12.11.2024N. Bernhardt
„Baustelle“ in der „Fahrradstraße“: Land(recht) unter
Baustellen auf öffentlichen Straßen sollten in der Theorie nur mit der Auflage genehmigt werden, daß die Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA 21 [1]) eingehalten werden. In der Theorie sollten die Baustellen danach eingerichtet und ebenso auf Einhaltung kontrolliert werden. Das hat nämlich den Sinn, daß Bauarbeiten im Baustellenbereich ausgeführt und Verkehrsteilnehmer sicher um die Baustelle herumgeleitet werden.
Da in Wuppertal eher Landrecht und das Pippi-Langstrumpf-Syndrom herrscht – widdewitt, jeder macht sich die Baustelle wie’s ihm gefällt –, erfolgt nachstehend eine kleine Demonstration davon auf der F̶a̶h̶r̶r̶a̶d̶Baustellenstraße Luhnsstraße (Aufnahmen 45. KW):
Bild A:
Von der Herberts-Straße kommend fahren wir nichtsahnend auf ein Hindernis zu (kleine Fotos unten): Das Zeichen 123 „Baustelle“ muß natürlich nicht aufgestellt werden, sonst wüßten ja die Verkehrsteilnehmer Bescheid und könnten sich auf den Baumurks einstellen. Ebenso muß man nie nimmer nicht keine Umleitung ausschildern – das ist den Baufirmen nicht zumutbar. So bleibt das Rad im Erdhaufen stecken und falls wir genug Schwung haben, fliegen wir nicht nur über den Fahrradlenker, sondern wenigstens noch über die offene Baugrube. Die gefräste Asphaltkante ist nämlich scharfkantig.
Eigentlich gehört zu einer ordentlich Sperrung nicht nur die Ankündigung der Baustelle und eine ordentliche Absperrung derselben, sondern auch eine ausgeschilderte und barrierefreie Umleitung. Hier? Natürlich eingespart.
Nebenbei parkt der Transporter als mutmaßliches „Baufahrzeug“ anonym ohne jeden Hinweis auf die beteiligte Baufirma auf der Fahrradstraße. Seriös sieht anders aus.
Bild B:
Natürlich ist der Schrott auch noch über die Grünfläche bis auf den angrenzenden Gehweg aufgegraben. Umleitung? Absturzsicherung? Viel zu aufwendig! – Nach Landrecht gilt Sichtfahrgebot, und das gilt auch für Kleinkinder. Sollen Eltern doch ihre Blagen anleinen, haften tun sie (angeblich) ja doch immer dafür.
Ganz nebenbei ragt das Baumaterial fast einen Meter in den Gehweg hinein.
Bild C:
Nach Feierabend ist die Baugrube zugekippt und der Gehweg umleitungslos „gesperrt“. Wie üblich sind die Fußplatten der Absperrgitter zu faul gewesen, in genügender Anzahl zur Baustelle zu laufen. So ist es auch kein Wunder, daß sich die Absperrungen wie von selbst öffnen und der Gehweg für Fußgänger – natürlich inoffiziell – passierbar wird. Die „Absperrungen“ sollen offenbar eher dazu dienen, die Verkehrssicherungspflichten und Haftung vom Bauauftragnehmer auf die Verkehrsteilnehmer zu übertragen.
Wie die Fußgänger offiziell und mit barrierefreier(!) Umleitung um die „Baustelle“ herumkommen – egal!
Bild D:
Im Bereich der Fahrbahn wurde diese aufgerissen und notdürftig zugekippt, aber nicht ausreichend verdichtet. Da natürlich selbstverfreilich auch hier jeder Hinweis auf die Baustelle (Zeichen 123 StVO) und die unebene Fahrbahn (Zeichen 112 StVO) faulenzerweise verzichtet wurde, hat sich der Autor am Fahrbahnhindernis fast über den Lenker verabschiedet, weil der Vorderreifen des Scooters knapp zur Hälfte im Sandloch steckenblieb. Chapeau, so braucht man keine Achterbahn oder Gruselkabinette, sondern hat diese gleich im Wuppertaler Straßenverkehr.
Die „Baustelle“ rechts gleicht einem Kinderspielplatz. Es fehlen wie üblich ausreichend Fußplatten, die Absicherung des (notwendigen!) Baustellenbereichs ist keine Absperrung, sondern ein Witz. Ob die Warnlampen wieder nur Staffage sind oder sogar mal funktionieren, konnte aufgrund fehlender Dunkelheit nicht getestet werden.
Bild E:
Der gesamte Gehweg dient in der rückwärtigen Ansicht als Gehweg zu den Grundstücken, Stolperfalle wegen des ungesicherten Gas(?)-Schiebers, Kinderspielplatz, Baulager und Schrottplatz.
Auf einer echten Baustelle müßte natürlich auch ein Bauplaner (Logistik!) planen, welcher Bereich tatsächlich benötigt wird – auch wegen der Erreichbarkeit der Grundstücke auch für Notarzt und Feuerwehr. Aber das wäre ja unzumutbar! Wo kämen wir dann hin! Vielleicht im Notfall ins Krankenhaus statt auf den Friedhof? – Egal. Bauauftrag- und ihre Subsubsubunternehmen nehmen sich einfach den Platz, den sie brauchen, Punkt. Unter-Nehmen mit Betonung auf das letzte Wort.
Bild F:
Gehen wir noch einmal zurück zur Kurt-Herberts-Straße: Dort steht ein Schuttcontainer, dessen Nase so intelligenzrestistent mitten in der Linie des Radwegs aufgestellt ist, daß man sich ganz leicht an dessen unmarkierter „Nase“ in Kopfhöhe den eigenen Dez anhaut. In Wuppertal heißt das aber nicht „Gefahrenbereitung“, sondern „Sichtfahrgebot! Haddu nicht aufgepaßt, wenndu dagegenknallst.“
Auch hier ist es völlig vollkommen vollauf vollends vollumfänglich unmöglich, die Container nach RSA mit Absperrschranken ordentlich abzusichern.
Fazit: Wuppertal muß noch sehr, sehr, sehr viel lernen im Umgang mit Radfahrern und Fußgängern und deren Schutz. Da ist nicht eine Klimawende, sondern drei oder vier komplette Klimawenden nötig, und zwar im Klima, der auf der Straße und in der anordneten Behörde herrscht.
Die vorherrschende Fahrradpolitik ist keine Verkehrswende, sondern ein absolut schlechter Witz, weil Gefahrenlagen geschaffen werden und so die Leute in Scharen lieber wieder mit dem Auto fahren – das ist sicherer als zu Fuß und auf dem Rad in diesem Landrecht-Kaff.
Verweise:
[1] Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA 21),
schön erklärt auf
https://rsa-online.com
darunter: RSA21 Kurzanleitung: http://rsa-online.com/RSA-2021/RSA-21_kompakt.htm
Absperrungen: http://rsa-online.com/22/Absperrschrankengitter/Absperrschrankengitter.htm
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Antwort auf die Kommentar vom 23.11.2024 um 16:16 Uhr:
Mehr Eigenverantwortung? Gerne! Dann bestimmt der Einzelne, welche Vorschriften er gerade für sinnvoll hält.
Als normaler Fußgänger gelange ich bereits mangels Absperrung auf die eine Seite der Baugrube, überspringe diese und entferne dann zweckmäßigerweise gleich die Absperrungen auf der anderen Seite, die mir und anderen den Weg versperren. Warum sollen gesunde Menschen Umleitungen laufen müssen, die dazu noch genauso unsicher sind? (→ Vgl. Gruben neben dem Gehweg.)
Bauarbeiter würden einfach zwei Lieferwagen quer auf der Straße querstellen, damit sie dazwischen ungestört arbeiten können. Blagen, die sich noch in die Nähe der Baustelle wagen, werden einmal kräftig angeraunzt. Soll sich doch jeder Verkehrsteilnehmer gefälligst selbst eine Umleitung suchen, wozu gibt es Google & Co.
Körperlich beeinträchtigte Personen werden über Radio Wuppertal aufgefordert, zu Hause zu bleiben, Eltern sollen ihre Kinder und Hunde anleinen und nicht zum Spielen aus dem Haus lassen. VIelleicht ist ja damit der Verkehrssicherungspflicht genüge getan.
Imgrunde läßt sich das Vorschriftenproblem auch auf das jahrezehntelang praktizierte Gehwegparken übertragen: Jeder Autofahrer entscheidet selbst, ob für sein Auto genug Platz ist. Man kann ja nicht auf alle Eventualitäten wie einen Wohnungsbrand abstellen wie am Samstag in der Ekkehardstraße, wo die Feuerwehr erst einmal nicht durchkam.
https://www.wuppertaler-rundschau.de/-121416941
Versetzen Sie sich in die Lage eines Rollstuhlfahrers oder Blinden: Wenn Sie wissen, daß Sie augrund Hindernisse wie Bordsteinkanten und zugeparkten Gehwegen beispielsweise in der Nordstadt nicht vorankommen, werden Sie diesen Bereich meiden. Die Frage muß also heißen: Wie viele Menschen meiden bestimmte Viertel und Baustellen, weil diese nicht barrierefrei sind?
Dann sind diese Minderheiten auch keine „Eventualitäten“.
Der Sinn eines abgesperrten Baustellenbereiches mit barrierefreier Umleitung nach RSA hat zweierlei Zweck: Einmal gelten im Arbeitsbereich die Vorschriften der BauBG. Außerhalb der Absperrung soll die StVO für jeden Verkehrsteilnehmer ein flüssiges und vor allem sicheres Passieren ermöglichen. Und dazu gehören zum Beispiel auch Bordsteinrampen.
Wenn allerdings für die Einrichtung von Baustellenabsperrungen keine zwei Hirnzellen aufgewendet werden, klappt das natürlich nicht.
Korintenkackerei. Genau die oben beschriebenen Maßnahmen verzögern die Baustellen. Richtige Absperrmaßnahmen müssen sein, aber Container mit Baken zu sichern… Außerdem haben Radfahrer und Fußgänger doch Augen im Kopp oder? Da kommt man hier mit Paragrafen. Wollte man nicht die Bürokratie abbauen? Warum alles so kompliziert?
Die RSA sind einzuhaltende Regeln und geben den technischen Stand wider. Die in Kopfhöhe abstehende Containernasen sind im Dunkeln unbeleuchtet. Blinde orientieren sich mit ihrem Stock am Boden und sollen dort auch heile entlanglaufen können.
Wenn sich jeder seine Korinthen selbst aussucht, können wir Gesetze auch als Empfehlungen deklarieren.
Wie viele Blinde laufen denn da her? Gesetze für Eventualitäten? So ungefähr wie die neu angelegten Stufen am Wupperufer. Betreten verboten, es besteht die Gefahr ins Wasser zu fallen und zu ertrinken. Die Gesellschaft sollte mal wieder mehr Eigenverantwortung an den Tag legen.
Von der nicht vorhandenen Schutzausrüstung der Bauarbeiter ganz zu schweigen.
Ich glaube kaum, daß die von „Schutzausrüstung“ überhaupt gehört haben.
In wessen Auftrag wird da Glasfaser(?) verbuddelt?