29.09.2022MKIESEL
Förderungen und Zuschüsse durch die Stadt Wuppertal – Oder: Wie ein Kuchen verteilt wird!
In der Ratssitzung der Stadt Wuppertal am 21.09.2022 wurde nach monatelangem Gerangel und Unvorhersehbarkeiten der städtische Haushalt für 2022 verabschiedet.
Oberbürgermeister Schneidewind kommentierte dies mit nicht zu überhörender Ironie: „Wir haben einen Haushalt. Und das immerhin noch im 3. Quartal des Jahres.“
Ein besonderes Bonbon waren die zu verteilenden 7.000.000,– €, welche durch freigewordene Mittel, bzw. nicht vorhersehbare Einnahmen zur Verteilung anstanden.
Die Fraktionen hatten sich u.a. auf die Bewilligung von Mitteln in Höhe von 750.000,– € für Spielplatzsanierungen geeinigt.
Auch bewilligt wurden 25.000,– € zur Förderung des im Februar 2022 gegründeten Verein „inside:out“, welcher sich als Begegnungszentrum für „alle Menschen versteht, die sich zu LSBTIQ zählen“, so ist der Homepage zu entnehmen. Die Idee wurde bereits 2019 mit 28.200,– € durch das Bürgerbudget gefördert. Die damalige Rechtsform, welcher diese Förderung zu Gute kam, ist auf der Homepage nicht zu ersehen.
Zu den auf der Homepage von „inside:out“ zu findenden Unterstützer:innen gehört u.a. „SCHLAU Wuppertal e.V.“, welcher seine Tätigkeit wie folgt beschreibt:
„SCHLAU macht genau das, was wir uns zu unserer Schulzeit gewünscht hätten: offen, ehrlich und ohne Vorurteile über sexuelle Orientierung und Geschlechtervielfalt sprechen.
Zeigen, dass es viele queere Menschen gibt, die ein ganz “normaler” Teil der Gesellschaft sind. Vorurteile abbauen und so ein sicheres Schulumfeld für Jugendliche zu schaffen und vielleicht sogar einigen Jugendlichen die Worte dafür zu geben, was sie empfinden.“
Dieser Verein ist im Rahmen der städtischen Haushaltsverabschiedung ebenso mit 25.000,– € bedacht worden.
Diesen Beschluss gefeiert haben die der SPD-Ratsfraktion angehörenden Ratsmitglieder Guder und Düringer. Guder, welcher für den Gesamthaushalt stimmte, musste dem Veto der parteiunabhängigen Stadtverordneten Rafrafi zustimmen, welche beanstandete, dass er im Haushaltspunkt Förderung des inside:out als dessen Vorstandsmitglied befangen sei und somit diese hätte vorab erklären müssen. SPD-Fraktionsvorsitzender Reese stellte klar, dass Guder diese Befangenheit im Vorfeld erklärt hätte und somit alles rechtens sei.
Auf Nachfrage bei der Stadt Wuppertal erklärt diese: „Herr Guder hat seine Befangenheit vor der Sitzung gegenüber den Schriftführern erklärt. Das ist ein übliches Verfahren. [ . . . ] Da die Befangenheit zu Protokoll gegeben worden war, musste die Abstimmung nicht wiederholt werden. Dies wurde durch den Oberbürgermeister in der Sitzung klargestellt.“
Der Stadtverordneten Rafrafi war von dieser Befangenheitserklärung nichts bekannt.
Die Frage, wie es sein kann, dass ein Verein, welcher sich erst im Februar 2022, also weit nach der Aufnahme der Haushaltsverhandlungen für das laufende Jahr gegründet hat, in den Genuss eines städtischen Zuschusses von 25.000,– € kommen kann, beantwortet die Stadt wenig konkret:
„Aus dem öffentlich einsehbaren städtischen Haushalt ergibt sich, welche Vereine und Institutionen jährlich oder im Wege einer Einmalzahlung Zuschüsse erhalten. Der Antrag der Fraktionen SPD, CDU und FDP, der in der Ratssitzung am 21.9.22 einstimmig beschlossen wurde, hatte weitere Einmalzahlungen zum Inhalt, auf die sich die Fraktionen verständigt hatten. [ . . . ] Zum konkreten Beispiel gebe ich gerne noch den Hinweis, dass die formale Vereinsgründung von Inside:Out zwar erst im Februar 2022 erfolgte, die Initiative jedoch aus zahlreichen bereits lange in Wuppertal arbeitenden Initiativen und Gruppen besteht und die Idee dieses queeren Zentrums für Wuppertal u.a. bereits im Jahr 2019 bei der Wahl für das Wuppertaler Bürgerbudget öffentliche Anerkennung erhalten hat.“
Die „öffentliche Anerkennung“ (wer misst die?) reicht also aus, um städtische Gelder zu erhalten. So die Stadt Wuppertal hiermit den 5. Platz bei dem 2019 verteilten Bürgerbudget meint, ist eine erfolgreiche Mobilisierung zur Wahl eines eher interessengeleiteten Vorhabens kaum als „öffentliche Anerkennung“ zu verstehen.
Es bleibt zu hoffen und zu prüfen, was mit diesen Förderungen passiert. Das Ziel, angstfreien Raum für Menschen zu schaffen, welche sich im Deutschland 2022 immer noch rechtfertigen oder Hass aussetzen müssen, ist ein ehrenwertes und wichtiges.
Diese Aufgabe ist viel zu wichtig, als dass die Verwendung der Mittel nicht transparent sein sollte. Es wird zu beobachten sein, ob dieses Zentrum „allen Menschen“ zur Verfügung steht, welche sich der LSBTIQ zugehörig empfinden, oder ob es sich hier um eine Einrichtung handelt, welche städtisch geförderte und querfinanzierte Unterhaltung für die Schließungszeiten der „Marlene“ anbietet. Schade wär´s.
Und die Stadt, die Fraktionen und alle Beteiligten müssen sich fragen, welcher Verein ohne entsprechende Lobby und/oder Einflussnahme wohl die Chance gehabt hätte, nach Beginn der Haushaltsverhandlungen eine satte Förderung von insgesamt 50.000,– €, aufgeteilt auf 2 Vereine, zu bekommen.
Die auf Anfrage übermittelte offizielle Verlautbarung der Stadt Wuppertal hierzu: „Selbstverständlich steht es grundsätzlich allen Vereinen und Institutionen frei, Anträge um Unterstützung an die Verwaltung wie auch an die Fraktionen und politischen Gremien zu richten.“
Hätten Sie es gewusst? Also, ran an den Kuchen. Hoffentlich sind Ihre Beziehungen ins Rathaus, insbesondere in die politischen Gremien, groß genug.
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen