Am Diek/Vor der Beule: Ghostbikes statt sicherer Fahrbahn

Radfahrer nehmen Drängelgitter an der Nordbahntrassenlücke gerne an.

1873 wurde die Bahnstrecke Düsseldorf-Derendorf–Dortmund Süd [1] von der Rheinischen Eisenbahngesellschaft als Konkurrenz zur heutigen Stammstrecke Elberfeld–Dortmund der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft gebaut. Der durch Wuppertal führende Teil wurde 1999 endgültig stillgelegt und ist Teil der sog. Nordbahntrasse. Leider hat die Stadt „vergessen“, sich für die gesamte Strecke ein Vorkaufsrecht einzuräumen, wie das neulich häufiger praktiziert wird, beispielsweise im Bereich Vogelsaue für die BUGA-Hängebrücke.

So ist der Bereich östlich des Wichlinghauser Bahnhofs mit dem „Bergischen Plateau“ mit Wohnhäusern und weiter bis zur Wittener Straße mit Einzelhandel bebaut, weshalb Radfahrer auf diesen 1,3 Kilometer als „die anderen Fußgänger“ geführt werden – als „Radfahrer frei“ auf dem Gehweg. Theoretisch bedeutet dies Schrittgeschwindigkeit und absolute Rücksichtnahme auf Fußgänger.

Radfahrer an der Umlaufsperre (Drängelgitter).

Bis vor kurzem war das auch im Bereich Am Diek/Vor der Beule der Fall. Nach „nur“ 16 Unfällen mit Personenschaden innert knapp drei Jahre [2] speziell im Bereich der EDEKA-Ausfahrt wies die städtische Unfallkommission das zuständige Amt 104 an, den Radverkehr auf die Fahrbahn zu verlegen. Das Amt begnügt sich damit, auf der Fahrbahn Tempo 30 anzuordnen, Ghostbikes aufzupinseln und auf dem Gehweg sog. Drängelgitter (Umlaufsperren, s. Foto oben) aufzustellen, die bereits reichlich auf der Sambatrasse nach Cronenberg zum Einsatz kommen.

Wie wärs wenn man die Fahrbahn für Radfahrer mal sicher macht, dann benutzen die Leute das auch.

Leider hat das Amt 104, unter dessen Ägide auch die Ampeln laufen, wieder vergessen, an der zweiten Ampel zur Wittener Straße die Grünphase anzupassen. Die ist nämlich auf Tempo 50 eingestellt und damit eine amtliche Einladung zum viel zu schnellen Zwangsüberholen der radfahrenden Hindernisse – gerne auch über durchgezogene Linien und ohne den vorgeschriebenen Seitenabstand von 1,5 Metern. Denn: Wer sich an Tempo 30 hält, bekommt pünktlich vor der Haltelinie Rot.

Das ganze wird bereits durch die erste Ampel am Abzweig Am Diek genährt, wo man oft eine gefühlte Ewigkeit bei Rot auf Fahrzeuge wartet, die zwar Grün haben, aber gar nicht vorhanden sind. Grünphasen für nicht vorhandene Fahrzeuge unterliegen keiner gesetzliche Ermächtigung, aber das ist Teil des Fortsetzungsromans „Landrecht bricht Bundesrecht“ und kann hier dahinstehen. [3]

Aufgrund der amtlichen Einladung zu verkehrswidrigem Verhalten werden die neuen Drängelgitter auf dem vermeintlich sicheren Gehweg gerne von Radfahrern angenommen, wie ja auch auf dem Eingangsfoto zu sehen ist.

Dem Amt 104 ist das Problem des Zwangsüberholens auf der Fahrbahn hinlänglich bekannt, zum Beispiel von der Hünefeldstraße und Hardtufer durch Leserbriefe, Anregungen und Hinweisen aus der Bürgerschaft. Die Behörden sind gut beraten, die Fahrbahn für den Radverkehr durch bauliche Maßnahmen (zum Beispiel Leit- oder Betonborde) sicher zu gestalten. Sonst werden sich noch mehr Radfahrer von der Fahrbahn auf die Gehwege verziehen und Am Diek weiterhin für Unfälle mit Personenschaden sorgen.

Quellen und Verweise

[1] Wikipedia: Bahnstrecke Düsseldorf-Derendorf–Dortmund Süd,
https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_D%C3%BCsseldorf-Derendorf%E2%80%93Dortmund_S%C3%BCd

[2] Am Diek: Neue Verkehrsführung soll Sicherheit erhöhen, Wuppertaler Rundschau,
https://www.wuppertaler-rundschau.de/lokales/am-diek-neue-verkehrsfuehrung-soll-sicherheit-erhoehen_aid-102540727

[3] https://www.njuuz.de/home/politik/landrecht-bricht-bundesrecht-teil-iv/

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Kommentare

  1. N. Bernhardt sagt:

    Diese „Planungsfehler“ häufen sich aber extrem in Wuppertal. Die Schaffung von Gefahrenlagen statt deren Beseitigung ist wohl eine Spezialität des Hauses 104 – das kann doch eigentlich nur Absicht sein, so daß sich Verkehrsteilnehmer, insbesondere der verschiedenen Verkehrsarten (Kfz, Radfahrer, Fußgänger) möglichst in die Quere kommen.

    Ob das nun 1300 Meter „Gehweg – Radfahrer frei“ am Bergischen Plateau ist, wo Radfahrer eigentlich „die anderen Fußgänger“ sind und Scooter eigentlich gar nicht fahren dürfen, unterschiedliche Freigaben ein und derselben Fußgängerzone (mal zeitlich begrenzt, mal nicht), die Freigabe der Hünefeldstraße mit 800 Fahrzeugen pro Spitzenstunde auf 4m Breite, 10 Meter benutzungspflichtiger Radweg auf der Wartburgstraße gegen Einbahnrichtung (der deshalb für Radfahrer gesperrt ist), auf der Brücke Wasserstraße eine lebensgefährliche rechtwinklige Kurve, auf der bereits Lastenräder um den Brückenbordstein über Ecke rangieren müssen, die tolle Idee den „Radweg“ am Unterdörnen zur Hälfte als Gehweg zu führen (mit entsprechendem Fußverkehr), die andere Hälfte getrennt, damit ein ansässiger Bauhändler erst einmal 50.000 Euro für eine neue Zuliefereinfahrt investieren muß, und schlußendlich endet dieser „Radweg“ an der Dörner Brücke und man fährt dann ohnehin über die B7.

    In der Praxis stehen bei diesen Anordnungen nicht Verkehrssicherheit und flüssiges Vorankommen im Vordergrund, sondern erst einmal irgendjemand einer jemand anderem „im Weg“.

    Ein Gehweg ist aber eine Verkehrsfläche zuvorderst für Fußgänger und spielende Kinder zu deren Sicherheit, nicht damit man einen Pseudoradweg daraus macht wie am Bergischen Plateau und Radfahrer spielende Kinder über den Haufen fahren.

    Radwege sind dazu da, damit Radfahrer sicher und zügig ohne großartigen Querungsverkehr vorankommen, ohne ständig „Rücksicht“ auf querende Fußgänger, parkende Fahrzeuge und offensichtlich unfähige Verkehrsplaner nehmen zu müssen wie am Wall.

    Am sichersten ist für Radfahrer noch die Straßeninfrastruktur, wo die Stadt Wuppertal in den vergangenen 40 Jahren noch keine Maßnahmen „für den Radverkehr“ unternommen hat. Deshalb ist mir die Breslauer Straße tausendmal lieber als mit dem Rad durch das Bergische Plateau als „anderer Fußgänger“ zu fahren.

    1. Susanne Zweig sagt:

      Es kann mir niemand erzählen, dass Radfahrer und Fußgänger sich über 20 Kilometer eine 6 m breite Nordbahntrasse teilen können und in Wichlinghausen eine zig Meter breite Wiese einen unlösbaren Konflikt auslöst.
      Dass das Amt 104 gerne Gefahrenlagen schafft, um anschließend Maßnahmen gegen den Radverkehr begründen zu können, kommt nicht nur in Wichlinghausen vor. Was davon Inkompetenz und was böse Absicht, was politisch gewollt und was verwaltungsintern vermurkst ist, mag ich nicht mehr nachvollziehen.
      Mitten auf Wuppertals bekanntestem Radweg einen Kampf gegen Radfahrer zu führen, so dass sich eine Umfahrung über die Breslauer Straße lohnt (danke für den Tipp, probiere ich aus), lässt sich mit Weitsicht aber nur schwer erklären…

      1. N. Bernhardt sagt:

        Diverse Unfälle auf der Nordbahntrasse durch querende Fußgänger und Radfahrern, die sich teilweise aus dem Staub gemacht haben, bezeugen durchaus einen Konflikt.

        Der Gehweg mit „Radfahrer frei“ am Bergischen Plateau ist bestenfalls 2,50m breit und immer noch ein Gehweg. Er zwingt Radfahrer nach StVO zu ständiger Rücksichtnahme und zum Langsamfahren.

        1. Susanne Zweig sagt:

          Ja klar, ein bedarfsgerecht bemessener Fuß- und Radweg garantiert ja keine Unfallfreiheit.
          Natürlich kann die Stadt auch hier einen Spielplatz mittig auf die Trasse bauen und dann feststellen, dass vom Radverkehr eine Gefahr für schaukelnde Kinder ausgeht.
          Wer das hohe Unfallrisiko durch bedrohlichen Radverkehr scheut, sollte die Nordbahntrasse generell meiden und sich mit seinem Dackel wie 2007 wieder entspannt auf der Berliner Straße vom Lkw streifen lassen.

  2. Mama sagt:

    Das „Schrumpfen“ des 4 m breiten Weges das bergischen Plateaus auf „Radfahrer frei“ Radfahrern zu verdanken, welche seit zwölf Jahren rücksichtslos, immer wieder Kinder anfahren und nicht mal stehen bleiben, um sich nach dem Befinden zu erkundigen.

    1. Susanne Zweig sagt:

      Man kann keinen Radschnellweg mitten über eine belebte Spiel- und Fußballwiese führen und sich anschließend über Konflikte mit Radfahrern wundern. Das ist keine Frage von richtigem Verkehrsverhalten sondern einfach ein Planungsfehler.

  3. N. Bernhardt sagt:

    Wenn dort weiterhin regelmäßig Radfahrer auf dem Gehweg fahren, ist die Haftungsfrage gar nicht so sicher. Zumal an der STOP-geregelten EDEKA-Ausfahrt auch mit Kindern bis 10 auf dem Rad inklusive ihrer Begleitpersonen zu rechnen ist.

    Aber selbst wenn die Verkehrsbehörde Blinkleuchten und leuchtende Radsymbole im Asphalt verbaut, ändert das nichts an der bescheuerten Ampelschaltung. Denn die ist weiterhin für Tempo 50 geschaltet.

    Fährste also Richtung Wittener Straße Tmepo 50 und damit schneller als erlaubt, kommste mit der Grünphase durch. Fährste die vorgeschriebenen Tmepo 30, zeigt die Ampel die ganze Zeit Grünlicht und kurz vor Erreichen der Haltelinie den ausgestreckten Mittelfinger alias Rotlicht.

    Biegste in Gegenrichtung an der Wittener Straße rechts in Vor der Beule ab, kommste mit Tmepo 50 direkt zum Diek durch. Bei Tempo 30 starrste an der roten Ampel Löcher in die Luft.

    Das ganze Theater dürfen langsame(re) Radfahrer natürlich auch durchmachen.

    Die ganze Ampelschaltung sieht aus wie mit Absicht so sinnbefreit gemacht.

    Die gleiche Ampelspezialität gibts auf der B7: Biegste von der Morianstraße links auf die Bundesallee ab und fährst 50, zeigt die Fußgängerampel in Höhe der Bembergstraße die ganze Zeit Grünlicht. Just vor Erreichen der Wupperbrücke (ca. 50 m vor der Haltelinie) kommt der ausgestreckte Mittelfinger und die Ampel schaltet Rot. Hier sagen dann etliche Autofahrer „LMAA“ zur Ampel und fahren trotzdem durch, egal ob bei Gelb- oder Rotlicht.

    1. Susanne Zweig sagt:

      „Die Argumentation, auf dem Gehweg seien auch Rad fahrende Kinder und Fußgänger in beiden Richtungen unterwegs, auf die Autofahrer achten müssten, lassen Richter nicht gelten. Im Unterschied zu erwachsenen Radfahrenden sind Kinder und Fußgänger hier berechtigt unterwegs (AG Solingen 11 C 378/04).“
      Quelle: adfc.de/artikel/ein-irrweg-radfahren-auf-gehwegen

  4. Susanne Zweig sagt:

    Überbaut ist die Trasse nicht auf dem „Bergischen Plateau“ sondern nur auf dem Streckenabschnitt zwischen Edeka und der Firma Cleff.

    Auf dem „Bergischen Plateau“ wird der zuvor auf 4 m Breite meist befahrene Radweg Wuppertals ohne jegliche Platznot auf einen Gehweg mit Zusatzschild „Radfahrer frei“ geschrumpft. So werden Radfahrer schon mal darin geübt, Gehwegschilder weniger ernst zu nehmen.

    Anwendung findet die Übung nun an der Straße „Am Diek“, wo der Gehweg tatsächlich nicht mehr freigegeben ist. An der Unfallproblematik vor der Edeka-Ausfahrt dürfte sich daher wenig ändern. Ausnahme: Radfahrer sind nun selber schuld, weil sie ja einen Gehweg benutzen.

    Grundsätzlich spricht nichts dagegen, den dichten Radverkehr statt über den Gehweg über die Straße zu führen, wenn die Trasse überbaut ist, ein Überflieger nicht realisierbar scheint und auf der Straße dafür Tempo 30 eingeführt wird.

    Aber wie auf der Hünefeldstraße schafft es die Verkehrsbehörde leider nicht, die neue Verkehrsführung so auffällig zu gestalten und notfalls polizeilich durchzusetzen, dass sie eine Veränderung im Verhalten bewirkt.

    Nur die Haftungsfrage ist erfolgreich auf den Radverkehr abgewälzt.

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