22.04.2013Buendnis Unsere Stadtwerke
„Wir möchten aufklären“ – Die WSW mobil zum Fahrplan und den Arbeitsbedingungen
Nicht zuletzt hat die Gründung des Bündnis unsere Stadtwerke, unsere Veranstaltung „Ist der Wuppertaler Nahverkehr in einer Sackgasse?“ und unser Offener Brief an den Pressesprecher der WSW, dem wir mit einer Petition zu Nachdruck verholfen haben (Vielen Dank an die Unterzeichner!), dazu beigetragen, denn Druck auf die WSW mobil GmbH zu erhöhen, damit die Bürger offen und transparent über die Lage des Unternehmens informiert werden. Dementsprechend erhielten auch wir eine Einladung und die Gelegenheit Informationen aus erster Hand zu erhalten. Bei der Politik hingegen schien der Bedarf an Information nicht sehr hoch gewesen zu sein, abgesehen vom Fraktionsvorsitzenden Der Linken und Bündnismitglied Gerd-Peter Zielezinski trugen die Stadtverordneten und Fraktionsvorsitzenden (Grüne, SPD) kaum etwas zur von Geschäftsführer Jaeger erhofften Debatte dabei.
Doch zuerst wurde die Sicht des Unternehmens auf den Fahrplanwechsel präsentiert. 10% der Leistung wurden reduziert, vor allem dort, wo eine sehr geringe Nachfrage geherrscht habe oder wo es Parallelverkehre gegeben habe. Man habe bereits während der Schulferien und verstärkt nach deren Ende die Wirkung beobachtet. Der Fahrplanwechsel sei gut umgesetzt worden und es gebe keine chaotischen Zustände. Als Kritikpunkte hätten sich die bereits vorher kritisierten Linienkürzung bei CE 61 und CE 62 ergeben, dazu die nun fehlenden Anschlussbeziehungen zum Regionalverkehr am Bahnhof Vohwinkel, da man die Busse auf die S-Bahn ausgerichtet habe. Außerdem gebe es Beschwerden, da Frühfahrten weggefallen seien und da einige wenige Menschen nicht mehr rechtzeitig zur Arbeit kämen. Darüber hinaus sei man noch mit einigen Schulen wie der Waldorf-Schule und dem Gymnasium am Kothen im Gespräch und versuche dort den Schülerverkehr (Wegfall der Linie CE61 bis auf 6 Fahrten) besser zu organisieren. Generell sei der Fahrplanwechsel gut gelaufen, man werden die Auswirkungen aber noch bis zum Sommer überprüfen.
In der Fragestunde übergab eine Vertreterin der Bürgerinitiative vom Eckbusch die von der Initiative gezählten Fahrgastzahlen der Linie 603, die nun einen Großteil der Fahrgäste der gekürzten Linie CE 62 übernimmt. Sie bemängelte eine sehr hohe Auslastung ab Wall/Museum und dass an der Haltestelle Karlsplatz mitunter Behinderte, Menschen mit Rollatoren oder Kinderwägen nicht mitgenommen werden könnten. Die ebenfalls dort Richtung Hochstraße fahrenden Linien 647, 613, 628 seien nicht so ausgelastet. Da ab der Haltestelle Friedhofskirche die 603 spürbar leerer werde, bat sie die WSW zu überdenken, ob die 603 zwischen Karlsplatz und Friedhofskirche nicht 3 Haltestellen überspringen könne, damit so die Auslastung geringer werde.
Herr Jaeger und Frau Schnake machten keine großen Hoffnungen für diese Lösung. Man habe ähnliche Überlegung im Vorfeld gemacht und fürchte bei dieser Änderung eine Überlastung der anderen Linien. Bei der 603 könne keine überdurchschnittliche Auslastung festgestellt werden, sie sei gut ausgelastet, aber nicht überlastet. Generell sei es so, dass die durchschnittliche Auslastung der Busse bei 25 % liege.
Die nächste Wortmeldung warb um eine längere Verstärkung der Fahrten in Vohwinkel um je eine Stunde morgens und abends, um die Pendler besser zu versorgen. Positiv wurde angemerkt, dass am Vohwinkler Bahnhof nun die Haltestellen-Situation übersichtlicher sei.
Frau Schnake erklärte dazu, dass man sich an den Nachfragezahlen orientiert habe und diese gestrichenen Fahrten schlecht ausgelastet gewesen seien. Es gebe auch wenig Kritik dazu. Herr Jaeger ergänzte, dass man entgegen der eigenen Erwartung keine Abwanderung und keine Kundenverluste verzeichnen könne, im Gegenteil, seit Jahresbeginn habe man über das Schnupper-Abo noch 500 Neukunden geworben. Da werde es zwar erfahrungsgemäß einige Kündigungen geben, aber ein Teil sei sicherlich gewonnen worden.
Ein letzter Vorschlag betraf die gestrichenen Sonntagsfahrten der Linien 629 und 639 in der Lüntenbeck und am Boltenberg. Statt einem AST (Anruf-Sammel-Taxi) könne man doch ein Linientaxi (Taxibus) einsetzen. Ein AST muss zusätzlich zum Abo-Ticket bezahlt werden, bei einem Linientaxi übernehmen die Stadtwerke komplett die Rechnung. Herr Jaeger erklärte dazu, dass sei eine Kostenfrage, es gebe „Dinge, die wir uns nicht leisten können“.
Damit war der Themenblock Fahrpläne abgeschlossen. Der Themenblock „Arbeitsbedingungen der Busfahrer“ wurde mit einer Erläuterung der Gehälter begonnen. Die Fahrer der VSG, inzwischen die Mehrheit bei den WSW, werde seit dem 1.4.2005 nach dem NRW-weiten Tarifvertrag TVN bezahlt. Das Einstiegsgehalt liege bei 2063,67 €. Hinzu kommen noch die Zulagen für Nacht- und Wochenenddienste und die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sowie eine Einmalzahlung im November. Durchschnittlich erhalte ein neuer Fahrer bei einer 39-Stunden-Woche 2330 € im Monat. Durchschnittlich sei ein Fahrer 7 Jahre bei der VSG und verdiene dann 2317 als Grundgehalt und mit Zulagen 2600 € im Monat. Der Stundenlohn betrage somit 13,20 €. Der Lohn steigere sich automatisch pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Die Fluktuation liege 2012 bei unter 2%, somit könne man die Abwanderungsberichte nicht nachvollziehen. Man stelle jährlich 50 Fahrer ein, die Verweildauer betrage durchschnittlich 7 Jahre.
Die Alt-Fahrer, die noch direkt bei den WSW angestellt seien, würden nach TVV, dem Tarifvertrag der Versorgung bezahlt und würden mehr verdienen, aber in den nächsten zehn Jahren durch Versetzung und Verrentung aus dem Fahrdienst verschwinden. Dann werde man einheitlich nach dem NRW-weit geltenden Branchentarifvertrag TVN zahlen.
Rheingold, so erklärte der anwesende Prokurist, bezahle seine Fahrer nach dem Tarifvertrag NWO, (Vertrag privater Busunternehmer NRW) das bedeute einen Stundenlohn von 11,50 € brutto plus Zulagen und Sonderzahlungen. Die Fahrer würden also „mehr als gut bezahlt“. Man zahle nach gefahrenen Stunden, so könne man auf die Bedürfnisse der Fahrer besser eingehen und sehen, ob sie viele oder wenige Stunden fahren wollten, natürlich im Rahmen der gesetzlichen Bedingungen. Bei Rheingold zahle man im Schnitt ein Bruttogehalt von 2200 €.
Wozu die WSW mobil dieses Sub-Unternehmen brauchen und warum sie für die gleiche Arbeit weniger verdienen, bzw. sogar „mehr als gut bezahlt“ werden, wurde nicht deutlich und – so ehrlich müssen wir sein – wir haben es versäumt an der Stelle konkret nachzuhaken.
Zum Krankenstand und den Ausfällen erklärte Herr Jaeger, dass der Krankenstand im Oktober und Februar teilweise 20 % an einigen Tagen betragen habe, dass hätte er in seiner Laufbahn noch nie erlebt und sei der außergewöhnlichen Grippe geschuldet. Ende Dezember habe man deshalb noch mal 15 Mann eingestellt und im Dezember und Januar habe die Ausfallquote unter einem Prozent gelegen. Zwischen August und März habe man einen Schnitt von 99 % Erfüllungsquote, dass sei sehr gut. Er dankte bei der Gelegenheit auch Rheingold, die in der kritischen Phase mit Fahrern ausgeholfen hätten. Es gebe eine sehr gute Zusammenarbeit.
Jörn Suika (Stadtverordneter der FDP) bemängelte anschließend, dass seit dem Spätsommer die Ausfälle offensichtlich seien, die Veranstaltung komme ein Vierteljahr zu spät. Er lobte, dass die Informationen bei den Ausfällen in letzter Zeit besser geworden seien, vorher hätten weder die App noch die Hotline über die nötigen Informationen verfügt.
Herr Jaeger merkte dazu an, dass man die Dynamik vielleicht unterschätzt habe und irgendwann auch nicht mehr in der Debatte gehört worden sei und die Darstellung der WSW nicht mehr berücksichtigt worden sei. Herr Sommer erklärte, dass man auf die Gerüchte, die Busfahrer würden alle nach Essen gehen sehr verdutzt reagiert habe und sich selbst probeweise dort beworben hätte. Die bei einem Interview eines Fahrers bei Radio Wuppertal beschriebenen Bedingungen wären dort nicht angeboten worden, es habe nur ein Fahrer, der in Essen wohne, dorthin gewechselt.
Herr Schlomski merkte zum Thema Tarifverträge noch an, dass die WSW mit dem Nahverkehr in Wuppertal nur von der Stadt betraut seien und die achte schließlich auf die Kosten, man stehe da unter Druck.
Auf Nachfrage erklärte der Vertreter von Rheingold, dass die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten würden, das werde auch von den WSW und der Aufsichtsbehörde überprüft, außerdem habe man die WSW mit der Erstellung der Dienstpläne betraut, sodass dort eine direkte Kontrolle erfolge.
Betriebsratsvorsitzender Schmidt erklärte, in der Presse werde vieles vermischt. Man habe nun einen gemeinsamen Betrieb bei der WSW mobil mit VSG und WSW-Fahrern und strebe eine Vereinheitlichung unter den Bedingungen des TVN an. Die Bezahlung bei der WSW mobil sei auf Augenhöhe mit der Rheinbahn, der KVB oder DSW21. Am Samstag könne man der Belegschaft zudem weitere Verbesserungen vorstellen, die man erreicht habe.
Zu den Dienstplänen ergänzte Herr Sommer, dass man werktäglich 370 Dienste fahre, 5 Disponenten sorgten für die Einteilung und Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten. Ziel sei dabei natürlich die Zufriedenheit der Fahrer, die Erfüllungsquote bei den Dienstplanwünschen liege bei 90 %. Das interne Ziel sei, dass keine Schicht inkl. Ruhezeiten länger als 10 Stunde dauere, die längste Schicht liege derzeit bei 10.30 h. Es gebe 10 unterschiedliche Turnuspläne und seit dem Fahrplanwechsel seien die Fahrer fest den Betriebshöfen zugeteilt worden, da habe man auch versucht alle Wünsche zu berücksichtigen. 60 % der Fahrer seien dem Betriebshof Varresbeck, 40 % dem Betriebshof Nächstebreck zugeteilt. Man kümmere sich auch um die Zufriedenheit der Mitarbeiter und bilde deswegen gerade Teamleiter aus, die sich als Ansprechpartner um die Sorgen der Fahrer kümmern sollten. Die Fahrer würden auch in Arbeitsgruppen an der Dienstplanerstellung beteiligt.
Herr Es Souaf berichtete zum Schluss, dass er bei den WSW mehr Netto verdiene als er vorher im Einzelhandel Brutto verdient hätte. Der Fahrplanwechsel habe sich positiv auf die Pausenzeiten ausgewirkt, der Druck sei nun geringer.
Was bleibt nun von dieser Veranstaltung als Fazit? Natürlich muss man berücksichtigen, dass dies vor allem eine PR-Maßnahme der WSW mobil war, der daran gelegen ist, ihre Sichtweise deutlich zu machen. Trotzdem haben wir drei Dinge mitgenommen:
- Die WSW mobil haben hoffentlich verstanden, dass sie kein privates Unternehmen sind, sondern durch die Besitzverhältnisse und die Betrauung mit dem Nahverkehr durch die Stadt Wuppertal der Öffentlichkeit verpflichtet sind. Wer offen und transparent auf Nachfragen antwortet, muss sich weniger Sorgen machen, dass sich Bürger, Politik und Presse über andere Kanäle informieren (müssen). Es hilft einer sachlichen, lösungsorientierten Diskussion, wenn man Fragen beantwortet und Maßnahmen ausführlich erklärt.
- Die zweite Erkenntnis lautet: Es hat den Anschein, dass die WSW verstanden haben, dass sie Verantwortung für ihr Fahrpersonal tragen und dieser gerecht werden wollen. Die Verkündung von „Verbesserung“ an die Belegschaft am vergangenen Samstag, die Einführung des Tarifvertrags bereits 2005 sowie die Einführung des gemeinsamen Betriebs und der damit verbundenen Maßnahmen läst darauf schließen, dass einige Dinge in letzter Zeit angegangen wurden. Die begonnene Ausbildung von Teamleitern als Ansprechpartner und die Aussage des Fahrers, mit dem neuen Fahrplan laste weniger Druck auf den Fahrern, sprechen ebenso dafür, wie die Informationen, die wir aus einem Interview mit einem/r Fahrer/in der WSW erhalten haben. So werden die VSG-Fahrer/innen inzwischen ebenso wie Alt-WSWler mit einem Bus nach der Spätschicht nach Hause gefahren und haben ein Firmenticket erhalten. Man fragt sich allerdings, warum man erst jetzt auf die Bedürfnisse der Beschäftigten reagiert.
- Die dritte Erkenntnis nährt Zweifel an der Rolle der Stadtverordneten. Das Interesse seitens der Politik – die Ausnahmen wurden angesprochen – an der Veranstaltung schien gering zu sein. Das bedeutet, dass die Stadtverordneten entweder bereits über die Informationen verfügten – dann stellt sich die Frage, warum man vor Ort war – oder dass sie an einer Debatte über den Öffentlichen Personennahverkehr oder einer aktiven Mitwirkung an ihm nicht interessiert sind.
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