Die Todesampel

Die Stadt Wuppertal schickt Blinde am Brausenwerth per akustischem Grünsignal direkt unter die abbiegenden Busse.

Die Stadt Wuppertal schickt Blinde am Brausenwerth per akustischem Grünsignal direkt unter die abbiegenden Busse.

Kreuzung Brausenwerth: Bus in Fußgängerfurt bei gleichzeitiger Signalisierung von Fußgängergrün wird bei ordnungsgemäßer Ampelschaltung vermieden.

Nach jeder Grünphase einer Ampel folgt mit Rot eine Räumphase, damit die letzten Fahrzeuge aus dem Kreuzungsbereich verschwinden können. Dazu gibt es zig Richtlinien (v.a. RiLSA), seitenlange Berechnungsmethoden und ein Amt, das jedes Mal stöhnt, wenn es am Ampelsystem irgend etwas neu programmieren muß.

Vollkranke Ampelschaltungen

Alte Schaltung an der Ausfahrt Gummibahnhof: 6s Gelb, Fußgängergrün nach weiterer einer Sekunde.

Daher mutet es seltsam an, daß das für Ampeln zuständige Amt 104 diese Regeln nach Lust und Laune verbiegt. Nach RiLSA beträgt die Gelb-Rot-Phase bei maximal 30 km/h zwei Sekunden. Seit Bestehen des neuen Gummibahnhofs oben neben dem Hauptbahnhof beträgt die Gelbphase bei der Ausfahrt sechs Sekunden (Umschaltung auf Gelb: Foto oben links, Umschaltung auf Rot: Foto oben Mitte, Umschaltung Fußgängergrün: Foto oben rechts).

Gelb heißt: vor der Haltlinie anhalten. Eine längere Gelbphase ist ja nur dann sinnvoll, wenn dies als amtliche Einladung verstanden wird, bis zum Rot durchzubrausen.

Das akustische Grünsignal leitet Blinde direkt unter den Bus.

Richtig krank wird es, wenn die Räumphasen nicht eingehalten werden. Grün heißt normalerweise: hier kannst du sicher queren. An der Bundesallee rechts zum Döppersberg hoch schaltet aber die Ampel nach Erlöschen des Rechtsabbiege-Gelbs für den Fußgänger-Querverkehr bereits nach einer Sekunde auf Grün. Inklusive des akustischen Grünsignals werden Blinde direkt unter die Busse geleitet, die in einer Sekunde unmöglich die Furt räumen können.

Zu den Fakten: Am Brausenwerth kreuzen Rad- und Fußverkehr. Die Fuß- und Radwegefurt ist ca. 7 Meter breit. Zuzüglich Haltlinie braucht ein Gelenkbus (18,5 m Länge) zum Überqueren dieser einen Furt bei 20 km/h knapp fünf Sekunden (4,86 s), bevor auch nur an Grün für Fußgänger zu denken ist. Die eine(!) Sekunde ist demnach angeordnete Verkehrsgefährdung.

Schrittempo beim Abbiegen? Aber doch nicht in Wuppertal!!1eins!elf!


Foto: Trotz Fußgängergrün wird in die Kreuzung hineingebrettert. Man sieht ja, wer hier regelmäßig den Kürzeren zieht. Der eine Engel heute Morgen hat sich eine rote Markierung im Kalender verdient.

Seit dem 28. April 2020 existiert der § 9 Absatz 6 Straßenverkehrs-Ordnung, nach dem mit Kraftfahrzeugen über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht beim Rechtsabbiegen Schrittempo gefahren werden muß, wenn beim Abbiegen mit Fuß- oder Radverkehr zu rechnen ist. Der Gesetzgeber hat sich dabei etwas gedacht, weil nämlich Abbiegeunfälle mit LKW meist für den Fußgänger oder Radfahrer tödlich enden.

Ein Bus mit „da biste platt“-Werbung.

In Wuppertal wird auch vier Jahre später stattdessen Landrecht praktiziert: Fußgänger und Radfahrer müssen sich bei Rot schön brav am Fahrbahnrand aufstellen, damit sie bei Grün gesund queren dürfen und dabei beachtet werden. Alles, was später kommt, wird leider „übersehen“ und von 20 Tonnen Stahl niedergemetzelt. Und da verzichten viele Fußgänger und Radfahrer lieber auf ihr „Grün“ und bleiben heile am Fahrbahnrand stehen.

Die Gelenkbusse der Wuppertaler Stadtwerke benötigen im „Schrittempo“ an einem Fixpunkt der Kreuzung aus gemessen im Schnitt vier Sekunden zum Abbiegen. Das macht 4,6 Meter pro Sekunde oder 17 km/h. (Videomaterial gibt es dazu genug.)

Dasselbe Konzept des Recht des Stärkeren hat ja auf der Friedrichstraße bereits Jahrzehnte Tradition. [1]

[1] Cycleride, „du siehst doch, daß ich abbiege!“ – Vorrangänderung § 9 (3) nach Landrecht
http://cycleride.de/component/joomgallery/pannenflicken-21-22/pannenflicken-21-22-wuppertal/d3-abbiegen-und-dankbar-annehmen-1431.html#joomimg

Anmelden

Kommentare

  1. N. Bernhardt sagt:

    Nehmen Sie den Autobus als einen Beitrag zur Kunstfreiheit. Ich hätte ihn auch als Karikatur zeichnen können. Die WSW liefern mit ihrer Werbung aber sehr gute Vorlagen, da braucht man nur ein paar passende Fotos dazu.

    Ich weiß ja nicht, ob Sie zu Fuß oder mit dem Rad in der Innenstadt unterwegs sind. Ich erlebe dort einerseits, daß Busse bei Bedarf ganz selbstverständlich Geh- und Radwege mitbenutzen Wenn aber mal Fußgänger die Fahrbahn mitbenutzen wie am Wall (Hotelneubau), dann muß man denen fast in den Hintern fahren, um es sanft zu formulieren.

    Das Amt 104 steht daneben und findet das, wenn man die „sachlichen“ Einlassungen zu Hinweisen liest, völlig okay, wenn sich der Stärkere beim Abbiegen oder auf Radwegen durchsetzt. Wir müssen halt alle Rücksicht nehmen auf Planer, die völlig verkorkste und teils rechtswidrige Anordnung treffen.

    Von den Wuppertalern wollte wohl fast niemand den Gummibahnhof weitab vom Schuß, wo man auch mit dem Bus auch nur durch drei Zusatzampeln hin und drei Zusatzampeln zurück auf die B7 kommt. Das muß man nicht dadurch versuchen zu kompensieren, indem man die Fußgänger bei Grün- und Räumphase wegignoriert.

    Schließlich muß es, wer mit der BILD verglichen wird, ein Kompliment sein. Viele Nachrichtensender und Magazine zitieren nämlich zahlreich „nach Angaben der BILD-Zeitung“.

  2. Siegbert Hufschmidt sagt:

    Guten Morgen, die meisten „Kommentare“ von N. Bernhardt erinnern in Stil und Aufmachung stark an „Russia today“ oder die Bildzeitung. Auch die manipulierten Bilder, wie hier der Autobus, gehören überhaupt nicht zu einem akzeptablen Jounalismus. Die meisten Artikel von N. Bernhardt mögen auf Schwachstellen im Strassenverkehrs Wuppertal hinweisen, sind jedoch im Queerdenkerstil eher ätzend und kontraproduktiv. MfG S. Hufschmidt

    1. Rainer Ruthenow sagt:

      Na ja, Herr Hufschmidt. Die Artikel sind zwar polemisch, aber enthalten Informationen, die interessant und wichtig sind.

      Ja: Ein wenig weniger Satire täte dem Schreiber gut und vielleicht auch ab zu ein Hinweis, wie’s an den zahlreichen schwierigen Stellen besser ginge.

      Dies jedoch vorschnell ls Querdenkerstil zu brandmarken, ist zu einfach. Und: „Russia Today“ funktioniert über Desinformation. Diese finden Sie hier nicht.

      Also: Sachlich bleiben! Bitte.

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert