24.02.2017JHPresse
Jörg Heynkes will mit KandidatInnen der AfD diskutieren
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihren offenen Brief an die Wuppertaler SpitzenkandidatInnen der Landtags- und Bundestagswahlen 2017.
Darin formulieren Sie die Bitte, unter anderem im Landtagswahlkampf auf gemeinsame Veranstaltungen mit den KandidatInnen der Partei Alternative für Deutschland zu verzichten. Auch ich verurteile viele Positionen der AfD aufs Schärfste. Dennoch halte ich es für einen großen strategischen Fehler, wenn wir uns mit diesen Leuten und ihren Argumenten nicht inhaltlich auseinandersetzen. Ich plädiere für die Debatte und gegen das Ausschließen von Menschen, die eine andere politische Meinung vertreten als ich oder Sie. Denn so schließen wir nicht nur die KandidatInnen der AfD von einer Diskussion aus, sondern auch die Menschen, die derzeit – aus welchen Gründen auch immer – darüber nachdenken, die AfD zu wählen. Ich will diese Menschen aber ebenfalls erreichen und sie gerne von meiner Haltung, meinen weltoffenen Ideen, Gedanken und politischen Visionen überzeugen, weil ich der festen Überzeugung bin, dass ich die besseren Konzepte und Argumente habe. Das geht aber nur im Dialog. Ihr Vergleich mit dem Handeln des Presbyteriums lässt sich in meinen Augen nicht auf Politik übertragen. Politiker müssen mutig sein und ihrer Verantwortung gegenüber der ganzen Gesellschaft gerecht werden. Mut bedeutet, sich zu stellen, in eine Diskussion zu gehen und mit Argumenten zu überzeugen. Mut bedeutet eben auch Angriffe und Beiträge zu ertragen, die nicht die eigenen sind. Mut bedeutet mehr als – wie von Ihnen gefordert – die AfD zu ignorieren. Lassen Sie uns die fremdenfeindlichen und rassistischen Hassparolen und leeren Versprechungen durch Mut und die besseren Argumente entlarven.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Heynkes
Unabhängiger Landtagskandidat
mit Unterstützung der Wuppertaler Grünen
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Die AfD – Subjekt oder Objekt politischer Bildung?
Tatsächlich, es gibt sie, die Position, man müsse die AfD zu öffentlichen Diskussionen einladen und mit ihr reden. Das ist ein durchaus nachvollziehbarer, auch respektabler Anspruch an eine funktionierende repräsentative Demokratie. Die regelmäßig dabei ins Feld geführten Hauptargumente: das müsse eine Demokratie nun mal aushalten, die Kontroverse sei schließlich ihr Grundprinzip, ignorieren könne man vor allem nicht die potenziellen Wähler*innen dieser Partei. Damit sei wenig bis nichts gewonnen. Dialog stehe über Ignoranz. Zugegeben, der Gedanke lag auch einer kritischen politischen Bildung bisher nicht fern. Heute (nachdem die Debattenunkultur der AfD-Protagonisten xmal medial vorgeführt worden ist) sieht das anders aus.
Es sind zwei komplett unterschiedliche Paar Schuhe, ob wir durch Informations- und/oder Bildungsveranstaltungen, zu denen auch Diskussionsrunden gehören können, themenorientiert mit den potenziellen Wähler*innen sprechen, um sie mit Argumenten vor der AfD zu bewahren, indem wir sie mit analytischen Fakten überzeugen und Lösungswege für die drängendsten gesellschaftlichen und politischen Probleme aufzeigen bzw. berechtigte Kritik dort platzieren, wo sie politisch hingehört (selbstverständlich immer dem Beutelsbacher Konsens folgend). Oder ob wir überzeugten Parteifunktionären und -strategen ein Podium und damit Redezeit anbieten, um ihre kruden Thesen zu verbreiten und damit den Anschein von Normalität zu erwecken. Desweiteren erkennt man in den bisherigen Versuchen der Dekonstruktion durch Einbeziehung, dass die Protagonisten den eigenen Themen und Provokationen in der Diskussion ausweichen.
Doch diese Partei mit ihren gerade 125.000 Mitgliedern ist nicht „normal“. Eine Partei, die man als protofaschistisch bezeichnen kann, die die Nähe zu neonazistisch völkischem Denken und Strukturen nur unzureichend kaschieren kann und will, eine solche Partei steht historisch betrachtet in der Tradition der Wegbereiter des Faschismus in diesem Lande. Der AfD geht es im Verbund mit der „neuen Rechten“ um die Etablierung „kultureller Hegemonie“ und schließlich um die erfolgreiche gesellschaftliche und politische Umwälzung der Verhältnisse. Im Zentrum ihrer kalkulierten Provokationen steht der gezielte Tabubruch, an den das Publikum sich gewöhnt, zur Normalität aufwertet und so in die Gesellschaft hinein wirken lässt. Dafür benötigt die AfD Öffentlichkeit.
Die AfD integriert „Konservative“ und „Rechtsextreme“, eine Konstellation, die dem historischen Faschismus einst den Boden bereitet hat (Protofaschismus). Die Gefahr der Wiederholung ist gegeben. Wer das leugnet oder nicht versteht, hat aus der Geschichte nichts gelernt. Ein klares und akzeptiertes Ziel kritischer politischer Bildung ist es aber, dass die Nach-Folgegenerationen des Nationalsozialismus in der ausdrücklichen Verantwortung stehen, einen umfassenden Beitrag dazu zu leisten, dass sich Faschismus niemals wiederholt.
Deshalb ist unsere Entscheidung klar: Die AfD bekommt keinen Raum für öffentliche Auftritte, bei denen sie ihre zielgerichteten und provozierenden Statements äußern kann. Es gilt, diese Partei und ihren völkischen Unsinn zu analysieren und aufzuzeigen, nicht aber mit ihr darüber zu diskutieren. Das ist erstens die falsche Zielgruppe, zweitens Zeitverschwendung und drittens gefährlich.
Jan Sudhoff & Detlef Vonde
(Geschäftsführer Arbeit und Leben DGB/VHS Berg-Mark & Fachbereichsleiter Politische Bildung der Bergischen VHS)
Es heißt Kommentarfeld und nicht Laberfeld!
„Ist halt einfach nicht so einfach“ (Gina-Lisa Lohfink)