04.06.2013Georg Sander
WSV meldet Insolvenz an
Der Vorstand des Wuppertaler Sportvereins hat am Dienstagmorgen um 10:30 Uhr beim Amtsgericht Insolvenz angemeldet. Dies sei die einzig einzige logische Schlussfolgerung nach Prüfung der Finanzen des Vereins gewesen, erklärte Vorstandssprecher Alexander Eichner auf einer Pressekonferenz am Nachmittag. Der WSV sei zahlungsunfähig und nicht mehr in der Lage, die anstehende Rechnungen zu begleichen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht Rechtsanwalt Jörg Bornheimer.
Noch immer keine Klarheit über die Schulden
Über die Höhe des Schuldenstandes konnte Eichner noch keine genauen Angaben machen. Es sei schwierig gewesen, sich einen Überblick zu verschaffen. Der frühere Präsident und Hauptgläubiger Friedhelm Runge stand für Gespräche nicht zur Verfügung, entsandte aber seinen Vertreter Dr. Leonhardt. Ziel von Eichner und seinen Mitstreitern sei es gewesen, Klarheit über die Finanzlage zu erlangen. „Um aus dem Dickicht von unterschiedlichen Patronats- und Rangrücktrittserklärungen herauszukommen“, so Eichner, sei eine umfassende Erklärung von Runge erforderlich gewesen. Die sei trotz mehrfacher Erinnerung erst am Dienstagvormittag eingetroffen. Rechtsanwältin Sarah Wolf erklärte, dass sich durch das Runge-Statement an der Einschätzung des Vorstandes, wonach der WSV zahlungsunfähig sei, nichts geändert habe. Alexander Eichner räumte auf Nachfrage von njuuz ein, dass die aktuelle Kassenlage die ohnehin gedämpften Erwartungen der neuen Vereinsführung noch unterboten habe. Bislang war man von rund vier Millionen Euro an Verbindlichkeiten ausgegangen.
Angestellte erhalten Insolvenzgeld vom Arbeitsamt, Gebert geht leer aus
67 Angestellte arbeiten derzeit beim WSV, die meisten von ihnen in Teilzeit oder als geringfügig Beschäftigte. Die Agentur für Arbeit wird ihre Gehälter in den kommenden drei Monaten im Rahmen eines sogenannten Insolvenzgeldes zahlen.
Der von Friedhelm Runge engagierte Manager Tobias Gebert ist von der neuen Vereinsführung freigestellt worden und operativ nicht mehr in die Arbeit des Clubs eingebunden (Eichner: „Er kann das schöne Wetter nutzen“). Er wird offenbar nicht in den Genuss des Insolvenzgeldes kommen, da er nicht als Angestellter des WSV geführt wird. Seine Beschäftigung soll über einen Vertrag zwischen dem WSV und Geberts eigener Firma geregelt worden sein.
Überbrachten die Nachricht von der Insolvenz: Achim Weber, Sara Wolf, Alexander Eichner, Stefan Kirschsieper.
Die Fußballer steigen ab
Mit dem Gang zum Amtsgericht steht so gut wie fest, dass die erste Mannschaft des WSV in der kommenden Saison absteigen und in der Oberliga spielen wird. Die zweite Mannschaft wird in die Landesliga zurückgestuft. Das letzte Wort darüber wird aber der Insolvenzverwalter haben. Die übrigen Abteilungen des Vereins sind nicht von Zwangsabstiegen betroffen.
Sportchef Achim Weber gab sich im Hinblick auf das künftige Sponsoring des WSV durch die Wuppertaler Wirtschaft zuversichtlich. Viele Sponsoren wollten lieber klare Verhältnisse. Ihnen sei die Insolvenz lieber als das Risiko, dass ihre finanziellen Zuwendungen später zur Tilgung von Schulden verwendet werden. Weber räumte aber auch ein, dass andere Sponsoren „sich eine höhere Liga gewünscht“ hätten. Wieder andere begrüßen die Aufbruchstimmung. Bislang sei aber noch kein Sponsor abgesprungen. Achim Weber: „Ein Sponsor hat sogar von sich aus angeboten, den Verein zu unterstützen. So etwas habe ich beim WSV bisher noch nicht erlebt.“
Erst auf die Entschuldung schauen, dann auf die Liga
Verwaltungsratsvorsitzender Stefan Kirschsieper macht sich keine Illusionen über den weiteren Weg: „Es wird künftig nicht nur Gutes zu berichten geben, sondern es werden auch harte Dinge zu erzählen sein. Der Weg, zuerst auf die Entschuldung und nicht auf die Liga zu schauen, ist aber der richtige.“ Kirschsieper deutete an, dass die Nerven bei vielen im Verein äußerst angespannt seien: „Es sind sehr viele Emotionen im Spiel, nicht nur bei den Fans, sondern auch bei den handelnden Personen.“
Weber: Spieler können tagsüber acht Stunden arbeiten und am Wochenende kicken
Sportchef Achim Weber kündigte eine Zäsur bei den Spielern der ersten Mannschaft an. Den Status von Vollprofis werde sich der Verein künftig im Amateurbereich, in dem man sich bewegen werde, nicht mehr leisten können. „Die Spieler können tagsüber acht Stunden arbeiten, abends trainieren und am Wochenende ihre Leistung abrufen.“ Die Trainerfrage sei noch offen. Es werde mit Peter Radojewski und einem weiteren Kandidaten verhandelt.
Wie es mit dem WSV jetzt weitergeht, hängt auch vom Verhalten des Gläubigers Friedhelm Runge ab. Spricht er sich aktiv gegen den Insolvenzplan aus, kann der Verein liquidiert werden. Damit rechnet Anwältin Sara Wolf jedoch nicht. Die Insolvenz sei auch eine Chance für einen Neustart. „Ich glaube nicht, dass Herr Runge diesen Neuanfang zunichte machen möchte.“
Ex-Präsident Runge verzichtet bis 31.12.2014 auf Darlehensrückzahlung
Mit Ihrer Einschätzung scheint Sara Wolf richtig zu liegen. Das Fan-Portal Rot-Blau.com veröffentlichte wenige Stunden nach der Pressekonferenz folgende Erklärung Runges:
Ich, Herr Friedhelm Runge, erkläre gegenüber dem Wuppertaler Sport-Verein e.V.
1. dass ich alle bis heute an den Wuppertaler Sport-Verein e.V. gewährten Darlehen wie auch die in den letzten Monaten für den Wuppertaler SV e.V. übernommenen Zahlungen nicht vor dem 31.12.2014 zur Rückzahlung fällig stellen werde. Sollte vorher rechtsverbindlich ein steuerunschädlicher Erlass möglich sein, werden die Darlehen erlassen.
2. Dass ich als Geschäftsführer der ILS alle gegenüber dem Wuppertaler Sport-Verein e.V. gewährten Darlehen nicht vor dem 31.12.2014 zur Rückzahlung fällig stellen werde. Sollte vorher rechtsverbindlich ein steuerunschädlicher Erlass möglich sein, werden die Darlehen erlassen.
3. Die Kontokorrentverbindlichkeiten bei der Credit- und Volksbank Wuppertal werden von mir übernommen.
____________________
Foto: Georg Sander
Weiter mit:
Doch, es ist mindestens ein Sponsor in der laufenden Saison abgesprungen. Dieser wollte nicht weiter mit dem negativen Inage des Vereins in Verbindung gebracht werden. Dieser Teil der Äußerungen von Herrn Weber ist also unwahr!
Trotzdem: viel Glück, denn die Mammut-Aufgabe kommt erst jetzt auf die Initiative 2.0 zu.