25.06.2023

Konzentrationslager Kemna in Wuppertal – ein würdiger Ort des Gedenkens?

Pressemitteilung der VVN-BdA Wuppertal vom 24. Juni 2023

Am 9. Juli 2023 versammeln sich zum 40. Mal Antifaschist:innen am Mahnmal gegenüber der alten Putzwollfabrik, um an das Konzentrationslager Kemna zu erinnern.

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Eines der ersten Konzentrationslager im faschistischen Deutschland wurde im Juli 1933 in Wuppertal-Beyenburg errichtet. Die Grausamkeit der Täter, die kaum vorstellbare Qual der Folter, darum wissen die Menschen im Bergischen Land. Und sie wissen, dass fast alle der 2500 bis 3000 eingesperrten Männer aus der Arbeiter:innenbewegung kamen.

Die Kemna war schon immer ein umkämpftes Gedenken, und erst 1983 wurde ein Gedenkort geschaffen. Noch nie lag dort ein Kranz der CDU zum jährlichen Mahnen.

In stiller Sorge haben viele Bürger:innen auf die Kemna geschaut, seit die evangelische Kirche 2018 Eigentümerin des Fabrikgeländes geworden ist. Leider haben sich die unausgesprochenen Befürchtungen bestätigt.

Die von Studierenden des Fachs Geschichte der Bergischen Universität entwickelte Konzeption zur Gestaltung einer Gedenkstätte auf dem Gelände und im Gebäude des KZ wurde vor kurzem der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei der Präsentation werden die Studierenden und Frau Dr. Schrader, die Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge in der Westdeutschen Zeitung vom 16. Juni 2023 wie folgt zitiert: „Die Einteilung in Opfer und Täter versuchen sie [die Studierenden] jedoch zu vermeiden. Denn die Grenzen seien schwammig. „Natürlich hat niemand dieses Leid verdient“, sagt Studentin Dana Thiele. Doch wurden auch Täter zu Opfern und umgekehrt. „Rund 80 Prozent der Häftlinge waren Kommunisten und damit auch Gegner der Weimarer Republik, also der Demokratie“, führt Ulrike Schrader aus. Eine weiße Weste habe deshalb keiner, man wolle niemanden zum Helden machen oder eine Vorbildfunktion geben, die er nicht hat.“

Die VVN-BdA Wuppertal ist entsetzt über diese Ausagen!

Nirgendwo sind Täter und Opfer so klar voneinander geschieden wie in der Folterhölle der Kemna. Die einen üben die Gewalt aus, die anderen erleiden sie. Die Unterdrückung ist konkret und zielt auf die direkte Zerstörung des politischen Gegners.

Haben die zukünftigen Historiker:innen denn die vielen Berichte nicht gelesen!?

Um der historischen Wahrheit gerecht zu werden, fordert die VVN-BdA Wuppertal die Studierenden auf: Belegen Sie ihre Aussage „Doch wurden auch Täter zu Opfern und umgekehrt.“ nach wissenschaftlichen Standards!

In Frau Dr. Schraders Äußerungen lebt die herrschemde Tradition der BRD wieder auf, alles zur Diffamierung des linken Widerstands zu tun.

Während die zukünftigen Akademiker:innen die Täter-Opfer-Umkehr anwenden, macht Frau Schrader die Antifaschisten, diejenigen, die gerade im Kampf mit den Faschisten das Schlimmste erleiden, zu Feinden der Demokratie! Dabei ist dieser Kampf gegen den Faschismus ja das stärkste Eintreten für die Demokratie.

Im September 1933 erhält der Preussenprinz und das aktive SA-Mitglied „Auwi“ die Ehrenbürgerwürde der Stadt Wuppertal. Er hat als berühmtestes Mitglied der Familie der Hohenzollern und Sohn des Kaisers maßgeblich dafür gesorgt, im Adel das Ansehen der NSDAP zu erhöhen, er ist ein wichtiger Wegbereiter der Nazi-Diktatur. Während „Auwi“ für die Verleihung der Ehrenbürgerwürde in Wuppertal zu Gast ist, macht er einen Besuch in der Kemna, lässt sich das Gebäude und die Gefangenen vorführen und bekommt einen Strauß Blumen überreicht. Frau Dr. Schrader, das waren die Gegner und Zerstörer der Weimarer Republik, und das sind auch heute die Feinde unserer Demokratie! Prinz „Auwi“ ist übrigens immer noch Täger der Ehrenbürgerwürde der Stadt Wuppertal…

Doch der Skandal ist noch grösser. Die evangelische Kirche hat sich sofort 1933 bemüht, privilegierten Zugang zu den neuen Konzentrationslagern zu bekommen. Sogenannte Seelsorger sollten die Häftlinge missionieren. In der Kemna wurden regelmäßig evangelische Gottesdienste abgehalten, Hilfe vor der Gewalt der Wärter konnten die Gefolterten vom Pfarrer allerdings nicht erwarten. Am Heiligabend 1933 gab es stattdessen eine Weihnachtsfeier mit Kerzen und Tannenbaum, Gesang und einem Posaunenkonzert des CVJM.

Jetzt ist klar, dass die Täter-Opfer-Umkehr und die Diffamierung der Inhaftierten durch Frau Dr. Schrader und die Studierenden dazu dient, diese Schuld der evangelischen Kirche selbst unsichtbar zu machen. Denn die evanglische Kirche war als rechter Akteur, als wichtiges deutschnationales Milieu selbst Feind der Weimarer Demokratie und Anhänger des Autoritarismus.

Johannes Rau spricht es 2005 offen aus: „Der Ort, an dem man sich 1934 versammelte [Bekennende Kirche], liegt Luftlinie etwa drei Kilometer vom Konzentrationslager Kemna , zwischen Beyenburg und Oberbarmen. Die in Barmen Versammelten haben dazu keine Worte gefunden. Weil es sich zunächst nur um politische Gefangene, Arbeiter, Kommunisten und politische Dissidenten handelte?“

Die VVN-BdA Wuppertal erwartet eine Entschuldigung bei den Familien der Opfern durch die evangelische Kirche.

Die VVN-BdA Wuppertal fragt:

Wie kann die Öffentlichkeit jetzt noch Vertrauen in die Konzeption des zukünftigen Gedenkort Kemna haben?

Wie soll das Vertrauen in die objektive Darstellung der Geschichte der Kemna wiedergewonnen werden?

Wie soll eine antifaschistische Zusammenarbeit in Zukunft möglich sein?

Diese Fragen müssen von der evangelischen Kirche beantwortet werden!

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