Wie bitte? (1) Öko-Abgabe auf die eigene Ernte?
Aktuell geplante EEG-Änderung
Wenn Industrie-/Großunternehmen mit eigenen Kohle- oder Gaskraftwerken Strom erzeugen, sollen sie höchstens 1 Cent EEG-Umlage je Kilowattstunde zahlen, Privateigentümer und kleine Gewerbetreibende wären mit je 3 Cent für Eigenstrom aus einer Solar- oder Windkraftanlage dabei und Mieter sollten dafür je 6 Cent entrichten.
Allerdings: Mit unerwartet deutlicher Kritik hat der Nationale Normenkontrollrat (NKR) in einer Stellungnahme vom 4. April den Gesetzentwurf des novellierten EEG an das verantwortliche Bundeswirtschaftsministerium zurückgewiesen: „Mit Blick auf den vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Erneuerbare- Energien-Gesetzes stellt der Normenkontrollrat fest, dass die Anforderungen an eine hinreichende Abschätzung und Darstellung der Gesetzesfolgen entsprechend den Bestimmungen des NKR-Gesetzes nicht erfüllt sind.“
Podiumsdiskussion des Bündnis Unsere Stadtwerke zum Thema Energie
Angesichts der am 25.05.2014 anstehenden Kommunalwahl hatte das Bündnis Unsere Stadtwerke (BUS) zu einer Podiumsdiskussion in die Färberei eingeladen, wo Bürger/innen Kommunalpolitiker zum Thema WSW/Energie befragen konnten. Insbesondere angesichts der kontroversen Diskussion um eine zukunftsfähige und – für alle – bezahlbare Energieversorgung – auch in Wuppertal – machte diese Veranstaltung Sinn und war auch entsprechend gut besucht. Auch die Eigenstrom-EEG-Umlage wurde dort kontrovers diskutiert.
Der vom Podium erfolgte Hinweis auf die „generöse Förderung der Offshore-Windkraft“ durch die EEG-Novelle (Erneuerbare-Energien-Gesetzesänderung) gibt Anlass, dieses komplexe Thema erneut im Gesamtkontext zu betrachten:
Warum EEG?
Die EEG-Umlage ist eingeführt worden durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), um für damals – da „selten“ – noch sehr teure Anlagen, die aus erneuerbaren Quellen wie z. B. Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme Strom erzeugen können, die Markteinführung zu ermöglichen. Der aus diesen Anlagen erzeugte und ins öffentliche Stromnetz eingespeiste Strom sollte über einen Zeitraum von 20 Jahren mit einem festen Betrag (Einspeisevergütung) an den Eigentümer vergütet werden.
Finanzierung der Einspeisevergütung
Gezahlt werden sollte diese Vergütung von allen Stromverbrauchern per Umlage (EEG-Umlage) – also nicht wie die Förderung und Subvention der bisherigen Energieerzeugung aus Steuergeldern. Transparent für alle sollte dies zudem auf der Stromrechnung gesondert ausgewiesen werden. Eine der EEG-Umlage von aktuell 6.24 Cent je Kilowattstunde (ct je kwh) entsprechende „konventionelle Energien-Umlage „würde ca. 10 ct je kwh betragen (Quelle: Forum für ökologische Marktwirtschaft). Auch die nicht im Strompreis enthaltenen – und somit für Verbraucher nicht erkennbare Kosten ermittelte das Institut für 2012: Förderwert EEG: 13 Mrd.€, Zusatzkosten konventionelle Energien: 40 Mrd. €)
Vorrang für Erneuerbare
So sollten immer mehr Anlagen gebaut und Strom erneuerbar erzeugt werden. Im Netz sollten Sonnen- und Windstrom Vorrang haben vor Atom- und Kohlestrom – eigentlich klug gedacht!
Wettbewerb macht Solaranlagen preiswerter
Mit dem Zubau von immer mehr Erneuerbare Energien-Anlagen konnte dieser Strom immer günstiger erzeugt werden. (Die aktuellen Preise betragen in Cent je kwh für Atom: 31-55, Öl: 27-30, Kohle 15-16, Gas 11-15, Sonne: 10-9 und Wind: 7-6) An sonnigen und windigen Tagen kann ein immer größerer Anteil des Strombedarfs erneuerbar gedeckt werden – also alles gut? Leider nein!
Was lief verkehrt?
Die Gründe sind vereinfacht dargestellt:
1. Mehr regenerativer Strom – aber ohne Netzertüchtigung & Speicher
Viele zusätzliche Photovoltaik-Anlagen erzeugen viel Mehr Strom – so dass Deutschland als derzeit herausragender Nettoexporteur z.B. im Jahr 2012 ca. 100 Terrawattstunden Strom in die angrenzenden Nachbarländer exportiert und/oder durch deren Netze umgeleitet hat. Diese erheblichen Stromüberkapazitäten drohten die vorhandenen inländischen und zeitweise auch die Nachbarnetzkapazitäten zu überlasten. „Sollte die Energiewende trotz den neuerlichen politischen Bremsversuchen weiter fortschreiten, wäre das Abschalten von Grundlastkraftwerken eine Entlastung für das deutsche Stromnetz und die umliegende europäische Stromversorgung.“ (Quelle: T. Meier-Staude, Team Energie neu denken)
Zudem sind einerseits die heutigen Netze nicht für Einspeisung auf der Verteilebene ausgelegt, müssen also ertüchtigt werden. Andererseits gibt es bei den (Übertragungs- und Verteil-)Netzen insgesamt auch einen erheblichen Investitionsstau, so dass diese Netze ohnehin überholt werden müssten! Dann könnte man sie doch auch direkt intelligent (smart) machen!
2. Befreiung energieintensiver Betriebe von der EEG-Umlage
Zur Entlastung energieintensiver Betriebe, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollten diese von der EEG-Umlage befreit werden. Durch immer weitere gesetzliche Ausnahmereglungen erhöhte sich die Anzahl der befreiten (Groß)Unternahmen sprunghaft Die Solidargemeinschaft reduzierte sich damit auf private Verbraucher und kleine/mittlere Unternehmen – ein maßgeblicher Grund für die quasi Verdoppelung der EEG-Umlage für die dort verbliebenen (noch) nicht von Ausnahmeregelungen Begünstigten.
Aktuell ist unsicher, ob die Privilegien sogar noch ausgeweitet werden sollen, womit die EEG-Umlage auf noch weniger (Normal)Verbraucher umgelegt würde, für diese also weiter steigen würde.
Genau das Gegenteil aber wäre sinnvoll: „2,6 Mrd. € würden die Stromverbraucher sparen, wenn wenigstens die Kohle- und Atomkraftwerke an der Umlage beteiligt würden. Sie benötigen nämlich viel Energie für Förderbänder oder Pumpen, um Strom zu produzieren. Die konventionellen benötigen insgesamt sechs Prozent des in Deutschland produzierten Stroms. Für diesen sind sie aber von den allgemeinen Leistungen befreit. Die Umlage würde lt. Energy Brainpool sofort von 6,24 auf 5,5 Cent fallen.“ (Quelle: T. Meier-Staude, Team Energie neu denken)
3. CO2-Zertifikate verfehlen das Ziel der Marktsteuerung
Ergänzend dazu sollte klimaschädliche Stromerzeugung aus Kohle durch CO2-Zertifikate kompensiert werden, d.h. die Umwelt zu belasten sollte teuer und damit unattraktiv werden.. Allerdings wurden/werden diese Zertifikate erheblich zu preiswert angeboten, so dass es den Kohlestrompreis nicht wesentlich verteuert.
4. Luxus: Förderung zweier Energiesysteme
Deutschland leistet sich derzeit zwei Energiesysteme – und fördert beide: neu und alt!
Die inzwischen ca. 25% an der deutschen Stromerzeugung ausmachenden Erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen erzeugen Strom zu transparenten Preisen, abgasfrei und verursachen keine Rohstoff(Import)- und Transportkosten. Neue hocheffiziente Gas- und Dampfkraftwerke aber stehen still, da Gas zwar umweltfreundlicher ist, aber preislich an der Börse keine Chance gegen die – vermeintlich – preiswertere Kohle hat.
Gleichzeitig ist die Kohlestromerzeugung so hoch wie noch nie. Zu den Rohstoff(Import)- und Transportkosten kommen versteckte Förderungen und Subventionen sowie irgendwann gesamtgesellschaftlich zu tragende Umwelt- und Krankheitsfolgekosten.
Nach der Abschaltung von deutschen Atomkraftwerken gab es hier nicht die prognostisierten Energieengpässe Auch nach dem Atomausstiegsgesetz aber bleiben zudem Ewigkeitskosten und die Endlagerfrage weiterhin ungeklärt, die aber ebenfalls – irgendwann – gesamtgesellschaftlich getragen werden müssen.
Eine von Energiekommissar Öttinger in Auftrag gegebene Studie ergab, dass in der EU die Energieträger in 2012 mit über 200 Mrd. € gefördert wurden (Erneuerbare: 30 Mrd., Kernkraft: 35 Mrd., Kohle/Gas: 40 Mrd., gesundheitliche Folgeschäden: 130 Mrd.).
5. Angebot und Nachfrage senken Börsenpreis
Angesichts dieses Strom-ÜBERANGEBOTS fiel der Börsenpreis auf historische Tiefstände. Dies belastete die Kalkulation von Betreibern konventioneller Kraftwerke ebenso wie die EEG-Umlage, da sich diese aus dem an der Börse erlösten (immer weiter fallenden Preis) und der für 20 Jahre gesetzlich zugesagten Vergütung errechnet.
Wie geht es nun weiter?
Klar ist: Die Erneuerbaren Energien sind NICHT die Kostentreiber, als die sie in der Presse oft dargestellt werden. Vielmehr ersetzen sie die konventionellen Energieträger mit deutlich höheren – intransparenten – Kosten für die Gesamtgesellschaft.
Zentrale Energiewende: Bringen Subventionen auch Investitionen?
Vielleicht, aber sicher bergen sie auch deutlich mehr Risiko!
Nachdem immer mehr Firmen/Konzerne aus dem Sonnenstromprojekt Desertec ausgestiegen sind, stellt sich diese Frage nun für die Offshore-Windenergie. Auf den ersten Blick könnte es „generös“ sein, da Offshore-Windstrom deutlich besser vergütet wird als an Land erzeugter Windstrom – ABER: Windkraft vom Meer ist noch nicht erforscht – weder für die Natur/Umwelt noch für das Material selbst. Zudem wirken durch Wind, Wellen und Wetter völlig andere Kräfte auf die Anlage als an Land und erschweren möglicherweise dann auch Zugang und Schutz der offshore-Windkraftanlage, die nicht nur höchst risikoreich sondern auch kostenintensiv ist. Auch wären für dort erzeugte Strommengen deutlich stärkere Stromautobahnen nötig, die erst neu gebaut werden müssten. Neue Trassen finden aber kaum Akzeptanz und sind teuer! Wie die bisherigen Übertragungsnetze wären auch diese gesamtgesellschaftlich aus Steuergeldern zu bezahlen.
Dezentrale Energiewende: Bringen Subventionen auch Investitionen?
Ja, inzwischen finden sich erfolgreiche Praxisbespiele dazu z.B. im aktuellen newsletter von deENet ….:
Bsp.-1: Förderprogramm Klimaschutz Niestetal
effiziente Neubauten und 150 Bestandsbauten bezuschusste die Gemeinde mit 250.000 €. Bürger/innen investierten ca. 3 Mio. €, so dass jeder Euro Fördergeld 11 weitere Euro Investitionen auslöste.
Bsp-2: Altbausanierungsprogramm Bad Hersfeld
hier sprachen sich ca. 2/3 der befragten Haushalte für die Energieberatung vor Ort aus – umgesetzte Maßnahmen bezuschusste die Gemeinde mit 490.000 €. Bürger/innen investierten ca. 6 Mio. € in lokale und regionale Wirtschaft, ca. 80 % davon verblieben in einem Umkreis von bis 30 km. .
(Quelle: www.deenet.org)
Die überzeugenden Vorteile dezentraler Energieerzeugung sind kurze Wege ohne Leistungsverluste, Unabhängigkeit, stabile Preise, Teilhabe der Bürger/innen vor Ort, die in gemeinschaftliche Anlagen investieren – das schafft lokale Sachwerte und Identifikation, Mitsprache und Mehr Lebensqualität.
All diese Investitionen und das EEG bringen weitere handfeste Vorteile, nämlich Wertschöpfung – auf kommunaler, Landes- und Bundesebene: Aufträge an Handel, Handwerk und Dienstleister, qualitative Arbeitsplätze, innovative Impulse und Arbeitsplätze, Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer.
Das EEG macht Pionieren Mut!
In Norddeutschland wird heute z.T. deutlich mehr Strom erzeugt, als dort verbraucht wird. Das war nicht immer so. Auch damals gab es dort kräftigen Gegenwind. Langst ist das Vergangenheit, und Deutschland spielt(e) im Windkraftanlagenbau in der ersten Liga. Auch davon profitieren NRW und die bergische Region, wo traditionelle Produktionsbetriebe ihre Nische entdeckt und sich etliche Zulieferbetriebe neu niedergelassen haben. HIER produzieren sie, schaffen Arbeitsplätze, zahlen Steuern und schaffen so regionale Werte!
„Drei mal Drei…“ – führt dieser Dreiklang zum Erfolg? Ja!
Energie einsparen + effizient nutzen + erneuerbar vor Ort erzeugen!
Neue Projekte und unser Handeln sollten wir endlich ganzheitlich ausrichten,
d. h. ökonomisch + – gleichwertig – auch ökologisch + sozial bewerten. Negativfolgen aus verbrauchter Natur, Umweltbelastungen und Finanzierung von Energiearmut aus Transferleistungen kosten sehr viel Steuergeld!
Politik ist kein Selbstzweck sondern dient dem Wohle aller – so sollte es jedenfalls sein! Gemeinwohl als gemeinsames Ziel – mit frühzeitiger Beteiligung aller: Politik/Verwaltung + Wirtschaft/Forschung/Wissenschaft + Bürger/innen.
So kann die Energiewende gelingen – einfach, ehrlich, gerechter, sozialer – auch in Wuppertal, NRW, Deutschland, Europa und weltweit!
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