Luhnsstraße: Fahrradstraße, die 4¼.

Radverkehr-Kuddelmuddel aus Vorrangregelung, Tempo 30 und Schrittempo als „die anderen Fußgänger“ statt einheitliche und durchgängige Regelung

Die neue „Fahrradstraße“ beginnt mitten auf der Luhnsstraße, einer ehemaligen Tempo-30-Zone.

Die Luhnsstraße ist Wuppertals vierte Fahrradstraße. Das positive vorweg: Deren Ausweisung dauerte keine zwei Monate wie an der (Neuen) Friedrichstraße, bei der sich einige Protagonisten im ersten Fünfmeterabschnitt mit aufgemaltem Fahrradlogo und weißen Streifen ablichten ließen. [1] In der Tat könnte sich auf dieser Nordbahnstrecke tatsächlich der Radverkehr bündeln, ohne sich auf drei Metern Restbreite sich mit den Autos in die Wolle zu kriegen.

Umgelabelte Tempo-30-Zone: Warum nicht durchgängig?

Allerdings haben wir es hier wie üblich mit einer umetikettierten Tempo-30-Zone zu tun, auf der man gleich jede andere Verkehrsart per Zusatzzeichen erlaubt. Denn eine Fahrradstraße ändert weder die Vorfahrts-, noch Parkregeln. Deshalb ist neben der expliziten Vorfahrtänderung für jede Einmündung und Kreuzung der Luhnsstraße auch die Anordnung der „Parkverbotszone“ notwendig, damit die Autos auch schön auf dem Parkstreifen jenseits der Fahrbahn parken.

In Gegenrichtung sind 150 Meter Tempo 50 erlaubt.

Die Fahrradstraße steht aber genau wie Fahrradstraße 3⅓ Tönniesstraße isoliert als Insel da: Von beiden Seiten gelangen Radfahrer über fragwürdige Infrastruktur zur Fahrradstraße 4¼; mehr dazu unten. Noch mehr stellt sich die Frage, wieso die Fahrradstraße nicht an der Einmündung Am Diek beginnt und bis zum Ende der Dr.-Kurt-Herberts-Straße fortgeführt wird. Stichwort: durchgehende Radwege [3] und einheitliche Verkehrsführung erhöhen die Verkehrssicherheit.

Gute Idee: 20 Meter Radweg als Verbindung zur Herberts-Straße

Immerhin haben die Macher bei der Stadt Wuppertal keine Kosten und Mühen gescheut und einen total praktischen Verbindungsradweg zwischen Luhns- und Dr.-Kurt-Herberts-Straße angelegt. Ob diese sinnvolle Investition mit einem Volksfest eingeweiht wird, ist nicht bekannt.

Auf bzw. neben der Dr.-Kurt-Herberts-Straße geht es als „die anderen Fußgänger“ auf dem Gehweg weiter.

Der freudige Gesichtsausdruck über den neuen Radweg fällt mit der westlichen Fortsetzung wie das Hygrometer in einem Hurrikanauge nach unten. Denn auf der Dr.-Kurt-Herberts-Straße wartet ein paar Meter Tempo-30-Zone, bevor zur Rechten ein verkehrsberuhigter Bereich (VBB) und zur Linken ein Gehweg mit Radfreigabe die Radfahrer einlädt, „die anderen Fußgänger“ zu spielen. [4] Auch im VBB gilt Schrittgeschwindigkeit und das Verkehrszeichen ist eins der wenigen, das Regeln zum Halten und Parken anordnet (Parken nur in gekennzeichneten Bereichen).

30 Meter Tempo 30-Zone mit anschließender Verkehrsberuhigungsmaßname „Gehweg mit Radfreigabe“.

Am Ende des verkehrsberuhigten Bereichs gilt noch einmal Tempo 30, bevor wir uns wieder als „die anderen Fußgänger“ unter die echten Fußgänger mischen müssen dürfen. Es wäre schön, wenn man den Radfahrern auch hier einen separaten Radweg bis zum Bahnhof Wichlinghausen gönnt.

Hinweise, Quellen und Verweise:

[1] Wuppertaler Rundschau, 16.07.2022, Neue Friedrichstraße in Wuppertal wird zur Fahrradstraße,
https://www.wuppertaler-rundschau.de/-72999533

[2] Wuppertaler Rundschau, 20.09.2022, Wuppertaler Neue Friedrichstraße nun offiziell Fahrradstraße,
https://www.wuppertaler-rundschau.de/l-77115429

[3] njuuz, 25.07.2024, Fahrradstadt: Wuppertal feiert die nächsten 50m „Radweg“

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[4] Radfahrer, die ständig auf Fußgänger Rücksicht nehmen müssen, kommen nicht zügig voran.

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Kommentare

  1. N. Bernhardt sagt:

    > vom Sog der mit Schritttempo rasenden Fahrzeuge umgerissen
    Genau. Nicht auf dem Bergischen Plateau, aber in anderen vbB grenzt es immer wieder an ein Wunder, wie man als Radfahrer mit doppelter Geschwindigkeit von einem Kraftfahrer (zwangs-) überholt wird, der mit Schrittempo fährt.

    Dafür ist das Parken innerhalb der Markierungen im vbB auf dem Plateau offenbar keine Pflicht.

    Ein Ideallist hätte vielleicht die parallellaufenden Breslauer Straße als Fahrradstraße ausgewiesen. Die ist wenigstens durchgängig und frei von Bordsteinkanten und Hundeleinen.

    1. Susanne Zweig sagt:

      Wo sich problemlos Rad fahren lässt, muss gar nichts geändert werden. Das gilt für die Luhnsstraße wie für die Breslauer Straße.

      Wenn die Stadt für die Trassenlücke (Am Diek / Vor der Beule) nur halb so viel an Farbe und Schildern wie für die Luhnsstraße aufgewendet hätte, wäre mehr für die Verkehrssicherheit herausgekommen.

      1. N. Bernhardt sagt:

        >Wo sich problemlos Rad fahren lässt

        Das ist meistens dort der Fall, wo noch gar keine „Radverkehrsanlagen“ existieren…

        1. Susanne Zweig sagt:

          Die Stadtplaner müssen (wie in vielen andere Kommunen auch) verstehen, dass Radfahrer keine besondere Spezies ist, die immer mehr Sicherheit braucht, sondern genau wie in der Rolle als Fußgänger oder Autofahrer flächendeckend einfach nur möglichst schnell von A nach B kommen wollen.
          Dann klappts auch mit den Radverkehranlagen.

  2. Susanne Zweig sagt:

    Die Verkehrsplanung am Bergischen Plateau kommt mir vor, als wollte sie es abwechselnd allen mal recht machen. Mittlerweile teilt sich der Bereich in drei Abschnitte:
    1. Gleich hinter dem Bf. Wichlinghausen haben Radfahrer für 200 Meter geradeaus die Wahl zwischen einem Gehweg und einem Gehweg mit Radfreigabe (Schritttempo) – also genau das, was man nach 12 km Nordbahntrasse von einer riesigen Freifläche erwartet.
    2. Im Anschluss folgen 200 Meter Dr.-Kurt-Herberts-Straße als verkehrsberuhigter Bereich mit Gehweg extra. Fußgänger dürfen die Straße so auf voller Breite benutzen, nehmen aber lieber den mit Grünstreifen abgesetzten Extra-Gehweg, damit sie nicht vom Sog der mit Schritttempo rasenden Fahrzeuge umgerissen werden.
    3. Auf weiteren 350 Metern Luhnsstraße hat die Stadt nun ihr Herz für Radler wiederentdeckt, die endlich nicht mehr auf einer mordsgefährlichen Tempo-30-Zonen-Straße sondern auf einer sicheren Fahrradstraße mit Pkw-Freigabe unterwegs sind, auf der nur noch Tempo 30 gilt (falls sie nach 400 Metern Schritttempo nicht aus dem Sattel gefallen sind).
    350 Meter „Radwegenetz“ (Zitat aus der Pressemeldung vom 9. 9.) müssen aber wirklich reichen, denn am Diek endet die neue Radwelt vor der Umlaufsperre. Wer mehr „Radwegenetz“ will, kann die 350 Meter ja wieder zurückradeln.
    Würde ich das, was die Stadt womöglich für einen Plan hält, nicht mitbezahlen, könnte ich erheblich lauter drüber lachen.

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