Tacheles PM: Stadt spart rechtswidrig bei Mietkosten von Erwerbslosen

In mehreren Entscheidungen hat das Sozialgericht Düsseldorf die Wuppertaler Sozialverwaltung zur Zahlung höherer Mieten verurteilt.

Das Gericht wirft der Verwaltung  vor, dass die Mietobergrenzen nicht nach einem »schlüssigen Konzept« ermittelt werden, so wie es das Bundessozialgericht vorschreibt. Die herrschende Rechtsprechung zur Übernahme der Mietkosten von Sozialleistungsbeziehenden wird sowohl vom Jobcenter als auch vom Sozialamt der Stadt ignoriert. Tacheles e.V. fordert die Wuppertaler Sozialbehörden auf, diese rechtswidrige Praxis, mit der offensichtlich der städtische Haushalt entlastet werden soll, unverzüglich zu beenden. Betroffenen rät der Verein, sich mit Rechtsmitteln zu wehren. 

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Bezieher/innen von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe zum Lebensunterhalt haben einen Anspruch auf Übernahme angemessener Unterkunftskosten. Nach herrschender Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind die Kommunen verpflichtet, ein sogenanntes »schlüssiges Konzept« zu erstellen. Mit diesem soll in einem transparenten und nachvollziehbaren Verfahren eine angemessene Mietobergrenze festgelegt werden. So soll u.a. sichergestellt werden, dass die Kommunen ausreichende, sozial ausgewogene  Mietobergrenzen bestimmen und nicht zu Lasten von Leistungsbeziehenden sparen.

Die Wuppertaler Sozialverwaltung erkennt derzeit für Wohnungen bis 95 m² eine Quadratmetermiete von 4,85 € als angemessenen an. Das ergibt bei einem alleinstehenden Leistungsbeziehenden, bei  dem bis zu 50 qm als angemessen gelten,  eine  Grundmiete von bis zu 245,50 €. Liegt die tatsächliche Miete darüber, müssen die Betroffenen in eine billigere Wohnung umziehen oder den Differenzbetrag aus ihren Leistungen zum Lebensunterhalt bestreiten. Das Düsseldorfer Sozialgericht hält dagegen eine Grundmiete von 5,86 € pro m² für angemessen. Bei einer alleinstehenden Person müssten demnach um  gut 50 € höhere Grundmieten als angemessen anerkannt werden.

Eine Auswertung der aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit ergibt, dass alleine im Bereich des Jobcenter Wuppertal jährlich über 3 Mio. Euro zu wenig Mietkosten (inklusive Neben- und Heizkosten) an Leistungsbeziehende ausgezahlt werden. Hinzu kommen die rechtswidrig „eingesparten“ Umzugs-, Renovierungskosten und Mietkautionen, die versagt werden, weil die neu bezogenen Wohnungen angeblich unangemessen teuer sind. Dabei versuchen Sozialverwaltung und Jobcenter die rechtswidrige Praxis der Übernahme von Mietkosten mit allen Mitteln zu verschleiern: Anfragen im Jobcenter-Beirat und Sozialausschuss sowie ein Auskunftsersuchen von Tacheles e.V. zum Thema Unterkunftskosten wurden unvollständig, ausweichend  oder gar nicht beantwortet.

„Das ist ein skandalöser Zustand, hier werden systematisch Hartz IV- und Sozialhilfeempfänger vom Jobcenter und Sozialamt betrogen“ bringt Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles e.V. die Sache auf den Punkt. „Wir erwarten, dass die Wuppertaler Verwaltung unverzüglich die örtliche Richtlinie der Unterkunftskosten rechtskonform ausgestaltet und die Angemessenheitswerte um den 1,01 EUR angepasst wird“, fasst Thomé die Forderungen von Tacheles zusammen. 

Da Tacheles davon ausgeht, dass die Stadt die Korrekturen nicht freiwillig durchführen wird, ruft der Verein die Betroffenen auf, Rechtsmittel einzulegen, wenn die Miete nicht in voller Höhe übernommen wird.

„Hier ist jetzt Handeln gefragt, wer sich wehrt hat gute Chancen Geld zurück zu bekommen und im konkreten Verfahren höhere Mieten bei Gericht erstreiten zu können. Wir fordern die Betroffenen, auf ihre Sache in die Hand zu nehmen und jetzt aktiv zu werden. Ebenfalls fordern wir Beratungsstellen, Wohlfahrtsverbände und Anwälte auf, die  rechtswidrige Verwaltungspraxis der Stadt Wuppertal anzuprangern und die Betroffenen zu unterstützen“ fasst Thomé die Sache zusammen.

„Damit die schwierige Rechtsmaterie leichter zu handhaben ist, haben wir auf der Tacheles-Webseite entsprechende Musterschreiben veröffentlicht,“ erklärt Thomé.  „Die Chancen vorenthaltene Unterkunftskosten auch für die Vergangenheit nachgezahlt zu bekommen, stehen gut.“

Hintergrundinformationen, Urteile und die Musterschreiben sind auf der Webseite von Tacheles unter : www.tacheles-sozialhilfe.de bzw. unter http://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/1686/   ist das gesamte Material direkt auffindbar und verlinkt

Tacheles Pressemitteilung vom 20.07.2014

 

 


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