Döppersberg – Kein Leuchtturm, keine Stadtentwicklung, kein Vetorecht

Mit einem Kraftakt für die städtischen Finanzen wurde seit 2009 der Umbau in den Döppersberg getrieben. SPD und CDU setzten alles auf eine Karte, und versprachen, mit einem neuen Stadtzentrum der vom Strukturwandel strangulierten Stadt neues Leben einzuhauchen....

 

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Foto: C.Otte

 „Zukunft zu dokumentieren, Aufschwung und neue Stärke“. Andere Pläne gab es nicht. 

Die LINKE hatte von Anfang an gewarnt, dass es um Leuchttürme herum für gewöhnlich düster ist und für die städtische Infrastruktur aus Straßen, Brücken, Gebäuden das Geld fehlen wird, und war dafür als Miesmacher ausgegrenzt worden. Allein die Straßen haben einen Nachholbedarf im Unterhalt von mehr als 24 Millionen Euro jährlich und nur 6 Millionen gibt man aus, wie die WR am 7.8. meldet. 

Gleichzeitig ist mit den über 150 Millionen Euro, „die Wuppertal auf Kosten aller Steuerzahler in den Döppersberg investiert hat“, der finanzielle Spielraum des Stadtrates auf Jahre erschöpft. Mit neuen Fördermitteln des Landes ist aus Gleichbehandlungsgründen kaum zu rechnen. Bei gleichbleibendem Landeszuschuss zum Döppersberg-Umbau muss allein der städtische Haushalt die steigenden Kosten des Umbaus schultern. 

Heute geben die ersten Propagandisten des Umbaus zu, dass „von Politikern und Verwaltern Fehler gemacht wurden“ (Lothar Leuschen WZ 10.8.2019). Wer        trägt Verantwortung und welche Fehler wurden gemacht? 

Die von 103,6 Millionen Euro auf zunächst 140 Millionen und derzeit 153 Millionen steigenden Baukosten (Endabrechnung steht noch aus). Eine                      Bürgerinitiative gegen die Kostensteigerung hebelten SPD und CDU Mit Zuspruch von Grünen und FDP aus. Der Widerstand reichte von einem global-player-Unternehmer über Rechtsanwälte und Einzelhändlern bis zum Chemiearbeiter und Hartz IV-Bezieherin. Damit war klar, wie weit sich das politische Establishment der Stadt – einschließlich der Grünen – von Teilen der Bevölkerung entkoppelt hatte. Es wurde als alternativlos dargestellt, was zu einem Gabentisch für Investoren wurde.  

Die Stadt hat mit dem Verkauf des gesamten Grundstücks (nach dem Umbau) an die anonymen Finanzinvestoren nicht nur der Verrücktheit des Kubus zugestimmt sondern auch „die Entwicklung der Geschäftsbrücke dem Eigentümer des Primark-Gebäudes überlassen, ohne Netz und doppelten Boden, anscheinend ohne Vetorecht“, wie die WZ schreibt. Dies wird sich mit Konjunkturkrise und Strukturwandel im Einzelhandel zuspitzen: Gegen Leerstand aus fehlenden Profiterwartungen helfen keine Appelle des Oberbürgermeisters. CDU, FDP, SPD trieben den Verkauf voran, die Grünen ließen es durch Enthaltung geschehen. 

Das Leuchtturm-Konzept konnte schon deswegen nicht funktionieren, weil dazu entscheidende Voraussetzungen fehlen. Es ist niemandem vorzuwerfen, bei Billig-Anbietern die privaten Verbrauchsgüter zu kaufen, wenn der Geldbeutel nicht viel hergibt und die Sozialeinkommen und die Reallöhne stagnieren. Wuppertal mag in der jüngsten Prognos-Studie vorankommen, viele Wuppertalerinnen und Wuppertaler tun das nicht: „Bei Armut und Kaufkraft belegt Wuppertal im Dreijahresvergleich wie auch Solingen und Remscheid hintere Plätze.“ Darum darf man sich nicht wundern oder beklagen, dass auch am neuen Döppersberg weder Edelboutiquen noch Hipster-Läden Kundschaft finden würden. Der Laden-Grundriss war für diese Sorte Geschäft auch viel zu groß dimensioniert. Stattdessen vermietet das Immobilienkapital an Billigläden, die mit geringen Margen und hohem Umsatz die steigenden Mieten zahlen wollen. 

Der Show-Room von Vorwerk bringt weder Umsatz noch Passanten-Frequenz auf den Döppersberg. Er ist Ausdruck der Verbundenheit der Firma mit der Stadt. Das Geld holen die Beschäftigten, die Vertreter und zunehmend das Internet herein. Bei fehlender Rentabilität des Unternehmens wird auch dieser Mieter von der Brücke verschwinden. 

Der sogenannte Wupperpark wurde zwar nicht verkauft. Aber die zusätzlichen städtischen Kosten von über 4 Millionen Euro dienen einzig der Sicherung von Attraktivität und Rentabilität des privaten Bunkerinvest (Aufweitung der Eingangszone in den öffentlichen Raum, Aufstockung des Infopavillon um ein privates Stockwerk, Abholzung der Plantanen gemäß der Bunkerarchitektur). 

Man plante den zentralen Busknotenpunkt aus der Talachse hinaus. Als ökologisches Vorzeigeprojekt feierten die Grünen die jetzt freie Fahrt für den Autoverkehr auf der B 7 und die verlängerten Wege des Fußverkehrs zum Busbahnhof. Schon in den Gutachten zu den Bebauungsplänen war klar, dass hier einige der am meisten belasteten Zonen entstehen: Stickoxide und Feinstäube überschreiten die Grenzwerte – mit Zustimmung der Grünen. Mit den Klimaprotesten wird deutlich, wofür die Stadt eigentlich investive Mittel bräuchte: Statt einer autogerechten  Aufweitung der Kreuzungsbereiche am Döppersberg, die 500 Meter davor und danach sowieso wieder in den traditionellen engeren Querschnitt der B7 münden muss, wäre eine bauliche Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer auf den Hauptrouten in der Stadt angesagt. Wenn die Straßen schon erneuert werden müssen, dann kann man sie auch klimagerecht, Fußgänger-freundlich und Fahrrad-praktisch umbauen. Der ÖPNV und eine öffentliche City-Logistik müssen ausgebaut werden. Erst wenn diese Angebote bestehen, wird der Verzicht auf motorisierten Individualverkehrs massenfreundlich und nicht mit Modethemen wie E-Mobilität und intelligenter Ampelschaltung.  

Für den Unterhalt und die Verkehrssicherheit des neuen, privatisierten Döppersberg haftet gleichwohl weiterhin die Stadt. Hier werden die Unterhaltskosten steigen, denn alles was intensiv genutzt wird, nutzt sich ab, verschmutzt, geht kaputt; das weiß jeder, der freitags den Hausflur putzt.  

Im Sommerloch haben SPD und CDU eine Debatte um Vandalismus und Sicherheit vom Zaun gebrochen. Der zuständige Dezernent hat jedoch auf die „vergleichsweise geringe Zahl der Vorfälle“ hingewiesen (WZ 9.8.2019), „Das ist noch keine Katastrophe“ meint der Mann, der gleichzeitig die CDU im Bündnis mit den Grünen zusammenhalten soll. Eine Videoüberwachung kommt ebenfalls nicht in Frage, meldet die WZ. Möglich sei das nur an Kriminalitätsschwerpunkten: „Und das ist der Döppersberg nicht“, sagt der Dezernent. Damit entlarvt sich die substanzlose Debatte damit als das, was sie ist, als beginnendes Wahlkampfgetöse, um vom Erlöschen des Leuchtturms abzulenken. 

Um die Stadtgesellschaft zu abzulenken, wurden völlig faktenfrei Illusionen geschürt: „Die Jobs könnten Volmerig zufolge unter anderem in diesen Bereichen entstehen: 1000 durch die neuen Geschäfte am Döppersberg“ (Remscheider Generalanzeiger 16.12.2014). Keine der Groko-Parteien oder ihrer Hilfstruppen bei Grünen und FDP stellte den Faktengehalt solcher Behauptungen in Frage. 

Noch am 28.1.2015 weissagte Dr. Volmerig, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung-GmbH, „das geplante, fünfgeschossige Geschäftshaus … habe eine Verkaufs- und Handelsfläche von ca. 4.800 qm. In diesem Bereich sei mit rd. 500 neuen Arbeitsplätzen zu rechnen.“ (Protokoll der BV Elberfeld) Nichts von diesen Behauptungen hat sich bewahrheitet: Primark hat noch nicht einmal die Hälfte erreicht. 

Derselbe Dr. Volmerig formulierte in der Stadtzeitung: „Beim Handel gibt es wieder überregionales Interesse und ein besseres Investitionsklima. IKEA, das Factory-Outlet-Center (FOC) und andere kommen. Für eine Stabilisierung werden wir im Handel noch eine Fünf-Jahre-Strategie brauchen.“ Eine solche Strategie ist dem Stadtrat nie zur Kenntnis gebracht worden. Ging es überhaupt darum oder ging es um die wiederholte Unterordnung unter Investorenwünsche bei Umplanung, Verrückung des Kubus, Erweiterung der Ladenbrücke, Verkauf für ein Butterbrot? 

Für wachsende Teile der Stadtgesellschaft ist klar: „Mit sinnvoller Wirtschaftsförderung und nachhaltiger Stadtentwicklung hat das alles nichts zu tun“.  

Wer trägt die Verantwortung? Mit dem Döppersberg-Umbau haben CDU und SPD ihre Stadtentwicklungskompetenz erschöpft. Diesem gescheiterten Projekt haben CDU und SPD alles – einschließlich der eigenen Handlungsfreiheit – untergeordnet. Der Leuchtturm erlischt und „mit so einer Hypothek wäre es schwer, Oberbürgermeister zu bleiben oder Oberbürgermeister zu werden“. Auf Selbstkritik der Akteure wartet man einstweilen vergeblich. Aber unabhängig von dieser Personalie, wer das Amt nach 2020 bekleidet, stellt sich die Frage, wer diese jahrelange Steuerung in die falsche Richtung korrigieren will – vor allem organisatorisch und konzeptionell. Ein zusätzlicher Dezernent, wie ihn die CDU und Grünen suchen, bläht die Verwaltung auf, stellt aber keinen neuen Kurs dar: Noch mehr Investorenfreundlichkeit beim Ausverkauf öffentlicher Flächen geht nicht. 

Die Grünen haben dabei im gleichen Ausmaß wie die FDP aktiv Hilfsdienste geleistet mit ihrer Ablehnung des Ratsbürgerentscheids zu den Kostensteigerungen, der Zustimmung zu den Bebauungsplänen, zur Verrückung des Kubus und durch ihrer Enthaltung beim Verkauf an die Investoren von signature capital und Primark. Die Grünen haben am Döppersberg konsequent ihr Profil aufgegeben, um Teil einer ganz großen Koalition zu sein. Dass die Grünen nun in ein Kernbündnis mit der CDU eingestiegen sind, erscheint als logische Folge ihrer bisherigen Döppersbergstrategie.  

Bericht: Bernhard Sander

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