Dicke Luft nach Äußerung der IHK
Was war passiert:
In der gestrigen Pressemitteilung hatten sich IHK-Hauptgeschäftsführer Wenge und IHK-Vize Blankennagel dafür ausgesprochen, eine Aufweichung der europäischen Grenzwerte anzustreben und gleichzeitig für langfristige Ausnahmeregelungen zu kämpfen, um Fahrverbote für „Wirtschaftsverkehre“ zu vermeiden.
Dazu Kai Boeddinghaus vom Bundesverband freie Kammern e.V.:
Teile der Pressemitteilung sind schlicht rechtswidrig! Warum?
1. Die Äußerungen einer IHK dürfen sich nur auf ihre Mitglieder und die Interessen der Wirtschaft im IHK-Bezirk beziehen.
Heißt hier, die IHK hat kein Mandat, um für „zehntausende Pendler“, für „enteignete private Autobesitzer“, für „Kommunen“ oder „die Polizei“ zu sprechen.2. Die Stellungnahme einer IHK darf nicht darauf angelegt sein, Emotionen zu wecken
Heißt hier, Formulirungen wie „“enteignete private Autobesitzer““, „sinnlose Fahrverbotszonen“, „Wenn hunderttausende relativ neuer Fahrzeuge verschrottet
werden“, „An Sinnlosigkeit ist das nicht mehr zu übertreffen“ sind genau auf eine solche Emotionalisierung angelegt. Und einer IHK und (!) ihren Funktionären verboten.3. Berücksichtigung von Minderheitenpositionen
Wenn mindesten schon ein IHK-Vizepräsident (wer noch alles?) hier offenkundig eine andere Position vertritt, dann muss (!) das in einer offiziellen Stellungnahme Erwähnung finden.Und an alle, die hier gleich wegen der Einschränkung der Meinungsfreiheit „Hurra“ schreien wollen, noch ein kleiner Grundkurs in IHK-Recht.
1. Eine IHK als Körperschaft des Öffentlichen Rechts hat keine Grundrechte (Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes)
2. Die IHK muss sich bei ihren Äußerungen einschränken, weil die Zwangsmitgliedschaft die Mitglieder in deren Grundrechten einschränkt.
3. Das alles ist bis zum Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht (zuletzt 2017) im Detail entschieden worden. Das könnten die Kammern so langsam begriffen haben.Das alles hindert also die Herren Blankennagel und Wenge nicht, ihre Weisheiten, oder was sie dafür halten, in die Welt zu pusten. Sie dürfen es aber eben nur privat tun. Nicht in ihrer Funktion für die IHK. Nicht im Namen der IHK. Und nicht mit den Ressourcen der IHK (Pressemitteilung/Internet etc.)
Auch IHK-Präsidiumsmitglied Joerg Heynkes kann die Aussage der IHK-Führung auch inhaltlich nicht nachvollziehen und schreibt auf seinem privaten Facebook-Account:
Als Bürger und Unternehmer ist es mir peinlich, das eine so stolze Institution, wie die „Bergische IHK“, bei der ich mich im Ehrenamt auch engagiere, sich davon entfernt, das in einem Rechtsstaat die Bürger ein Recht darauf haben, das Regierungen auf allen staatlichen Ebenen dafür zu sorgen haben, das geltende Gesetze und gesetzliche Grenzwerte eingehalten werden.
Wenn man nach jahrelangem Betrug der Automobilindustrie und einem parallelen Staatsversagen zu dem Ergebnis kommt, das man jetzt einfach die Grenzwerte für giftige Abgase erhöhen solle, anstatt diesen Betrug nun endlich zu beenden und daran mit zu arbeiten, wie auch die Unternehmen in unserem Land einen fairen Beitrag leisten können, das endlich saubere Luft in unseren Städten gesetzeskonform realisiert wird, dann grenzt das an eine Bankrotterklärung.
[…]
Als Unternehmer habe ich Respekt vor jedem Handwerker und anderen Unternehmer der wirtschaftliche Nachteile befürchtet, wenn es zum Beispiel zu Fahrverboten kommen sollte. Aber es bleibt dabei, das die Täter jetzt endlich den Schaden beheben müssen und nicht die Opfer weiter geschädigt werden dürfen. Weder materiell, noch körperlich durch diese elende dreckige Luft die diese Fahrzeuge täglich ausstoßen. Die Zeit ist vorbei, in der Unternehmer sich vor ihrer Verantwortung für ihr eigenes Handeln und die damit verbundenen Auswirkungen, drücken können. Von meiner IHK würde ich das auch erwarten.
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