Tanken oder essen?

Sprit, Strom, Lebensmittel: Die gestiegenen Kosten treiben mehr Menschen in die Überschuldung. Darauf weist die Diakonie anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung hin.

Ob an den Tankstellen oder im Supermarkt: Menschen mit kleinen Einkommen müssen derzeit ganz genau rechnen, wofür ihr Geld noch reicht. Und wenn es nicht mehr reicht, ist die Gefahr groß, in die Schuldenfalle zu geraten. Darauf macht die Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung aufmerksam, die heute (30.05.) startet.

„Der wöchentliche Einkauf im Supermarkt kann im Moment schon die eigene Finanzlage aus dem Gleichgewicht bringen,“ beobachtet Anke Lichte, Abteilungsleiterin der Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH. „Hinzu kommen steigende Abschläge oder sogar Kündigungen der Energieversorger. Und plötzlich ist man nicht mehr bloß verschuldet, sondern überschuldet, und damit gefangen in einem Teufelskreis aus Forderungen, die nicht beglichen werden können, Stigmatisierung und Scham.“

Lange Wartelisten für kostenfreie Beratung

Wer sich Hilfe holt, hat bessere Chancen, aus der Überschuldung herauszufinden. Die bundesweit rund 1.400 sozialen Schuldner- und Insolvenzberatungen zeigen Wege auf, um die eigene finanzielle Situation zu stabilisieren und nachhaltig zu verbessern. Auch die Diakonie Wuppertal bietet Schuldner- und Insolvenzberatung an. Doch ebenso wie bei allen anderen Stellen sind auch hier die Wartelisten in den vergangenen Jahren immer länger geworden.

Derzeit dauert es den Angaben zufolge mehrere Wochen, um einen Termin bei der Diakonie Wuppertal Soziale Teilhabe gGmbH zu erhalten. Hinzu kommt, dass nicht alle Menschen ein Recht auf eine kostenfreie Beratung haben, so sind etwa Soloselbständige davon ausgeschlossen. „Wenn man weiß, wie wichtig eine gute und kostenlose Beratung für die Überwindung der Überschuldung ist, leuchtet nicht ein, warum nicht alle, die in Schwierigkeit geraten, diese in Anspruch nehmen dürfen,“ so Lichte.

Recht auf Schuldnerberatung für alle

„Wir fordern ein Recht auf eine kostenfreie und zeitnahe Beratung für alle und einen konsequenten Ausbau der Beratungsstellen, mit einer stabilen Finanzierung. Mit der passenden Hilfe können Existenzen gesichert werden“. Im Jahr 2020 hat die Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH in Wuppertal 1145 Menschen beraten, im Jahr 2021 haben 1374 Personen die Hilfe in Anspruch genommen.

Schon lange verlangt die Diakonie gemeinsam mit den anderen gemeinnützigen Beratungsstellen den Ausbau der sozialen Schuldnerberatung, denn derzeit profitieren nur rund 15 Prozent der bundesweit etwa sieben Millionen überschuldeten Bürgerinnen und Bürger davon. Mit ihrer „Aktionswoche Schuldnerberatung“ machen die Beratungsstellen regelmäßig auf dieses Missverhältnis aufmerksam.

Nur ein kleiner Schritt zur Überschuldung

In diesem Jahr steht die Aktionswoche unter dem Motto „… und plötzlich überschuldet“. Denn von der Verschuldung zur Überschuldung ist es oft nur ein kleiner Schritt. „Es gibt häufig das Vorurteil, dass Überschuldete nicht mit Geld umgehen können und selbst schuld an ihrer Situation sind“, kritisiert der NRW-Landesverband der Diakonie, das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe. Das sei aber keineswegs so, beobachtet die Expertin für Schuldnerberatung, Petra Köpping.

„Ändern sich die Lebensumstände von einem Tag auf den anderen, können viele Menschen schnell ihre Kredite für ihr Eigenheim, Auto oder Handy nicht mehr bedienen“, so Köpping. „Eine lange Krankheit, eine heftige Strom- oder Steuernachzahlung, Kurzarbeit oder Jobverlust: Die Überschuldung kommt oft plötzlich.“ Damit die Schulden nicht immer rasanter und höher wachsen, sei eine schnelle Beratung unabdingbar. Das aber sei nur mit mehr Personal möglich. Die Schuldnerberatungsstellen fordern zwei vollbeschäftigte Schuldnerberater pro 50.000 Einwohner. Derzeit kommen im Bundesdurchschnitt nur 1,03 Berater auf 50.000 Einwohner.

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