08.12.2020Axel Sindram
S 28-Verlängerung geht endlich in Betrieb
Nach jahrelanger Verzögerung könnte es für die Betriebsaufnahme der S28-Verlängerung von Mettmann nach Wuppertal keinen ungünstigeren Zeitpunkt geben. Durch die Corona-Pandemie und die von der Autokanzlerin und den auto-ritätshörigen Medien mit penetranter Boshaftigkeit wiederholten Horrorgeschichten zum ÖPNV liegen die Fahrgastzahlen derzeit nicht gerade auf einem Niveau, das nach einem zusätzlichen Zugangebot ruft. Dennoch wird mit dieser Verbindung eine langjährige Planung endlich umgesetzt, so dass die Reisenden künftig in den Genuss zahlreicher verbesserter Verbindungen kommen werden:
Die Streckenführung:
Die Strecke verläuft östlich von Mettmann bis Hahnenfurt zweigleisig auf der vorhandenen Trasse, schwenkt dann allerdings eingleisig in Richtung Norden und verläuft parallel zu der neu trassierten B 7 über einen neu angelegten Haltepunkt Hahnenfurt – Düssel nach Dornap und mündet dort in die Strecke der S 9 in Richtung Vohwinkel ein.
Welche Vorteile bringt die Verlängerung ?
Lange Zeit wurde die Notwendigkeit dieser Maßnahme mit der Begründung angezweifelt, dass zwischen Düsseldorf und Wuppertal mit der S 8 und den RE – Linien über die Bergisch – Märkische Strecke ausreichende und schnellere Verbindungen bereits vorhanden seien. In der Tat ist die Regiobahn in dieser Relation bei einer vsl. Reisezeit von 40 Min. nicht konkurrenzfähig, sie wird jedoch zahlreiche andere Aufgaben erfüllen:
1) Berufspendler–Verkehr
Zusätzliche tägliche Berufspendlerbeziehungen werden im wesentlichen in der Relation Mettmann–Wuppertal aber auch z.B zwischen Wülfrath und Düsseldorf entstehen. Dank deutlich attraktiverer Fahrzeiten (20 statt 30 Min) und verlässlicherer Bedienung im Vergleich zum Busverkehr wird sich der ÖPNV zusätzliche Marktanteille sichern können.
2) Netzwirkung
Da die Strecke nunmehr nicht mehr „stumpf“ in Mettmann – Stadtwald endet, sondern auch nach Osten Anschluss an das Schienennetz erhält, ergeben sich über den eigentlichen Verlängerungsabschnitt hinaus weitere Relationen, die dank attraktiverer Reisezeiten erstmals auch im ÖPNV konkurrenzfähig befahren werden können, z.B. nach Schwelm / Hagen oder Remscheid. Hier können echte Neukunden gewonnen werden. Zudem steigt erfahrungsgemäß mit jeder Streckenverlängerung auch die Nachfrage auf dem schon vorhandenen Abschnitt. Alle diese ÖPNV- Neukundinnen und Kunden entlasten künftig das Straßennetz in und um Wuppertal.
3) Fernverkehr
Beim Übergang zum Fernverkehr in Richtung Berlin / Norddeutschland spart der Reisende aus Mettmann bei Umstieg in Wuppertal Hbf etwa 15 Minuten Reisezeit im Vergleich zu einer Fahrt über Düsseldorf Hbf. Auch hier können Neukunden gewonnen werden, die zudem die Fernverkehrsnachfrage in Wuppertal Hbf erhöhen und damit zur Stabilisierung des Fernverkehrsangebotes auf der „Wupperstrecke“ beitragen. Der Reisezeitvorteil wird mittelfristig sogar noch größer, wenn die derzeitige vorläufige 20/40-Min.- Taktlücke geschlossen wird und damit die Umsteigewartezeiten verkürzt werden. Auch im Regionalverkehr z.B. nach Köln oder Essen sind die Umsteigeverbindungen über Wuppertal-Vohwinkel mindestens gleich schnell wie die RRX-Verbindungen aus Düsseldorf.
4) Freizeitverkehr
An der Strecke liegen z.B mit dem Neanderthal, dem Neanderthal–Museum und dem Zoo Wuppertal höchst attraktive Freizeit – und Naherholungseinrichtungen, die nunmehr jeweils aus Richtung Wuppertal bzw. Mettmann zügig und umsteigefrei erreicht werden können. Hier ist ein deutlicher Nachfragezuwachs zu erwarten. Das gleiche gilt für Einkaufs- und sonstige Freizeitverkehre in beide Richtungen, sobald sie hoffentlich mal wieder stattfinden können.
5) Das Fahrtenangebot:
Bisher verkehrt die Regiobahn zwischen Kaarst und Mettmann im üblichen 20/30–Min.-S–Bahn–Takt. Zwischen Mettmann und Wuppertal fällt aufgrund der noch fehlenden Elektrifizierung werktags ein Takt aus so dass vorläufig leider nur ein 20/40-Min.-„Stolpertakt“ angeboten werden kann. Diese Taktung erschwert auch eine vernünftige Anschlussgestaltung im Busverkehr.
Eine festliche Eröffnung der Strecke wird es aufgrund der Corona-Pandemie sowohl mit Bürgern als auch Vertretern der Politik leider nicht geben.
Der Fahrgastverband ProBahn Bergisches Land hat sich seit jeher für die Verlängerung der Regiobahn eingesetzt und wünscht der S28 gute Fahrt und zahlreichen Fahrgastzuspruch ! Unser Dank gilt hier insbesondere der Regiobahn GmbH, dem VRR und der Politik im Kreis Mettmann und den Anliegerkommunen, die das Projekt über die Jahre hinweg immer wieder forciert und vor dem „Einschlafen“ bewahrt haben. Von Seiten der Wuppertaler Kommunalpolitik hatte es dagegen nur wenig Interesse und Unterstützung gegeben, so dass sich die Stadt diesmal im wahrsten Sinne des Wortes als „beschenkt“ ansehen kann.
Weitere Informationen unter:
https://regiobahn.de/aktuelles/betriebsstart-wuppertal
Weiter mit:
Die Kanzlerin und viele Medien sind fixiert auf die Autoindustrie (Stichworte: Abwrackprämien, Softwaremanipulationen oder Bau der Tesla Gigafabrik ohne abschließende Genehmigung). Diesbezüglich ist ein harmloser Seitenhieb sicherlich erlaubt.
Dass der ÖPNV jetzt wieder eine kleine sinnvolle Erweiterung erfahren hat, spät, aber trotzdem super. Auch sind die Bahnen sauber…..
sollte
@ Susanne Zweig
Schade, dass der Beitrag mit stumpfem Medien- und Kanzlerin-Bashing beginnt. Die Fertigstellung der S28-Strecke ist zu jedem Zeitpunkt ein Gewinn.
Attraktive Zugverbindungen brauchen keine Werbung und schon gar keine Rechtfertigung. Bahnnutzer werden die „neue“ Kreisstadt hinter Vohwinkel schnell entdecken und bei den gelegentlichen Streckensperrungen nach Düsseldorf die Ausweichroute zu schätzen wissen.
Darüber hinaus ist die Strecke auch landschaftlich ein Erlebnis, und die kühnen Bahnhofskonstruktionen am Steilhang sind mit den langweiligen S-Bahn-Halten zwischen Gruiten und Erkrath nicht zu vergleichen.
Die Oberleitung und das Ende der Pandemie sind dann Weihnachtswünsche fürs nächste Jahr.
ich habe mir länger überlegt, ob der Seitenhieb auf Regierung und Medien wirklich sein musste. Andererseits werden die „Warnungen“ vor dem ÖPNV immer schriller, obwohl auch hier kein einziger Infektionsfall nachgewiesen werden konnte. Die „Krönung“ war ein Bericht in der letzten Woche, wonach sich der ÖV wider zum Verkehrsmittel für die bekannten „A“-Gruppen zurückentwickelt hätte. Ich habe dem Hamburger Nachrichtenmagazin daraufhin mit Abo-Kündigung gedroht