Radverkehr: Umweltbilanz blendend, Infrastrukturbilanz düster

Sicherheit beim Radfahren ist zentraler Faktor – Nur mit durchgehender und sicherer Radinfrastruktur erreicht man einen hohen Radverkehrsanteil

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Kennen Sie schon die neue Radschnellverbindung nach Düsseldorf? Nun, die geplante Route führt landschaftlich schön und laut mal über, mal unter, mal links und mal rechts an der A 46 entlang und schwenkt dann am Unterbacher See nach Norden. [1] Im Vergleich zu einer Router parallel zur S 8 und RE 4 verplempert man so Energie für knapp fünf Kilometer bis zum Düsseldorfer Hauptbahnhof. [4]

Nur sichere und direkte Radverbindungen von Haus zu Haus überzeugen

Eine neue Studie von Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe bestätigt die Auffassung, daß nur sichere und direkte Radverbindungen von Haus zu Haus wirklich auch den letzten Zweifler überzeugen, auf das Rad umzusteigen. Studienleiter Claus Doll wird im DLF [2] zitiert: „Es kommt nicht wirklich nur auf die Kilometerzahl der Radwege an, sondern dass die auch von Tür zu Tür durchgehend befahrbar sind, ohne dass man die Straßenseite wechseln muß. Das man absteigen muß. Dass man unübersichtliche unangenehme Kreuzungen überwinden muß.“

Es gibt viele Menschen, die bereit wären, auf das Rad umzusteigen. Denen aber die bestehende Infrastruktur zu zerklüftet und unsicher ist. Punkt. So sieht es auch Martin Lanzendorf, Mobilitätsforscher an der Frankfurter Goethe-Universität, im DLF-Interview.

Eigentlich hat das Fahrrad im Stadtbild eine gute Umweltbilanz. Es produziert kein CO2, keine Stickoxide, macht keinen Lärm und geht ressourcenschonend mit unserem Planeten um. In Lanzendorfs Studie zum Radverkehr in Großstädten fällt auf, daß sich der Anteil des Radverkehrs dort zwischen 2002 und 2017 beinahe verdoppelt hat – allerdings haben in der Zeit die Städte nicht besonders viele Radwege gebaut und beweihräuchern sich unter Umständen selbst, wenn sie diesen „Erfolg“ mit ihren Untaten in Verbindung bringen.

Gerade in Wuppertal ist die einzige durchgehende und kreuzungsfreie Radwegeverbindung zwischen Homanndamm und Breslauer Straße auf reine Privatinitiative zurückzuführen.Westlich davon schließt eine offizielle Radroute über hunderte Meter Park&Rail-Fläche mit Ein- und Ausparkverkehr an, im Osten über den Unfallschwerpunkt Am Diek/Vor der Beule.

Wuppertal: Infrastrukturapokalypse

Sonst: Infrastrukturapokalypse. Das westliche Ende der Luisenstraße ist bis heute nicht ampelgeregelt und führt holperdipolter über Pflastersteine zur „Fahrradstraße“, die faktisch eine Fußgängerzone mit Autoverkehr ist, an der kein Begegnung Auto/Rad ohne Gefahr oder Abbremsen und Ausweichen möglich ist. Der irgendwann nach Osten anschließende Hochbord-/Gehwegradweg Hofkamp ist etwa 40 Jahre alt. Die Verkehrsströme haben dank parkender Fahrzeuge keinen Sichtkontakt, der Weg ist schmal. Am Hardtufer spielen Radfahrer nach Osten „die anderen Fußgänger“ (Gehweg mit Radfreigabe), die nach Westen werden im Sekundentakt und Zentimeterabstand überholt, weil man es nicht für nötig hält, hier das Tempolimit von 30 km/h der Hünefeldstraße beizubehalten.

Und die lebensbedrohliche Freigabe gegen Einbahn auf 3,90 m Hünefeldgäßchen hat ja wohl mit sicher und sauber gar nichts am Hut. Wer dann fünfmal abgebogen ist, findet vielleicht die Fortsetzung Unterdörnen. Eine super Idee bei den ganzen Supermärkten mit all ihren Ein- und Ausfahrten, hier eine Radroute gegen Einbahn hinzubauen.

Ansonsten: Flickwerk. Mindestmaße statt Regelbreite (z.B. die etwa 100 Meter Hochbord östlich Brausenwerth an der B 7). Zugeparkt: Ordnungsamt ahndet zugeparkte Radwege wie auf der Westkotter Straße offenbar nicht. [3]

Nur eins ist sicher: Eine sichere und durchgehende Radinfrastruktur ist das nicht.

Quellen und Verweise:

[1] Maßnahmenkonzept gesamtstädtisches Mobilitätskonzept, für viel Geld erstellt, VO/0480/24,
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=31674

ein Radweg ohne links, rechts, hoch und wieder runter.

[2] Eurobike: Was Radfahren fürs Klima bringt, DLF, ein Beitrag von Judith Kösters vom| 03. Juli 2024, 11:41 Uhr, https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2024/07/03/eurobike_was_radfahren_fuers_klima_bringt_dlf_20240703_1141_a02855c2.mp3

[3] Wuppertaler Rundschau, Leserbrief „Irgendwer muss doch hier reagieren“, 03.07.2024 , 11:30 Uhr
https://www.wuppertaler-rundschau.de/-115515985

[4] Rad, schnell gut: Kreuzungsfreie Direktverbindungen fürs Rad nach Düsseldorf und Hagen.

Geplante Radinfrastruktur buten und binnen Wuppertal – gern, schnell, gut?

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Kommentare

  1. Susanne Zweig sagt:

    Ich glaube wenig an die Wirkung von Runden Tischen oder heroischen „Fahrradstadt“-Beschlüssen. Solange es im Verkehrsressort weder spürbares Interesse noch Kompetenz für brauchbare Radverkehrsführungen im Alltag gibt, geht es so weiter.
    Aktuell kann man am Ende der Heinrich-Heine-Straße nahe Sonnborn zwei neue Umleitungsschilder für den Radverkehr in Schwarz auf Gelb bestauen.
    Das eine führt auf kürzestem Weg nach „Sonnborn“, das andere ähnlich direkt zur „Nordbahntrasse“. Grund kann eigentlich nur eine neue Baustelle unter der Schwebebahnstation Hammerstein sein, die weder auf dem Weg nach Sonnborn noch auf dem Weg zur Nordbahntrasse liegt. Für den Radverkehr gesperrt ist sie auch nicht.
    Was immer gemeint ist – es staunt der Ortsfremde und der Wuppertaler wundert sich.
    Die unbrauchbare Umleitung und zahlreiche „Radweg-Enden“ an unmöglicher Stelle lassen aber ein größeres Bauprojekt erwarten…

    1. N. Bernhardt sagt:

      Herr Meyer wurde ja gerade mit warmen Worten und einem Blumenstrauß verabschiedet. Uns hat er unterdessen einen Haufen Chaos hinterlassen, um dessen Nachfolger sich zunächst kümmern „darf“.

      Das ist namentlich verkehrsgefährdende Anordnungen („Rad“-Multifunktionsweg Wall, rechtswidrige Einbahnfreigabe Friedrichstraße, verkehrsgefährdende Einbahnfreigabe Hünefeldstraße) und der Arbeits- und Verkehrs-Stau um Loher- und Schönebecker Straße.

      Inwiefern eine Korrektur überhaupt möglich ist, wird sich an Projekten zeigen, wo Zuschüsse aus Steuermitteln zum Fenster hinausgeworfen wurden und damit für die nächsten 25 Jahre zweckgebunden sind.

      1. Susanne Zweig sagt:

        Eine regelmäßige Kontrolle der Baustellen wäre ein Anfang: Radweg-Ende-Schild mit stufenlosem Fahrbahnübergang davor, Radweg-Anfang-Schild mit stufenlosem Radwegübergang dahinter. Ist wohl nicht zuviel verlangt.

  2. Ja, dieser Hickhack muss aufhören.

    Als erstes muss die Stadt den Beschluss zur Fahrradstadt zurücknehmen und einen Beschluss zum Verkehr im Umweltverbund geschlossen werden. Keine Rad-Hinterzimmer-Politik mehr, zu Ungunsten von ÖPNV und Fußgängerverkehr. Siehe Unterdörnen, wo auf einen Schulweg Zebrastreifen wegfallen sollen oder – wie im Bild zu sehen – Fußwege auch 80cm schrumpfen.

    Es muss endlich den Runden Tisch Nahemobilität geben.

    1. ÖPNV, Rad- und Fussverkehr hätten mehr eventuell die Macht den Status quo aufzubrechen und für mehr Verkehrsgerechtigkeit und eine gerechtere Platzverteilung zu sorgen.

      Mehr Radverkehr wäre super, ist aber nicht die alleinige Lösung unseres Verkehrsproblems. Nicht jeder will, schlimmer noch kann Radfahren. Deshalb ist es wichtig die Mobilitätsformen zu fördern, die die Mehrheit der Bevölkerung nutzen kann und das sind ÖPNV und Fußgängerverkehr. Dann kann eines Erachtens gerne der Radverkehr folgen. Allerdings räumlich getrennt von den Fußgängern und ohne den ÖPNV auszubremsen.

      1. N. Bernhardt sagt:

        Vor allem ist die sichere Infrastruktur für Radfahrer gar nicht vorhanden, Nicht nur hat man verpennt, sichere Infrastruktur zu bauen. Schlimmer. Man hat völlig ungeeignete und damit unsichere Radwege auf die Straße gemalt oder „Fahrradstraßen“ angeordnet, die von allen, nur nicht Radfahrern sinnvoll genutzt werden können. Ob das nun die Luisenstraße ist oder das Tönniesgäßche am Ar… der Welt.

  3. N. Bernhardt sagt:

    Wenn da unbedingt ein Radfahrstreifen hin muß, müssen die Parkplätze nördlich der Trasse eben entfallen. Der Gehweg ist ab der Stelle neben dem unzureichend breitem Parkstreifen lächerhafte 1,20 m breit.

    Wenn die Fahrbahn breiter als die 2,25m Mindestmaß wie am Hardtufer sind, finde ich das persönlich sogar sehr gut. Dann haben Autofahrer nämlich genügend Platz, um beim Überholen den nötigen Seitenabstand zu halten.

  4. Susanne Zweig sagt:

    Dem Ordnungsamt würde ich an der Westkotter Straße keinen Vorwurf machen.
    Der Parkstreifen ist geschätzt max. 1,50 Meter breit. Bevor es den Radweg gab, werden die Autos vermutlich schon teils auf der Fahrbahn gestanden haben. In diesen Parkstreifen hinein wurde nun der Radfahrstreifen gebaut – mit minus 0,5 Meter Abstand zum Parkverkehr. Die Fahrspur ist dafür überbreit. Finde den Fehler…
    Geld für Radwege ist also da. Jetzt bräuchten wir noch Kompetenz.

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