Ein Denkmal für Friedrich Engels
Ein wenig skurril war die Einweihung der Statue für Friedrich Engels, einen der Wegbereiter des Marxismus, schon. Da stand mit Peter Jung ein christdemokratischer Oberbürgermeister am Rednerpult und lobte den Säulenheiligen des Kommunismus als großen Sohn Wuppertals. Dass Engels hier und da „nicht ganz unumstritten“ sei, blieb nicht unerwähnt, ging aber in den allgemeinen Lobpreisungen unter. Jung betonte, wie sehr sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen seit der Zeit des Frühkapitalismus in Deutschland doch verbessert hätten.
Und dann trat der Botschafter jenes Landes ans Mikrofon, in dessen Fabriken sich frühkapitalistische Zustände oft noch in Reinkultur besichtigen lassen. Shi Mingde pries den „Lehrer der Revolution“ für dessen bedeutende Rolle beim Aufbau des Kommunismus. Der Marxismus sei „bis heute einer der Leitfäden, an denen die Kommunistische Partei Chinas festhält.“
Dass Stifter und Empfänger der fast vier Meter hohen Statue ideologisch völlig inkompatibel sind, spielte aber ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Vor allem der Wuppertaler Seite geht es um ganz pragmatische, wirtschaftliche Interessen. Oberbürgermeister Jung hob die Ambitionen heimischer Unternehmen auf dem chinesischen Markt hervor. Auch der Fremdenverkehr soll durch die Skulptur angekurbelt werden. Der Botschafter verwies auf jährlich sechshunderttausend chinesische Touristen in Deutschland, die angeblich an jedem Reisetag 800 bis 900 Euro ausgeben.
Unerwähnt in beiden Reden blieben selbstverständlich die alltäglichen Menschenrechtsverletzungen in China und das Tian’anmen-Massaker, das sich in diesen Tagen zum 25. Mal jährt. Die chinesische Regierung hatte im eigenen Land jedes Gedenken daran rigoros unterbunden. Um die Wuppertaler Zeremonie fanden sich immerhin ein paar Demonstranten. Auch Amnesty International hatte hundert Meter von der Feier entfernt einen kleinen Stand aufgebaut und informierte über die Situation in der Volksrepublik.
Sehen Sie hier die beiden Ansprachen sowie eine Stellungnahme von Amnesty International:
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Foto und Video: njuuz
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Begleitung zur Einweihung der Engels Statue
Der OBB und seine vergebliche Suche nach der eigenen Zivilcourage
Erst einmal meinen ausdrücklichen Dank an die Zusammenarbeit mit der Wuppertaler Polizei zur Vorbereitung und Durchführung der Kundgebung mit der Flagge von Tibet!
Erkenntnisse:
Es wurde seitens der Stadtführung alles getan um die chinesische Delegation von allen Kundgebungen, also von praktizierter Versammlungsfreiheit und praktizierter Meinungsfreiheit, insbesondere von der gezeigten Flagge Tibets, blickdicht abzuschirmen, da man diplomatische Verwicklungen befürchtete und somit den Rückzug der Chinesen. Die Gespräche mit der Einsatzleitung der Polizei vorab vor Ort und mit der Polizeipräsidentin im Anschluss der Veranstaltung bestätigen das. Das große Problem dabei für die Polizei war, diese ist verpflichtet sicherzustellen, dass die Sichtbarkeit/Hörbarkeit der Kundgebung gewährleistet bleibt.
Durch den installierten Bambuszaun als Sichtschutz in Richtung der tibetischen Flagge ist die Sichtbarkeit aufgehoben worden. In Verlängerung der Sichtachse haben die 3 hintereinander geparkten Mannschaftsbusse der Polizei ihr übrigens dazu beigetragen. Wer will hat das Recht auf seiner Seite und kann dazu Klage einreichen.
Die konsequente Abschirmung ist im Besonderen insofern als sehr kritisch zu betrachten da OBB Peter Jung 3 Tage zuvor in einem öffentlichen Brief (siehe bitte unter
https://www.wuppertal.de/rathaus-buergerservice/oberbuergermeister/102370100000200710.php )
die WuppertalerInnen mit folgenden Worten aufruft:
Zitat Beginn „Liebe Wuppertalerinnen und Wuppertaler, ich weiß, dass das Geschenk – die Statue von Friedrich Engels – aufgrund seines Zustandekommens gleichfalls Kritik hervorruft und ich erwarte, dass diese auch offen geäußert und demonstriert wird.“ Zitat Ende
OBB Peter Jung selbst steht jedoch jetzt öffentlich dafür, dass sein eigener Aufruf so wenig Wirkung wie möglich haben sollte.
Mit allem Respekt, aber solch eine Winkelzugpolitik wollen wir hier in Wuppertal nicht mehr.
Wer vor einer menschenfeindlichen Diktatur einen solch tiefen Diener macht und vor lauter Buhlen vornüber fällt, der kann sich dann nicht mehr aufrappeln.