einen schlagkräftigen Verein aufzustellen, usw.  Es wird Aufgabe der Ratsparteien sein, den aufkeimenden Bürgerwillen zu unterstützen; die zahlreich anwesenden Liberalen Ratsmitglieder waren sich einig, jeden Ansatz freier Trägerschaft für die Bäder zu fördern.

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