22.11.2024N. Bernhardt
Schwimmoper: „Eine der schönsten Schwimmhallen überhaupt“
Vergangene Woche fanden in der Schwimmoper auf dem Johannisberg bereits zum zehnten Mal die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften statt. [1] Dort schwärmt Volkmar Schwarz, Geschäftsführer Stadtsportbund im WDR-Interview: „Alle, die schon weltweit rumgekommen sind sagen: ‚Eine der schönsten Schwimmhallen überhaupt.‘“
Die politische Geschichte um das Hickhack bis zur Renovierung
Das war aber nicht immer so. [2] Wuppertal-typisch wurde das Stadtbad bis Ende der 90er vernachlässigt und über zehn Jahre lang um eine Finanzierung gefeilscht. Geld war lieber für andere Dinge da. Am Ende belief der Investitionsstau auf 20 Millionen DM.
Zeitlich passend brannte das Schwimmsport-Leistungszentrum auf Küllenhahn ab – da verwenden wir doch am besten die Versicherungssumme von etwa 30 Millionen DM für die Schwimmoper, oder? – Leider waren 41.000 Wuppertaler per Bürgerbegehren dagegen, und das Leistungszentrum wurde wieder aufgebaut.
Um die Jahrtausendwende geisterten die ersten Döppersberg-Pläne durch die Medien: die ständigen Staus am Verkehrsknotenpunkt sollten beseitigt, die in alle Himmelsrichtungen verstreuten Bushaltestellen zentral zusammengefaßt werden. Für mehrere Millionen Euro wurde ein Werkstattverfahren durchgeführt: mit dem Gummi- über dem Hauptbahnhof mit Wink nach Chur [3], die Bahnverwaltung sollte als „Science-Center“ und die Schwimmoper als „Space-Center“ herhalten. [4]
Konkret wurde für die Schwimmoper Anfang 2001 ein Investorenwettbewerb durchgeführt. Von drei eingegangenen Vorschlägen befaßten sich zwei mit dem Betrieb als Schwimmbad – Politik und Oberbürgermeister waren abder ganz wild auf den dritten Entwurf eines „Space-Centers“: ein Stadtpalais mit Geschäften und einem Aerospace-Center. Ende 2001 wurde dann wiederum beschlossen, per Gutachten zu prüfen, ob die Schwimmoper wirklich nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.
Nachdem der Rat im November 2002 noch den Neubau eines Stadtbades auf der Talachse beschließt und dafür das Kurbad in Barmen geschlossen werden soll (weil sanierungsbedürftig wie die Schwimmoper), gehen noch einmal fast zwei Jahre ins Land. Im Februar 2004 beschließt der Stadtrat endlich(!) die Sanierung der Schwimmoper. Das Bad wird Ende April 2007 geschlossen und nach der Renovierung für 16,6 Millionen Euro am 12. April 2010 wiedereröffnet.
Döppersberg: Kosten hui!, Nutzen pfui
Der Döppersberg hat eine ähnlich lange Historie. Nachdem die ersten Döppersberg-Ideen samt Werkstattverfahren in der Versenkung verschwunden sind, folgt eine Politik des Abwartens. Was dann für rund 170 Millionen Euro gebaut wird, hat mit dem ursprünglichen Gedanken eines leistungsfähigen Verkehrsknotenpunktes nichts mehr zu tun: Dank zusätzlicher Umleitung des Nord-Süd-Verkehrs auf die Ost-West-Achse haben wir mehr Staus und dadurch Abgasemissionen als je zuvor. [5]
Reminiszenz Busautobahn Wall: „wird ja zurückgebaut“
Mit der Döppersbergbaustelle kam 2013 auch der Umbau des Walls zur mehrspurigen Busautobahn. Wuppertaler wurden damals vertröstet, das würde ja später „zurückgebaut“, es sei ja schließlich auch ein autofreier Neumarkt geplant. Irgendwann halt.
Nicht nur hat Wuppertal –natürlich!– für einen verkehrssicheren Wall kein Geld, vielmehr hat man auf der Busspur Richtung Süden, die einst größtenteils Gehweg war, noch einen Radweg aufgemalt. Der –natürlich!– von allen möglichen Fahrzeugen befahren und von allerlei Fußverkehr gequert wird. Der Alibi-Radweg ist damit eine vorzüglich geschaffene Gefahrenlage, in der entweder der Fuß- oder der Radverkehr oder beide den kürzeren ziehen. [6]
Foto: Der aufgepinselte „Radfahrstreifen“ am Wall als vorsätzliche Verkehrsgefährdung. Schafft Gefahrenlagen, statt vorhandene zu beseitigen. Gehwegbreite entspricht seit dem „temporären“ Döppersberg-erzwungenen Ausbau des Walls zur Busautobahn nicht den Richtlinien (RASt, Mindestbreite 5 m Innenstadt mit Geschäften und Schaufenstern). Die Position des Radfahrers mit der sich dort Regenrinne entspricht der alten Gehwegbreite. Daß Regenrinnen und Kanaldeckel mitten auf einem Radweg unzulässig sind, interessiert dann eh nicht mehr.
Foto: Der Wall in seiner vollen Gehwegbreiten-Pracht: Fußgänger müssen nur eine Fahrspur mit Fahrzeugverkehr aus EINER Richtung queren. Der Gehweg ist breit genug zum Flanieren, ohne wegen Überfüllung krampfhaft auf die Fahrbahn ausweichen zu müssen.
Angesichts der Geschichte Wuppertals als „Bergisch Sizilien“ [7], den Nothaushalten mit den halbseidenen Cross-Border-Leasings von Kanalnetz und Müllverbrennungsanlage, Verkauf von einem Drittel der Gas-Wasser-…-Stadtwerke AG (ohne die verlustbringende Transportsparte), dem überteuerten Konsum-Döppersberg anstatt des leistungsfähigen Verkehrsknotens etc. pp. sollte sich Verwaltung und Politik äußerst gut überlegen, ob solche „Leuchtturmprojekte“ wie BUGA und Bauschzentrum sinnvoll und finanzierbar sind.
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Hin- und Verweise
[1] Deutsche Kurzbahnmeisterschaften, Wikipedia,
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Deutsche_Kurzbahnmeisterschaften&stable=0#%C3%9Cbersicht
[2] Hinrich Heyken: 85 Jahre Wuppertal. Stadtchronik 1929-2014, hier insbesondere interessant die Seiten 174, 177, 187 und 201.
http://stadtgeschichte-wuppertal.de/hheyken_bilder/heyken_stadtchronik%201929-14.pdf
[3] Bild vom Busbahnhof in Chur (Schweiz):
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Churer_Busbahnhof_Postauto_Schweiz.jpeg
[4] Hinrich Heyken: Verkehrsplanung in Wuppertal nach 1929. „Der Ring schließt sich.“. Besonders interessant „Projekt Döppersberg“ ab Seite 34:
http://stadtgeschichte-wuppertal.de/hheyken_bilder/heyken_verkehrsplanung_wuppertal_nach_1929.pdf
[5] Zu den Unzulänglichkeiten des Döppersbergs siehe auch:
Ja, wo ist den die vom Rat beschlossene Grünfläche mit Taxennachrückplatz⁈
[6] Vergleiche zum Lebensmüde-Radweg Wall:
[7] „Bergisch Sizilien“ wird erläutert in:
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/die-koche-aus-bergisch-sizilien-916873.html
https://de.wikipedia.org/wiki/GWG-Skandal
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