Bürger-Antrag: Ökofaire Textilbeschaffung in Wuppertal jetzt!

Am 17. Juni 2020 wird der Bürgerantrag voraussichtlich im Hauptausschuss der Stadt Wuppertal behandelt und (hoffentlich) beschlossen, deshalb finden ab 15 Uhr vielfältige Aktionen auf dem Rathausvorplatz statt.

Ökofaire Textilbeschaffung in Wuppertal jetzt! Aktionen zur Beschlussfassung über den Bürgerantrag“

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Am 17. Juni 2020 wird der Bürgerantrag „Förderung, Stärkung und Ausweitung des Fairen Handels in der Stadt Wuppertal, ihrer Stadtverwaltung und allen kommunalen Einrichtungen“ voraussichtlich im Hauptausschuss der Stadt Wuppertal behandelt und (hoffentlich) beschlossen, deshalb finden ab 15 Uhr vielfältige Aktionen auf dem Rathausvorplatz statt.

Viele Organisationen (siehe Logos) haben den Antrag gemeinsam vorbereitet und am Freitag, 24.April dem Wuppertaler Oberbürgermeister Mucke übergeben. An diesem Tag jährte sich zum siebten Mal der Einsturz des achtstöckigen Gebäudes der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh, bei dem 1135 Menschen getötet und 2438 verletzt wurden. Seitdem ist Rana Plaza zum Symbol geworden

  • für eine globale Textilindustrie, die in immer kleinere Arbeitsschritte aufgespalten, in verschiedene Subunternehmen (Rohstoffproduktion, Weberei, Färberei, Veredelung, Konfektion, Labelling und Handel) ausgelagert, über weltweite Lieferketten miteinander verbunden und unter weltweiten Kosten- und Konkurrenzdruck gestellt wird
  • für ein Produktionssystem, in dem unter dem Label „Fast Fashion“ die Einmalnutzung und Wegwerfproduktion zu einem billigen Preis ganz groß und die Verantwortung für Arbeitsbedingungen, existenzsichernde Löhne, Kinder- und Zwangsarbeit sowie Sicherheit und Umweltstandards ganz klein geschrieben werden. Fast Fashion heißt: Rendite und Umsatz müssen stimmen! Aber: Wenn Kleidung (fast) nichts mehr kostet, wer zahlt dann dafür?
  • Rana Plaza steht aber auch für die Welle der Empörung und eine internationale Debatte über diese Missstände. Betroffene erhalten Klageunterstützung gegen Textildiscounter, wie beim Prozess gegen KiK nach dem Brand der Textilfabrik Ali Enterprise in Pakistan. Das Bündnis für Nachhaltige Textilien, initiiert vom Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, versucht seit fünf Jahren freiwillige Vereinbarungen mit der Textilindustrie umzusetzen. Doch die Hälfte der Unternehmen hat das Bündnis wieder verlassen. Die textile Lieferkette ist weiterhin zu lang und kompliziert. Mangelnde Kontrolle schützt die schwarzen Schafe[1]. Gesetzliche Verpflichtungen blieben bisher aus. Und mit der Corona Pandemie sind die Lieferketten zusammengebrochen, die Arbeiter*innen arbeitslos.
  • Rana Plaza steht auch für das Engagement vieler Wuppertaler Bürger*innen für faire, arbeitnehmer*innenfreundliche und nachhaltige Textilproduktion und -handel:
    • Dafür steht das Aktionsbündnis KPri, das sich mit vielfältigen Aktionen vor, während und nach der Primark-Eröffnung und Kleidertauschparties gegen „Fast Fashion Mode“ engagiert hat.
    • Dafür tritt Greenpeace Wuppertal ein mit Aktivitäten zur „Detox“-Kampagne für ein Verbot von besonders giftigen Textilchemikalien.
    • Dafür haben sich in Wuppertal zahlreiche Organisationen für Klimagerechtigkeit auch auf lokaler Ebene zusammengetan und Bildungsveranstaltungen und Webinare durchgeführt, so auch am 10.06.2020 zur „Global verantwortlichen Öffentlichen Beschaffung“.
    • Dafür steht auch das Engagement von Organisationen und Menschen im „Beirat Fairer Handel“ zur Unterstützung der Stadt auf dem Weg zu Nachhaltigkeit und Fairem Handel in Wuppertal.
    • Dafür steht die Kampagne für ein deutsches Lieferkettengesetz, das die Verantwortung für Menschenrechte in der gesamten Lieferkette festschreibt. Und seit Corona sollte klar sein: Lieferketten dürfen nicht den Gesundheitsschutz beherrschen! Bisher konnten 383 Unterschriften -auch in Wuppertal- gesammelt werden https://lieferkettengesetz.de/. Nur mit freiwilligen Selbstverpflichtungen geht es nicht!

Am 17.05.2020 ab 15 Uhr stehen Unterstützende des Bürgerantrags gemeinsam mit den Klimaschutzbewegungen auf dem Rathausvorplatz und begleiten diesen mit vielfältigen öffentlichen Aktionen (unter Einhaltung der Corona-bedingten Hygiene Maßnahmen). Das Medienprojekt Wuppertal wird diese Aktionen dokumentieren.

Wuppertal kann ein Zeichen setzen: Bei der Arbeitskleidung, bei der Bettwäsche In allen Bereichen der städtischen Betriebe gibt es künftig nur ökofaire Textilien!

Für Rückfragen: Klaus Heß, klaus.hess@wtal.de 0202/505322

[1] Das zeigt die Studie „Ausbeutung Made in Europe“ von  Brot für die Welt und Clean Clothes Campaign: https://www.brot-fuer-die-welt.de/themen/serbien-textilarbeiterinnen/

 

Betreff: Bürgerantrag gemäß §24 der Gemeindeordnung NRW

  • Inhalt: Förderung, Stärkung und Ausweitung des Fairen Handels in der Stadt Wuppertal, ihrer Stadtverwaltung und allen kommunalen Einrichtungen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Mucke,

sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrates der Stadt Wuppertal,

Wuppertal hat eine große Fair –Handels– Tradition, ist langjährige Heimat vieler Eine Welt – Initiativen und Sitz der größten europäischen Fair – Handels – Organisation.

Als eine der ersten Städte bundesweit wurde Wuppertal am 18.09.2010 Fair-Trade-Stadt.

Seinerzeit Vorreiter droht Wuppertal mittlerweile als eine von über 500 Fair – Trade – Städten abgehängt zu werden.

Die Stadt hat eine sehr engagierte zivilgesellschaftliche Basis und sehr viel Potential, den Standort Wuppertal noch fairer und nachhaltiger zu gestalten.

Deshalb fordern wir:

Der Rat der Stadt Wuppertal möge beschließen und die Stadtverwaltung dementsprechend beauftragen:

  1. innerhalb von zwölf Monaten eine Nachhaltigkeitsstrategie für die nächsten Jahre zu entwickeln, in der die ökofaire Beschaffung eine wesentliche Rolle einnimmt, sowie dafür zu sorgen, dass in der Verwaltung entsprechende personelle Ressourcen für die anstehenden Aufgaben geschaffen werden.
  2. den Fairen Handel und den ökologischen Landbau bei der öffentlichen Beschaffung der Stadt Wuppertal, den städtischen Betrieben und den Tochterunternehmen zu bevorzugen sowie eine kohärente verwaltungsinterne Beschaffungsrichtlinie unter Berücksichtigung ökologischer und fairer Kriterien zu erarbeiten. Als Startpunkt soll im Engels-Jahr der Bereich Textilen gewählt werden, die spätestens zum Haushaltsjahr 2022 nur noch ökofair beschafft werden dürfen.

Der Prozess soll von einer fachkundigen Organisation begleitet werden (wie z.B. die Christliche Initiative Romero, Münster). Weitere Produktgruppen wie Lebensmittel, Blumen, Baustoffe oder Sportgeräte müssen zeitnah dazu kommen.

  1. im Bereich Stadtmarketing durch entsprechende Verkaufs – und Informationsangebote den Fair-Handels-Gedanken klar erkennbar zu machen und damit zu verbreiten.

 

Zur Begründung:

Zu 1. Im Rahmen der „UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung“ (Sustainable Development Goals) stehen Städte und Kommunen vor vielschichtigen ökologischen und sozialen Herausforderungen. Wie die Stadt diesen Herausforderungen gerecht werden will, ist in einer Nachhaltigkeitsstrategie festzulegen, in der Akteure, Ziele, Maßnahmen und Zeithorizonte aufgeführt sind.

Zu 2. Der Schwerpunkt Textil begründet sich aus der spezifischen historischen Situation Wuppertals in der Frühindustrialisierung und speziell im EngelsJahr 2020. Folgende Bereiche bieten sich an für ökofaire Beschaffung:

  1. Dienstkleidung für Feuerwehrleute, Politessen, Mitarbeiter*innen der Entsorgungsbetriebe, Angestellte in städtischen Alten- und Pflegeheimen
  2. Flachwäsche, die von Ausstattern von Pflegeheimen gemietet wird.

 

Es gibt viele vorbildliche Beispiele in benachbarten Kommunen (Köln, Bonn, Dortmund, Haan, Solingen), mit denen man kooperieren könnte.

Die unterzeichnenden Organisationen werden den Prozess durch Öffentlichkeitsarbeit und Expertenwissen unterstützen.

Wenn Kleidung (fast) nichts mehr kostet, wer zahlt dann dafür?

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