Bell, Bialas, Neumann: „Die Stadt Wuppertal braucht eigene Förderkompetenz“

Die drei SPD-Landtagsabgeordneten fordern, dass die Stadt Wuppertal eigene Kompetenz in Förderfragen aufbauen solle, um Kultureinrichtungen und soziale Träger beraten und unterstützen zu können. Die Bergische Entwicklungsagentur stehe aber nicht in Frage.

Der Ort des Pressegesprächs, zu dem die Neu-Parlamentarier Dietmar Bell, Andreas Bialas und Josef Neumann eingeladen hatten, wies einige Parallelen zum Selbstverständnis des bergischen SPD-Landtagstrios auf: auch im neuen schicken Besprechungsraum der SPD-Zentrale ist noch einiges zu tun, aber man kann schon erkennen, dass es eine runde Sache werden wird.

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Drei SPD-Abgeordnete zogen für die Wuppertaler Wahlkreise in den NRW-Landtag ein.Drei SPD-Abgeordnete zogen 2010 für die Wuppertaler Wahlkreise in den NRW-Landtag ein.

Man sei in der Fraktion sehr freundlich aufgenommen worden, habe fast alle gewünschten Ausschüsse – mit Ausnahme des Verkehrsausschusses – besetzen können und erfahre viel Unterstützung von den altgedienten Kollegen. Und auch die ersten Erfolge hätten sich bereits eingestellt. Doch Bell, Bialas und Neumann räumen freimütig ein, dass es noch eine Weile dauern werde, bevor sie ihre Ziele mit der gleichen Durchschlagskraft vertreten könnten wie die Landtagsveteranen, erst recht solche von der Ruhr.

Am Teamgeist soll es freilich nicht scheitern. Die Abgeordneten vermitteln überzeugend den Eindruck, dass hier drei an einem Strang ziehen und es zwischen ihnen auch menschlich stimmt. Und so unterscheiden sich ihre Erfahrungsberichte auch nur in Nuancen. Während etwa Neumann den guten Umgangsstil zwischen Parlamentariern über die Parteigrenzen hinweg lobt, hat Bialas die Erfahrung gemacht, dass im Innenausschuss bisweilen mit äußerst harten Bandagen gekämpft wird.

Andreas Bialas: "Rettungsschirm über die kommunale Kultur"Andreas Bialas: "Rettungsschirm über die kommunale Kultur"

Andreas Bialas sitzt auch im Kulturausschuss und befasst sich hier intensiv mit dem geplanten Kulturbildungsgesetz, das die Förderung des kulturellen Lebens in den Kommunen regeln soll. Für eine Stadt wie Wuppertal, in der große Teile des kulturellen Angebotes durch Haushaltskonsolidierungen und Streichlisten bedroht sind, eine nicht zu unterschätzende Chance. Bialas spricht davon, dass ein „Rettungsschirm über die kommunale Kultur“ gespannt werden solle. Bis zu 5 Millionen Euro stünden zur Verfügung. „Wir hoffen, Gelder in größerem Umfang zu erhalten, um die Sparten zu erhalten“, ist Bialas optimistisch. Hoffnung für das Schauspielhaus sieht er jedoch nur, wenn es in eine andere Trägerschaft überführt werden könne, etwa als ein Wuppertaler „Haus der Kultur“.

„Europa“ war eines der am häufigsten gebrauchten Substantive im Pressegespräch, dicht gefolgt von „Förderkulisse“. Die drei Abgeordneten betonten immer wieder, wie wichtig es sei, die „Europafähigkeit der Kommunen“ zu verbessern. Wie können Kommunen besser europäische Fördermittel abrufen? Durch den Aufbau von Know How in den Rathäusern, findet Josef Neumann, Mitglied in den Ausschüssen „Arbeit, Gesundheit, Soziales“ und „Europa und Eine Welt“. Für ihn ist es nicht nachvollziehbar, wenn sich Stadtverwaltungen mit Hinweis auf den „horrend komplizierten Prozess“ aus dem Thema Fördermittelakquisition verabschieden. Die Strukturen in den bergischen Verwaltungen müssten so angepasst werden, dass Mittel abgerufen werden können. Andere Städte, vor allem an der Rhein- und Ruhrschiene, würden das schließlich auch schaffen.

Josef Neumann: "Gesundheit ist der Jobmotor schlechthin"Josef Neumann: "Gesundheit ist der Jobmotor schlechthin"

Wichtig ist Neumann daneben auch die Positionierung des Bergischen Landes als NRW-Gesundheitsregion, denn Gesundheit sei der „Jobmotor schlechthin“. Die Chancen dafür sieht Neumann durchaus gut: „Wir haben hier ganz viele Player, auch in der Forschung, etwa an der Uni.“ Um die notwendige Größenordnung zu erreichen, sei die Zusammenarbeit mit dem Kreis Mettmann geplant.

Dietmar Bell vertritt die Region in den Ausschüssen „Wirtschaft“ und „Wissenschaft“ und beschäftigt sich als Vorsitzender des Unterausschusses für Personalfragen auch mit den Belangen der Belegschaften der unterschiedlichen Landesbehörden. Im Bereich Wissenschaft ist ihm die Verbesserung des Drahtes zwischen den MdL und der Bergischen Universität Wuppertal wichtig, durchaus keine Selbstverständlichkeit in der Vergangenheit, wie Bell betont. Die positiven Veränderungen, die seit dem Amtsantritt des Rektors Prof. Lambert T. Koch Einzug gehalten hätten, seien in der Landesregierung noch nicht bekannt genug. Hier gelte es, durch persönliche Information Abhilfe zu schaffen. Eine Chance für Wuppertal könne der Bereich Nachhaltigkeitsforschung werden, immerhin ein wichtiger Punkt im rotgrünen Koalitionsvertrag. Bell sieht hierfür in der Schwebebahnstadt Potentiale z.B. mit dem Wuppertal Institut.

Dietmar Bell: "Wir hoffen, dass Wuppertal im Vergleich mit anderen Regionen deutlich besser werden kann"Dietmar Bell: "Wir hoffen, dass Wuppertal im Vergleich mit anderen Regionen deutlich besser werden kann"

Der Arbeitskreis „Wirtschaft“ mit der Zuständigkeit für die europäische Förderkulisse ist für Bell ein reizvolles Feld, „weil man sehr früh an Informationen kommt, wo Fördermöglichkeiten bestehen. Wir hoffen, dass Wuppertal im Vergleich mit anderen Regionen deutlich besser werden kann.“

Andreas Bialas stimmt ein und nennt als Beispiel die Landeskulturförderung: Wuppertal stehe hier, wenn man das Tanztheater Pina Bausch herausrechne, in NRW „auf Platz 19 hinter Castrop-Rauxel.“

Wie geht es weiter mit den Gemeindefinanzen? 20,3 Millionen Euro habe die neue Landesregierung für Wuppertal bereits locker gemacht. Dietmar Bell: „Wir rechnen, wenn der soziale Faktor adäquat gewichtet wird, mit weiteren 15 Millionen Euro, also für dieses Jahr 25,3 Millionen Euro.“. Das sei immerhin ein Fünftel des Haushaltsdefizits. Bell ist zuversichtlich, dass mittelfristig die Hälfte des kommunalen Fehlbetrages durch das Land kompensiert werden könnte: „Das wäre ein Riesenerfolg.“

Womit die Parlamentarier wieder mitten im Thema EU-Fördermittel und Landeszuschüsse wären. Bell verweist auf andere Städte, die Projektträger fachkundig beraten und begleiten würden, um die Chancen auf Fördermittel zu verbessern. Wuppertal müsse seinen Schwerpunkt zum Beispiel im Kulturbereich ganz klar auf förderfähige Projekte verlagern, da die Stadt fast keine eigenen investiven Mittel mehr habe. Anstatt weiterhin auf Eigenprojekte zu setzen, sei es klüger, die Kulturschaffenden „förderfähig“ zu machen.

Andreas Bialas: „In Wuppertal wird auf die Komplexität der Antragsverfahren verwiesen, aber andere Städte schaffen es ja auch, die Mittel abzugreifen. Es muss Leute geben, die sich verwaltungsmäßig um die Fördermittel kümmern.“

Die Bergische Entwicklungsagentur (BEA) könne das nicht alleine leisten, erklärt Bell. Es sei wichtig, den engen Kontakt mit Kultureinrichtungen und sozialen Trägern zu pflegen, das könne die Stadtverwaltung besser. Dass die BEA sich gemäß des jüngsten Gesellschafterbeschlusses stärker um Förderfragen kümmern soll, begrüßen Bell, Bialas und Neumann ausdrücklich und weisen darauf hin, dass auch andere Städte gut damit gefahren seien, Förderkompetenzen doppelt vorzuhalten: in den Rathäusern und parallel dazu in überregionalen Institutionen ähnlich der BEA.

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Fotos:  Andreas Lischka (Landtag NRW, Lizenz CC-BY), SPD

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Kommentare

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