Kämmerer der Stadt Wuppertal: „Mir sind keine Fälle bekannt“
Im Verfahren gegen den ehemaligen Beigeordneten der Stadt Wuppertal, Panagiotis Paschalis, hat dessen Anwalt die zur Aussage bereiten Zeugen mehrfach gefragt, ob es namentlich bekannte Fälle im Bezug auf die Nutzung von „ASS-Fahrzeugen“ durch Mitglieder der Verwaltung und/oder Politik gibt. Dies wurde bisher verneint.
Auf Nachfrage teilte mir der Kämmerer und Stadtdirektor der Stadt Wuppertal, Dr. Johannes Slawig, nun mit, dass auch ihm „keine Fälle bekannt“ seien.
Auf die Frage, ob es richtig sei, dass die durch ASS entstandenen Einnahmen und Ausgaben bis einschließlich 2014 seitens der Kämmerei jeweils als „außerplanmäßige Einnahmen“ und „außerplanmäßige Ausgaben“ verbucht worden sind, antwortet Slawig:
„Die Ausgaben wurden bis einschließlich 2013 quartalsweise auf Anforderung außerplanmäßig bereitgestellt; die jeweilige Deckung war gegeben durch zusätzliche Erträge aus der Anmeldung der ASS-Fahrzeuge bei den Zulassungsgebühren. Ab dem Jahr 2014 wurden Ausgabe-Ansätze i. H. v. 85.000 EUR im Bereich Marketing eingeplant.“
Er halte diese Handhabung auch für mit dem Haushaltsrecht vereinbar.
Zu den vor Gericht mit über den Gesamtzeitraum 2004-2016 bezifferten 1,5 Mio. Euro Erlösen und Ausgaben aus dem ASS-Geschäft und deren Verwendung nimmt der Kämmerer wie folgt Stellung:
„Einnahmen und Ausgaben werden im Rahmen des Gesamtdeckungsprinzips (§ 20 Kommunalhaushaltsverordnung) vereinnahmt und verausgabt, so dass keine konkrete Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben erfolgt. Für die Bereitstellung von überplanmäßigen Ausgaben werden Deckungen durch Einnahmen angestrebt, mit den es einen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang gibt.“
Die identisch am 23.11.2020 an den Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal, Uwe Schneidewind, gestellten Fragen blieben bis zum 09.12.2020 unbeantwortet.
Nachdem die Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes, der diesem Amt zugehörige Antikorruptionsbeauftragte der Stadt Wuppertal und der Geschäftsführer der Wuppertal Marketing GmbH (WMG) von den ihnen durch die Richterin eingeräumten Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten, teilte gemäß einer Veröffentlichung von Paschalis nunmehr auch der Kämmerer durch seinen Anwalt mit, dass er nicht aussagen werde. Um unnötige Verzögerungen in dem Verfahren zu verhindern, hatte Richterin Bittner mit Einverständnis der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft die noch für die Zukunft benannten und geladenen Zeug*innen im Vorfeld angeschrieben und nach deren Aussagewillen und -absicht befragt.
Verteidiger Prof. Dr. Endrik Wilhelm machte deutlich, dass er durch das Verfahren nicht nur den Freispruch, sondern ebenso eine vollständige Rehabilitierung seines Mandanten Paschalis erreichen wolle. Die Vorsitzende machte deutlich, dass es ihr darum geht, den Vorwurf der „üblen Nachrede“ aufzuklären, sie aber bereit sei, dies trotz für ein Amtsgericht eher unüblichen Verfahrensdauer sowie Verfahrensumfanges, dies mit der gebotenen Sorgfalt zu tun.
So sind Sparkassenvorstand Wölfges und Barmenia-Aufsichtsratsvorsitzender Beuthelmann in deren Funktion als Aufsichtsratsmitglieder der WMG ebenso geladen wie die damalige Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses Barbara Becker und viele weitere. Auch Alt-OB Andreas Mucke wird erneut aussagen müssen, nachdem dieser am 1. Verhandlungstag bereits 5 Stunden Zeugnis ablegen musste.
Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hatte gegen Paschalis einen Strafbefehl in Höhe von 4.000,– € erlassen. Gegen diesen wehrt der ehemalige Rechtsdezernent sich.
Richterin Bittner wollte im Vorfeld des Verfahrens diesen Strafbefehl nicht bestätigen, wogegen die Staatsanwaltschaft Beschwerde einlegte. Auch ihr Ersuchen, aufgrund des absehbaren Verfahrensumfanges und der Bedeutung für die Öffentlichkeit diesen Fall an das Landgericht Wuppertal abgeben, wurde abgelehnt.
Die Fortsetzung des Verfahrens ist für den 10.12.2020 um 08:30 Uhr terminiert. Weitere Termine sind bis in den Februar 2021 angesetzt.
Weiter mit:
„Nachdem die Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes, der diesem Amt zugehörige Antikorruptionsbeauftragte der Stadt Wuppertal und der Geschäftsführer der Wuppertal Marketing GmbH (WMG) von den ihnen durch die Richterin eingeräumten Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten, teilte gemäß einer Veröffentlichung von Paschalis nunmehr auch der Kämmerer durch seinen Anwalt mit, dass er nicht aussagen werde.“
Der CDU-Kämmerer Dr. Slawig verwaltet unsere und verfügt über unsere Steuergelder.
Wenn er gesetzeskonform war, wieso machen dann geladene Zeugen von dem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch?
Transparente und bürgerfreundliche Verwaltung geht anders.
Hat ein zu aktiver Beigeordneter Dr. Paschalis ein Fass geöffnet und eine Rotweinrunde gestört?
Es bleibt spannend!