Faktencheck Teil 5, 2. Hälfte: Einsparpotential der Uni-Einsatzbusse – Kosten
Teil 1 beschäftigte sich mit den Gesamtkilometern der Uni-Einsatzbusse. Teil 2 behandelt hier die sich daraus ergebende mögliche Kosteneinsparung.
Wie in Teil 1 zum Artikel „Einsparungen Einsatzbusse Universität“ dargestellt, beträgt die Gesamtkilometerleistung aller Einsatzbusse rund 53.000 km/Jahr. Es stellt sich die Frage, wieviel Kosten diese Einsatzbusse verursachen, sollen doch mit ihrer Einstellung die Seilbahnbetriebskosten bestritten werden.
Zunächst können die speziell für die Andienung der Uni eingesetzten Busse nicht mit dem normalen Linienverkehr verglichen werden:
- Die Einsatzbusse befördern Studierende insbesondere zu morgendlichen Spitzenzeiten. Innerhalb von 40 Minuten finden 13 Fahrten zur Uni statt. An einem Vorlesungstag sind es insgesamt 68 Fahrten.
- Ein normaler Linienbus hingegen absolviert in der Zeit von 7.30 Uhr bis 18.30 Uhr 33 Fahrten, wenn er im 20-Minuten-Intervall eingesetzt wird.
Die Kosten für einen Uni-Einsatzbus sind daher nicht mit denen eines normalen Linienbusses vergleichbar. Dies wird in den weiteren Berechnungen auch berücksichtigt.
Der gesamte Busverkehr kostet die WSW Mobil ca. 60 bis 65 Millionen €; genauere Angaben sind aus den Geschäftsberichten der WSW Mobil nicht zu entnehmen. Die WSW-Busse legen etwa 14 Millionen Kilometer im Jahr zurück (letzte veröffentlichte „Zahlen, Daten und Fakten“ der WSW). Ein Bus-Kilometer kostet die WSW mobil demnach in etwa 4,20 €.
Wissenschaftliche Standardwerke zu Kostenstrukturen im städtischen Linienverkehr schlüsseln einzelne Kostenbestandteile auf. Frank, Friedrich und Schlaich (ETH Zürich und Universität Stuttgart: „Betriebskosten von Busverkehr schnell und genau ermitteln“) ermitteln Durchschnittskosten für einen Bus-Kilometer von 3,24 € (Basisjahr 2008).
Wenn die Kostenaufteilung von Frank, Friedrich und Schlaich herangezogen und auf Wuppertaler Verhältnisse von 2016 angepasst werden, müssen die einzelnen Kostenbestandteile wie folgt modifiziert werden:
- Aufgrund der Wuppertaler Topgrafie wird der Dieselverbrauch mit 60 Liter pro 100 km geschätzt (anstelle von 38,1 Liter/100 km im Durchschnitt für Nicht-Gelenkbusse oder 48,9 Liter/100 km für Gelenkbusse (Quelle: Handbuch für Emissionsfaktoren des Straßenverkehres – HBEFA); damit wird ein Mehrverbrauch von 23% angenommen)
- die Teuerungsrate seit 2008 wird mit etwa 3,4% pro Jahr berücksichtigt
Die so ermittelten Kosten in Höhe von 4,18 € bestätigen die aus dem WSW-Geschäftsbericht abgeleiteten 4,20 €/km (siehe Tabelle 1).
Die letzte Spalte gibt die Kosten für einen Bus an, der die im Linienverkehr üblichen 60.000 km im Jahr fährt. Damit kostet ein Bus im normalen Linienverkehr etwa eine viertel Million € im Jahr.
Die hier abgeschätzten Kosten von 4,20€ für einen Bus-Kilometer im normalen Liniendienst sind mit entsprechenden Unsicherheiten versehen.
Genauere Angaben sind leider nicht verfügbar. Bis heute – immerhin ist mittlerweile über ein Jahr seit der Projektpräsentation vergangen – hat das Projektteam keine Aufstellung der vermutlichen Betriebskosten für die Seilbahn und den vermutlichen Kosteneinsparungen durch Streichung des UniExpress und anderen Linienbussen veröffentlicht.
Die Berechnung der Kosten für einen Kilometer der Uni-Einsatzbusse wird leider nicht genauer als die vorherige Abschätzung der Kosten im Linienverkehr. Damit sich die Öffentlichkeit eine Vorstellung von den Kosten des kompletten Uni-Einsatzverkehrs im Jahr bilden kann, wird hier dieses durchaus schwierige Thema hier behandelt.
Einsatzbusse für die Universität
Der Ausschnitt aus dem Umlaufplan in Tabelle 2 zeigt, wie der Einsatzbusverkehr zur und von der Universität mit zehn Bussen durchgeführt werden kann. Der Einsatzbusverkehr bedient nicht nur den Hauptcampus auf dem Grifflenberg mit dem UniExpress sondern fährt mit Einsatzwagen auch zum Campus Freudenberg( z.B. Fahrten 2, 5, 7, 8, 10 und weitere).
Zu sehen sind die Abfahrten ab Hauptbahnhof (Ohligsmühle) um 7:31, nochmals 7:31, dann 7:40, 7:42, 7:44 Uhr und so weiter. Nebenbei fahren natürlich auch noch die Linienbusse Richtung Universität. Der UniExpress mit der Abfahrt um 7:31 Uhr ist um 7:56 Uhr wieder an der Haltestelle Hauptbahnhof und könnte die elfte Abfahrt Richtung Uni um 8:00 Uhr übernehmen. Der UniExpress mit der Abfahrt um 7:40 Uhr ist um 8:05 Uhr wieder am Hauptbahnhof und könnte die zwölfte Abfahrt Richtung Uni um 8:11 Uhr übernehmen. Mit dieser Systematik kann ein Umlaufplan mit zehn Bussen für den gesamten Tag für alle Uni-Einsatzfahrten erstellt werden.
Ersichtlich wird auch: Im Uni-Verkehr gibt es viele Leerfahrten, lange Pausenzeiten und für manche Umläufe frühe Dienstenden. Diese unproduktiven Fahrten und Dienstzeiten erhöhen die Kosten für die Uni-Einsatzbusse. Im normalen Linienverkehr fährt ein Bus zum Beispiel 50 Minuten und hat eine sechsminütige Pause an der Endhaltestelle. Der Linienverkehr ist damit wesentlich effizienter als der Uni-Einsatzverkehr.
Werden alle Pausenzeiten als zu bezahlende Dienstzeiten betrachtet und werden alle kurzen Dienstschichten auf mindestens sieben Stunden aufgerundet, so steigen die anteiligen Lohnkosten pro km („Fahrdienst“) im Einsatzbusverkehr Uni signifikant. Wird dies berücksichtigt, führen die Kostenkalkulationen zu folgenden drei Szenarien:
Nun können die Kosten pro Kilometer mit der Jahreskilometerleistung der Uni-Einsatzbusse multipliziert werden, was zu den jährlichen Kosten führt.
Im günstigsten Fall kostet ein Buskilometer um die 6,00 €. Im teuersten Szenario belaufen sich Kosten auf 7,92 €. Bei der mittleren Annahme sind Kosten von 6,87 € pro Bus-Kilometer anzusetzen. Damit ist der Buskilometer des Uni-Einsatzbusses 64% teurer als ein Bus im normalen Linienverkehr.
Auf Basis dieser Kostenkalkulation stellt sich die Frage:
Kann durch das komplette Einsparen der teuren Uni-Einsatzbusse die Seilbahn finanziert werden?
Die Betriebskosten einer Seilbahn dürften sich auf rund 3,6 Millionen € belaufen. Entsprechende Kalkulationen liegen durch die DB International für Trier sowie die Initiative „Ja zur Seilbahn“ für Seelbunn vor. Siehe hierzu Teil 4 Betriebskosten der Seilbahn.
Wuppertaler Kommunalpolitiker haben in Gesprächen regelmäßig anklingen lassen, dass der Uni-Einsatzverkehr sehr teuer sei. Sie haben dabei angenommen, dass die Einsparung der Uni-Einsatzbusse ein Großteil der Betriebskosten der Seilbahn finanzieren könnte. Im mittleren Szenario kostet der komplette Uni-Einsatzverkehr gerade mal 10% der mutmaßlichen Betriebskosten der Seilbahn.
Es bleibt zu hoffen, dass im Rahmen des Bürgerbeteiligungsverfahrens die WSW Mobil die Kostenrechnung für die Uni-Einsatzbusse nachvollziehbar offenlegen und das behauptete Einsparpotenzial schlüssig darstellen.
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warum streiten, nehmt doch besser ein fahrrad, dass spart co2 und hält fitttt
Danke für die Faktenchecks. Bisher war ich Befürworter der Seilbahn, doch habe ich meine Meinung inzwischen geändert.
Ich bin zudem sehr gespannt auf den Termin in der IHK, wo ich anwesend sein werde. Denn die wichtigste Frage bleibt unbeantwortet: wer trägt die Kosten? Ich meine insbesondere die potenziellen Mehrkosten und die Folge-/Betriebskosten.
Vor dem Hintergrund der Finanzlage der Stadt, Stichwort Grundsteuer, sind Mehrausgaben unverantwortlich. Als Stadt (übrigens auch als Unternehmer und / oder Privatperson) kann ich kein Geld ausgeben, welches ich nicht habe! Auf kommunaler Ebene ist das kein Problem, bei Steuererhöhungen ist dann die Unverständnis und die Empörung dann groß….
Interessante Betrachtung. Es wird seit Beginn der Diskussion seitens der WSW darauf verweisen, dass auch der übrige Busverkehr durch die Südstadt auf die Seilbahn ausgerichtet werden soll. Von Ringlinien war die Rede. Dahinter steckt in meinen Augen der Versuch, die Kosten der WSW langfristig zu senken, ohne den Verkehr komplett einzustellen. In der Tat gehören zu einer fundierten Entscheidung über das Thema alle Fakten auf den Tisch. Welche Buslinien in welcher Taktfolge und zu welchen BetriebsZeiten sollen parallel zur Seilbahn noch fahren? Und – genauso wichtig – wie sieht das Szenario ohne Seilbahn aus? In beiden Fällen ist eine großflächige Einstellung von Busverkehren zu befürchten. Nicht ganz uninteressant in diesem Zusammenhang: für welche Busflotte wäre ein neuer Betrieshof auf dem Clausen-Gelände geplant? Das lässt Rückschlüsse auf etwaigeRegulierungen im Busverkehr zu.
In Summe geht es vermutlich um viel mehr als die Seilbahn. Es geht um die Frage, welchen ÖPNV sich die Stadt in Zukunft leisten möchte bzw. kann. Und eine Seilbahn mit entsprechenden reduzierten Leistungen im Busverkehr der Südstadt wäre vielleicht nur der Einstieg in eine Entwicklung der ganzen Stadt.