30.04.2024N. Bernhardt
Fußgängerzone: Radfreigabe nach Msdwgi?
Widersprüchliche Verordnungen und Anordnung von Verkehrszeichen nach Prinzip „Man sieht doch, was gemeint ist (oder auch nicht)“ führen zu einem kaum kontrollierbaren verkehrswidrigen Verhalten in der Praxis.
Der Bundesgesetzgeber hat mit Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeugverordnung (eKFV [1]) – eigentlich – eine klare Rechtsgrundlage für den Betrieb der E-Scooter (eKF) geschaffen: Da, wo Radwege vorhanden sind, müssen eKF-Fahrer diese benutzen, ansonsten die Fahrbahn, § 10. Ein Verbot für Radfahrer bedingt auch ein Verbot für E-Scooter, § 12.
Auf Bitten der Bundesländer, die nach diesen Vorgaben nun alle in Gegenrichtung für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegebenen Einbahnstraßen nun mit dem Zusatzzeichen „eKF frei“ beschildern müßten, wurde in die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) eine Ausnahme für die rote „Spardose“ ⛔ aufgenommen, das Verkehrszeichen 267 „Einfahrt verboten“. Dort heißt es unter Randnummer 41.1 in der Anlage 2: „Ge- oder Verbot: Durch das Zusatzzeichen zu dem Zeichen 267 ist die Einfahrt für den Radverkehr und Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne der eKFV zugelassen.“ [2] Damit ist die klare Regelung „Verbot für Rad = Verbot für eKF“ aufgeweicht und steht im Widerspruch zu § 12 (2) eKFV.
Wuppertal wäre nicht Fahrradstadt, wenn man das Chaos nicht noch steigern könnte. Nach politischem Beschluß (Stadtrat) soll in der Theorie die Fußgängerzone Elberfeld für Radverkehr zwischen 21 und 9 Uhr freigegeben werden. [3] Scooter sind nicht erwähnt. Gleichzeitig weist der Rat der Stadt 10 der 18 Stellplätze für Leihscooter in der Fußgängerzone aus, wo laut Sondernutzungserlaubnis betreiberseitig weder Verleihbeginn noch -ende erlaubt ist. [4]
Kommt man vom Hauptbahnhof und möchte über Alte Freiheit und Poststraße zum Neumarkt, darf man lt. Beschilderung zwischen 21 und 9 Uhr rein (Bild, links), aber ab Kirchstraße dank Verkehrszeichen 254 (Verbot für Radverkehr, Bild, Mitte links) nicht weiter. eKF kommen hier legal gar nicht durch. In umgekehrter Richtung kommt am Neumarkt wegen fehlender Zusatzzeichen „…fahrer frei“ weder Rad noch Scooter rein, dürften aber von der Schönen Gasse/Turmhof kommend (21-9 Uhr frei für Radfahrer) auch die Alte Freiheit bis zum Bahnhof durchfahren.
Von Osten dürfen in die Fußgängerzone Kipdorf zwischen 21 und 9 Uhr Rad und Scooter einfahren (Bild links), weil dort nur eine „Spardose“ ⛔ mit dem Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ hängt, das nach StVO auch für eKF gilt (s.o.). Ab Wall dürfen aber nur Fahrräder weiter (Bild Mitte links), dann aber ganztägig. Zurück vom Mäuerchen müssen Radfahrer hingegen zwischen 9 und 21 Uhr eine Umleitung über Wall fahren (Bild Mitte rechts), bevor sie die Kirchstraße ganztägig über die Fußgängerzone weiterfahren dürfen (Bild rechts).
Dieselben Spezialisten sind wohl auch für die Spezialfälle Calvinstraße (Bild oben rechts) und Hofaue verantwortlich (großes Bild). Dort ist die Zufahrt mit Rad zwar grundsätzlich gestattet, wird aber in östlicher Richtung mit der „Spardose“ ⛔ in Höhe Mühlenschütt blockiert. Die Zufahrt zur Schlössersgasse (Bild links oben) vom Von-der-Heydt-Platz ist wohl willentlich ausnahmslos gesperrt, da dort mit Duldung der Verwaltung regelmäßig der 28-Tonner-Laster den Krempel für Müller aus- und einlädt. In der Gegenrichtung vom Wall ist hingegen Radverkehr zwischen 21 und 9 Uhr gestattet – falls der Laster dort steht, kann man ohnehin nicht passieren. Rettungskräfte und Feuerwehr fliegen dann per Hubschrauber ein.
Der Unfug setzt sich nördlich des Neumarktes fort. Von der Kleinen Klotzbahn aus, deren Radweg momentan baugrubenbedingt nach Landrecht (ohne Ankündigung oder Umleitung des Radverkehrs) für Kraftverkehr benutzt wird, dürfen Radfahrer rund um die Uhr durch Fußgängerzone zur Friedrichstraße (Bild links). Umgekehrt aber ist dies auf die Zeit zwischen 21 und 9 Uhr begrenzt (Bild rechts). Immerhin dürfen dort nach nur 35 Jahren die dicken Laster auch offiziell die Rathaus-Galerie beliefern. Die taten das bisher auch ohne ausdrückliche Erlaubnis, genauso wie die zahlreichen Radfahrer und insbesondere Scooterfahrer, die allzeit in der Fußgängerzone anzutreffen sind.
Wie die Ordnungsbehörden ohne eine einheitliche Ausnahmeregelung das verkehrswidrige Befahren der Fußgängerzone ahnden sollen, weiß auch nur die Straßenverkehrsbehörde. Im Zweifel würde der Richter ein Verfahren mangels einheitlicher Regelung einstellen.
Quellen und Verweise
[1] Elektrokleinstfahrzeugverordnung (eKFV)
https://www.buzer.de/eKFV.htm
[2] Straßenverkehrs-Ordnung. Anlage 2 (zu § 41 Absatz 1) Vorschriftzeichen
https://dejure.org/gesetze/StVO/Anlage_2.html
[3] Bürgerantrag § 24 GO Radverkehrfreigabe Fußgängerzonen, VO/0629/21
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=25339
[4] Genehmigung von Pedelec- und Elektrokleinstfahrzeug-Verleihsystemen in Wuppertal, VO/0354/23
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=30042
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Lustig auch: An Zeichen 267 darf ich vorbeischieben und dann weiterfahren. Es heißt nämlich nur „Einfahrt Verboten.“
Das habe ich gerichtlich.
Zu Zeichen 267: Eben. Die Spardose weist keine Fußgängerzone aus.
Da werden wohl bald die ersten zwischen 9 und 21 Uhr in den Kipdorf reinfahren. Das Verbot gilt ja nur noch nachts.
Zusatzzeichen beziehen sich auf das Verkehrszeichen darüber(§ 39 (3) StVO). Die zeitliche Beschränkung eines Einfahrtverbots ist obendrein unzulässig (VwV-StVO zu §§ 39-43 III 14).
Viel Spaß den Anliegern!