Kunststoff: Recycling anstatt „thermische Verwertung“

Echtes werkstoffliches Kunststoff-Recycling kommt in Wuppertal nicht an

Die Müllverbrennungsanlage bei Küllenhahn verbrennt jährlich über 400.000 Tonnen fossile Abfallprodukte. Die Abfallwirtschafsgesellschaft (AWG) als Betreiber und Wuppertaler Stadtwerke (WSW) als Nutznießer und Anbieter von Fernwärme und ÖPNV tun so, als ob Strom und Heißwasser wie bei einer Thermalquelle als „ökologisches Nebenprodukt“ anfallen und bezeichnen entsprechende Angebote (bei Fernwärme zumindest in der Vergangenheit) mit „0g CO2“.

„Thermische Verwertung“, so der Fachbegriff, kommt in der Natur nicht vor. Abgesehen von gelegentlichen Bränden durch Naturereignisse (zum Beispiel ausgelöst durch Blitze) ist nicht bekannt, daß Tierkadaver und abgestorbene Pflanzenteile in der Regel „thermisch verwertet“ werden.

Ganz im Gegenteil: Das abgeworfene Laub wird im Naturkreislauf durch Bodenbewohner wieder zu Nährstoffen für die Bäume „aufgearbeitet“. Von Tierkadavern ernähren sich Insekten und Bakterien, die wiederum Nahrung für andere Lebewesen wie Vögel darstellen. Die Natur verhindert damit auch, daß sich giftige Schwermetalle wie Cadmium, Quecksilber und Blei als Spurenelemente natürlicher Ressourcen in erheblichen, dann aber lebensbedrohlichen Konzentrationen ansammeln, wie das bei der „thermischen Müllverwertung“ der Fall ist.

Einmal müssen diese Giftstoffe, inklusiver derjenigen die wie Kohlenmonoxide, Schwefeldioxide. Dioxine, Furane, aromatische Chlor- und Fluorverbindungen (PAK) erst bei der Verbrennung entstehen, kosten- und ressourcenaufwendig aus dem Rauchgas entfernt werden, damit sie nicht in die Umwelt gelangen. Dieselbe aufwendige „Entgiftung“ ist auch bei der Schlacke notwendig, also den verbleibenden Feststoffen, damit diese zum Beispiel im Straßenbau weitere Verwendung finden.

Der Prozeß »Förderung von Erdöl➔Produktion von Verpackungsfolie➔Entsorgung und Verbrennung der Plastikfolie nach Verwendung➔Produktion von Strom/Fernwärme« ist das Ergebnis einer wirtschaftlich orientierten Wegwerfgesellschaft und damit weder ökologisch, noch ein natürlicher Kreislauf. Schauen wir uns dieses euphemisch „grüne Kraftwerk“ in bezug auf den Wirtschaftskreislauf Kunststoff einmal näher an.

Statistik: Plastikabfälle

Laut Umweltbundesamt fielen 2018 insgesamt 3 Millionen Tonnen Plastikverpackungen an, das waren rund 32 Kilogramm pro Haushalt. Von der Sammelquote von 99,4 Prozent wurden allerdings je nach Quelle zwischen 53 und 77 Prozent verheizt. Laut Europäischer Umweltagentur erzeugt die Verbrennung von einer Tonne Plastikabfälle 2 Tonnen CO2 (plus diverser Giftstoffe, siehe oben). Nach Angaben des Wuppertal-Instituts werden von den über die „Gelbe Tonne“ gesammelten Plastikabfällen gar nur 7 Prozent tatsächlich wiederverwertet.

Statistik: Produktion und Verbrennen von Kunststoffen

Der reine Energieeinsatz, um aus Rohöl einen Kilogramm Kunststoff zu produzieren, liegt bei 80.000 Megajoule (MJ) oder umgerechnet 22,2 Kilowattstunden (kWh). Ein Kilogramm Kunststoff entsteht aus 2 Kilogramm Rohöl. Die Verbrennungswärme (Heizwert) von einem Kilogramm Kunststoff liegt je nach Art zwischen 18 (PVC) und 46 (PE/PP) Megajoule entsprechend 4,4 bis 12,8 kWh.

Müll„heiz“kraftwerk: lächerlicher Wirkungsgrad von 15 Prozent

Durch die aufwendige Abgasreinigung hat die MVA Küllenhahn einen Wirkungsgrad von nur 15 Prozent, das heißt von einem Kilogramm Kunststoff können lediglich 2,2 (PVC) bis 6,4 (PE) kWh thermische Energie tatsächlich zur Produktion von Heißdampf und Strom eingesetzt werden. Bei der Produktion von Wasserstoff für die Ökoumwelt-0g-CO2-Busse der WSW geht noch einmal die Hälfte der Energie flöten, weshalb von einem Kilogramm Kunststoff 1,1 bis 3,2 kWh thermische Energie übrigbleibt.

Angesichts der 22 kWh, die alleine bei der Herstellung des Kunststoffs notwendig waren, werden gerade einmal 5 bis 14 Prozent davon für „grünen“ Wasserstoff wieder verwendet. Die entstandenen Emissionen der restlichen 86 bis 95 Prozent sind bei der „thermischen Verwertung“ einfach so vergeudet und tauchen natürlich in keiner Umweltrechnung des „grünen“ Wasserstoffs auf.

Die Umwelt hat also viel mehr davon, wenn Kunststoffe nicht als „Müll“ verbrannt, sondern wertstofflich wiederverwertet werden, also unter Beibehaltung der Polymerketten und damit Materialqualität in den Produktionsprozeß einfließen.

Alternative: Kryo-Recycling nach H. Rosin

Seit fast 30 Jahren liegen die Pläne für ein energetisch optimiertes Kryo-Recycling in den Schubladen. Statt der euphemischen „thermischen Verwertung“ ist es hier ein echtes werkstoffliches Recycling bei großer Kälte durch Versprödung, bei der Kunststoffe bei Erhaltung der chemischen Struktur (Polymerketten) nach Art und Farbe der Kunststoffe sortenrein sortiert werden können.

Allerdings ist die Stadt Wuppertal an einer solchen Anlage nicht interessiert: Mal würde sich die Müllverbrennungsanlage nicht mehr rentieren, mal sei das Kostenrisiko (für was genau?) zu groß. Dabei wird werkstoffliches Recycling angesichts steigender Rohstoffpreise, des Klimawandels und Verringerung der Abhängigkeit ausländischer Rohstoffpreise immer wichtiger.

Und zum Thema Kosten: Der Betrieb der Müllverbrennungsanlage wird über die Müllgebühren finanziert. Deshalb müßten sich die Gebühren für Fernwärme eigentlich auf deren Verteilung im Stadtgebiet beschränken. Die WSW koppeln aber völlig unabhängig davon den Preis für Fernwärme zu 100 Prozent an den Gaspreis*. Eine Unsitte, die der Bundesgerichtshof bereits 2010 bei der Kopplung des Gas- und den Ölpreis bei Verträgen mit Endverbrauchern für rechtswidrig erklärt hat. Da viele Hauseigentümer und Vermieter im Fernwärmegebiet als gewerbliche WSW-Kunden diese Kosten „nur“ an ihre Mieter weiterreichen, können letztere sich nicht wehren, und so gleich doppelt abgezockt werden.

Quellen

Kunststoffe wiederverwerten statt verbrennen, VO/1602/23
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=28449
Kunststoffe – VdS Schadenverhütung GmbH
https://vds.de/fileadmin/Website_Content_Images/VdS_Publikationen/vds_2516_web.pdf
Umweltdaten MVA Küllenhahn
https://awg-wuppertal.de/fileadmin/user_upload/homepage/download/infomaterial/AWG_Umweltdaten_2022_A5_V7_Web.pdf
MVA Küllenhahn
https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCllheizkraftwerk_Wuppertal

Lt. „Quarks & Co.“ (Recycling: Das passiert mit deinem Müll!) werden 77% der Kunststoffabfälle verheizt („thermisch verwertet“) statt stofflich wiederverwertet.

*) Laut WSW wird „bis zu 20 Prozent“ der Fernwärme durch Verfeuerung von Gas hergestellt. Bei diesem Anteil kommen aber immer noch mehr als 80 Prozent von der MVA, d.h. bei anteiliger Berücksichtigung dürfte der Abnahmepreis für ein kWh Fernwärme niemals von knapp 5 auf über 40 Cent steigen.

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