Eugen Langen in den Hintern getreten

Gedanken zum geplanten Abriß und Neubau der Schwebebahn-Wagenhalle in Vohwinkel

Mal eben so erfahren einige Eingeweihte in der BV-Sitzung in Vohwinkel vom 22.05.24 mündlich vom Schwebebahnchef Dr. Kindinger über die Pläne der WSW, zwischen 2026 und 2029 die Wagenhalle in Vohwinkel abzureißen und einen neuen Bunker hinzustellen. Weil, es ist ja so fürchterbar aufwendig, bei den betablauen GTW15 die Stecker von 20 Kilometer Kabel jedes mal zu trennen, bevor ein Wagenteil in die Werkstatt abgelassen werden kann.

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Im Sitzungsprotokoll stehen dann lediglich zwei Sätze darüber: „Frau Langer und Herr Dr. Kindinger geben anhand einer Präsentation einen Überblick über das geplante Bauvorhaben. Im Anschluss gehen beide auf Rückfragen und Anregungen ein.“ – Was da besprochen und über welche Fragen gesprochen wurde ist dem „Protokoll“ leider nicht zu entnehmen. So viel zum Thema Sitzungs-„Protokoll“ mit dem Informationsgehalt von Feinstaub.

In den Medien weichgekaut sehen die Pläne dann so aus: Natürlich ist der Denkmalschutz eingebunden beim Abrißantrag der kompletten Wagenhalle aus Zeiten des Erfinders Eugen Langen. Betriebsunterbrechungen seinen zwar schmerzhaft, aber unumgänglich. Ob man sich überhaupt einmal Gedanken gemacht hat, wie die bestehende Struktur in eine neue weitestgehend übernommen werden kann – Fehlanzeige. Stattdessen: Tabula rasa wie gehabt. Im Planfeststellungsverfahren wird es wie gewohnt heißen: „Die Einsprüche werden betreffend Denkmalschutzrecht nicht weiter verfolgt.“

Solange es Überlebende des ersten Schwebebahn-„Ausbaus“ und -Unfalls gibt, wird man den damals Verantwortlichen den Abriß der Original-Schwebebahn und -Stationen nie verzeihen. Der Denkmalschutz hat außer einer vollkommen untergeordneten Rolle bei der Abwägung wegen des absoluten Vorrangs der „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse“ keine Rolle gespielt.

Oh, doch: Wenn es um Zusatz- bzw. Mehrkosten ging, konnte man den Denkmalschutz als Kostentreiber hinstellen. Da man bei den WSW von sich aus nur „moderne Glaskästen im Stil der 1960-Jahre“ [1] geplant hatte anstatt sich direkt an den historischen Vorbildern zu bedienen, konnte man ja für denkmalpflegerische Umplanungen dem Denkmalschutz für Mehrkosten und Bauzeitverlängerung die Schuld geben.

Weiterverwendung der historischen Stationen? Völlig vollkommen komplett unmöglich!

Daß wir heute Werther Brücke, Landgericht und Völklinger Straße mit Zwiebeltürmchen bestaunen dürfen, haben wir nicht etwa den WSW zu verdanken – die haben Vorschläge dieser Art mit Verweis auf Mehrkosten stets abgelehnt. Sondern einer fähigen Dame im damals für Denkmalschutz zuständigen Ministerium in Düsseldorf [2], Dr. Birgitta Ringbeck. Die hat dann auch dafür gesorgt, daß entsprechende finanzielle Mittel bereitgestellt wurden. Die Station Gasanstalt (Varresbecker Straße) als älteste Station war da leider schon im Hochofen verschwunden, da man die Mittel und den Aufwand für ein Schwebebahnmuseum gescheut hat.

Auch der Erhalt der Konstruktion der historischen Stationen, insbesonderen die massiven Längsträger, war anfangs angeblich völlig vollkommen komplett unmöglich. Man könne da keine Aufzüge dranhängen. Weil genau das Gegenteil zutrifft, sieht man diese Bauweise an den drei obengenannten Stationen.

Da die Stationen – am Gerüst aufgehängt – ohnehin keine wesentlichen dynamischen Lasten aushalten müssen, waren diese eigentlich für die Weiterverwendung prädestiniert. Das Äußere, das „neue Kleid“, wie die Medien schrieben, ist ohnehin alle 20 bis 30 Jahre für eine Erneuerung fällig. Daß das auch im „historischen Kleid“ ging, zeigte der damalige Leiter der Gerüstbauwerkstatt in den 1970er-Jahren an den Stationen Landgericht und Völklinger Straße mit Zwiebeltürmchen anstelle der häßlichen Nachkriegs-Wellblechdächer.

Daß es auch anders geht als ein Komplettabriß, zeigt beispielsweise die Hochbahn in Berlin, bei der lediglich wirklich marode Träger erneuert wurden.

Aus 250 Millionen Euro wurden über 600 Millionen, aus vier Jahre fast 15

Ursprünglich sollte das „Jahrhundertprojekt Schwebebahn“ 2001 beendet sein und 490 Millionen DM (rund 250 Millionen Euro) kosten. Kurvenradien wurden erweitert, damit die neue Wagengeneration auch überall 60 Stundenkilometer fahren kann. Auch für die Auslegung eines 90-Sekundentaktes mußte ein neues Gerüst her. Die Stationen sollten in sechs bis acht Wochen fertiggestellt sein; bereits bei der ersten Station Adlerbrücke waren es sechs bis acht Monate. Die letzten Stationen wie Landgericht (Baubeginn: Januar 2011 [3]) wurden erst 2011/12 fertiggestellt, die Kosten waren bis dato auf weit über 600 Millionen Euro gestiegen. [4]

Allerdings warten wir auch mehr als 25 Jahre auf die „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse“. Schon der damalige Schwebebahnchef Beyen relativierte, nur das Gerüst sei für einen 90-Sekundentakt „ertüchtigt“, die Schwebebahn würde ja dann im Zweiminutentakt fahren. Bis heute ist das reine Theorie.

Neue Generation von Rappelkisten macht die Schwebebahn zur Museumsbahn

Dank der betablauen Generation 14/15 haben wir hypermoderne Gelenktriebwagen (GTW) mit „Belüftungsanlage“ statt klimatisierten Innenräumen für Fahrgäste, die Kapazität der 31 neuen GTW entspricht den 28 alten. Elektronisches Pling-Pling und neumodischer Funk sorgen alle naselang für Ausfälle. Dank der wackelnden Drehgestelle, die beizeiten das Gerüst „berühren“ (WSW-Slang) und dabei zehn Kilogramm schwere Bremszylinder verlieren, fahren wir auf einem Großteil der Strecke wieder mit Museumstempo.

Lose Dachaufbauten machen komplette Revisionen bei Talbot in Aachen notwendig und die WSW sind wegen der mangelnden Verfügbarkeit der GTW froh, überhaupt einen „Takt“ von drei Minuten und vierzig Sekunden anbieten zu können. Wären da nicht die Lächerlichkeiten wie plötzlich losgehende Rauchmelder und „Funkverlust“, weshalb der Betrieb eher regel- als mäßig eingestellt werden muß – erst am Mittwoch (22. Mai) für rund eineinviertel Stunden, weil im Wagen Nr. 4 der Rauchmelder losgeht. Kann ja bei 20 Kilometer Kabel ja mal passieren. Schon davor ist die Schwebebahn mit einem „Untakt“ von von 9-2-4-4-8-7-3-3 bzw. 4-4-3-2-9-2-3-9-2 Minuten Richtung Oberbarmen und Vohwinkel im Bereich Kluse negativ aufgefallen.

Ganz zu schweigen von den Rappelkisten, die auch acht Jahre nach Einführung mit unregelmäßigen Flachstellen und Kerben im Radprofil die Anwohner bei jeder Umdrehung nerven. Bei einem Triebwagen tritt das zugehörige „Bummbumm“ bei jeder Radumdrehung nur in Linkskurven, beim nächsten nur in Rechtskurven und beim Dritten in allen Radlagen auf. Die WSW haben wohl selber keine hinreichende Erklärung dafür und decken sich als Maßnahme mit neuen Radreifen ein.

Letztes Stück Original wandert in den Hochofen

Und jetzt soll auch noch das letzte Stück Original-Schwebebahn nach bewährtem Muster dran glauben: die Wagenhalle und Werkstatt in Vohwinkel. Mit ein wenig historischem Verständnis ist es auch möglich so zu planen, daß einerseits alle notwendigen Verbesserungen in einem neuen Teil westlich der bestehenden Wagenhalle untergebracht werden, andererseits der historische Teil weitestgehend als Abstellplatz für die Triebwagen stehenbleiben kann. Wo ein Wille, da ein Weg.

Last not least: die Informationspolitik der WSW. Störungen sind nur noch „technisch“ bedingt. Konkrete Angaben? Fehlanzeige. Was ist mit Wagen 4? Was und wie weit ist mit dem vor Jahren angekündigten Renovierungsprogramm der GTW bei Talbot in Aachen? Wann gibt es neue GTW oder ordentliche Drehgestelle?

Das sind acht Jahre nach Einführung der GTW keine Kinderkrankheiten mehr.

[1] Vorwurf von Historiker Dr. Michael Metschies an den damaligen WSW-Vorstandsvorsitzenden Zemlin zum „neuen Design“ bei gleichzeitiger Behauptung Zemlins: „Wir wollen doch das bewährte Bild von Bahnhöfen wie Werther Brücke oder die auf der Landstrecke überhaupt nicht verändern…“

[2] Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen

[3] http://www.zughalt.de/2011/01/wuppertaler-schwebebahn-neubau-der-station-landgericht-beginnt/

[4] Eine Ratsanfrage der WfW um 2010/11 wurde von der Verwaltung mit Kosten von – aus der Erinnerung – 613 Millionen Euro angegeben. Die Stationen Landgericht und Völklinger Straße waren noch nicht inkludiert.

Dieser Artikel ist Diana und Sayed gewidmet.

Fundstück: Leserbrief, rundschau, Samstag, 15. März 1997

Wesentlich enger

Betr.: Schwebebahnausbau

Herr Professor Zemlin erklärte im Rathaus, der Neubau der Schwebebahnhöfe diene insbesondere der Erhöhung der Sicherheit der Fahrgäste durch Verbesserungen der Zuwege und der Bahnsteige.

Tatsächlich aber habe ich festgestellt, daß an dem ersten neugestalteten Bahnhof Oberbarmen anstelle der früher energiesparenden, licht- und luftdurchfluteten Treppenaufgänge nach dem Umbau wesentlich engere, geradezu lindwurmartige Treppenaufgänge angelegt worden sind.

Kurt Drees, 42275 Wuppertal

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Kommentare

  1. N. Bernhardt sagt:

    Die Realität schlägt mal wieder jede Satire: Die Gerüstbeleuchtung zwischen Kluse und Ohligsmühle mußte aus „Sicherheitsgründen“ abgeschaltet werden. Da kriegen die WSW nicht einmal den sicheren Betrieb eines Stromkabels hin – und denen soll ich den sicheren Betrieb einer übertechnisierten Schwebebahn anvertrauen?

    Auch von der einst vollmundigen Ankündigung, das gesamte Gerüst beleuchten zu wollen, sind vor ein paar Jahren die letzten Zeugnisse auf schwebebahn.de verschwunden.

    Leider gehört Hellsehen nicht zu den Ingenieurberufen oder den anerkannten Wissenschaften, sonst hätten unsere Väter und Erbauer der Werkstatt und Wagenhalle Vohwinkel die Bremsplatten, Kerben im Radprofil, „Softwarefehler, kann man nichts machen“-Störungen, defekte Displays, abgebrochene Funkverbindungen, Störung-wegen-Schnee-auf-der-Schiene, Alarm-läßt-sich-nicht-zurücksetzen-Problem, Feuer an Bord pp. vorhergesehen und die Wagenhalle zum Beispiel mit acht Radreifenmaschinen ausgestattet und alles redundant, also doppelt, gebaut. Dann könnte man den liegengebliebenen GT14 einfach umfahren – wenn die erneuerte Weiche wegen eines Sensordefektes nicht auch kaputt ist.

    Denkmalschutz: Der Denkmalschutz hat bei Tabula rasa gar nichts mehr zu sagen. Ist keine Originalsubstanz mehr da, ist auch die Denkmalwürdigkeit nicht mehr gegeben. Man könnte bestenfalls das „System Eugen Langen“ irgendwie unter Schutz stellen.

    Zum Erhalt der Wagenhalle: Der Raum zwischen Wagenhalle und Station ist ausreichend für einen vertikalen Aufzug. Diesen kann man sowohl zum Transport ganzer Trübwagen ins Erdgeschoß (Werkstatt) verwenden, wo diese dann wie gehabt auf Schlitten/Böcken weitertransportiert werden. In zweiter Etage kann man noch mehr Trübwagen unterbringen.

    Zu Baukosten und -zeit: Gerade in heutiger Zeit sind Baukosten schwer vorauszusagen. Einmal gibt es Fachkräftemangel, ein paar Monate später (*gerade fährt hier Rappelkiste GT1409 →OBB vorbei und stört den Denkvorgang*) müssen Firmen Arbeiter mangels Aufträge entlassen, dann fehlen wieder Baumaterialien, die Chinesen begrenzen den Export von Stahlhalbzeugen und es rächt sich, daß Thyssen das modernste Walzwerk Europas nie in Betrieb genommen, sondern an die Chinesen verschleudert hat.

    Schon bei den Glaskästen im Stil der 1960er-Jahre sind die Kosten von rund 6 Millionen DM (Adlerbrücke) bei 6-8 Wochen Bauzeit (beides aus der Erinnerung, ohne Gewähr) bei Wupperfeld auf 20 Millionen DM und ein Jahr Bauzeit gestiegen. Zeitweise war (wenn ich mich recht erinnere) Thyssen-Klönne der einzige Bieter. Da liegt es nahe, daß ähnliches bei der Vergabe der Wagenhalle und Werkstatt auftritt. Schon der Neubau der Station Vohwinkel hat sich durch die Pleite des ersten Auftragnehmers ewig und drei Tage hingezogen.

    Ob das ganze bis zur BUGA fertiggestellt ist, steht in den Sternen. Hellsehen müßte man können. *kicher*

  2. Nimmt man die Erfahrungen der letzten Jahre und den Baubeginn 2029 oder wie gewohnt später, wird die BUGA 2031 ohne Schwebebahn stattfinden.😄

    1. Trottel sagt:

      Keine BuGa, keine Hängebrücke und dafür funktionierende ÖPNV respektive intakte Schwebebahn würde mir eher zusagen.

      Aber…

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