02.04.2023mobiler.oelberg
Verkehrswende light …
… – oder wie verhindere ich eine am Gemeinwohl orientierte Mobilität
Das kann einen schon recht frustriert zurücklassen, die Posse um das Parkhaus Kasinogarten oder auch die Unfähigkeit der verantwortlichen Politik und Verwaltung in Wuppertal an einem solchen Punkt die Verkehrswende konkret werden zu lassen.
Die Idee, das sanierte Parkhaus zu einer Quartiersgarage umzufunktionieren, hatte die Bürgerinitiative „Mobiler Ölberg“ im April 2021. Am 10.05.21 wurde entsprechend ein Antrag bei der Bezirksvertretung Elberfeld eingereicht. Die WZ berichtet darüber in ihrer Ausgabe vom 21.05.2021. Die Mehrheit der BV machte sich das Projekt zu eigen und machte es später sogar zu einem Schlüsselprojekt der BV Elberfeld für 2023.
Nachdem im Sommer 2022 einige Medien den Leerstand und die Nichtinbetriebnahme nach der Sanierung groß an den Pranger stellten und kritisierten, dass hier Steuergelder verschwendet würden, bzw. keine Einnahmen aus der Vermietung generiert würden, kam endlich Bewegung in die Verwaltung.
Diese priorisierte aber immer eine Ausschreibung an private Anbieter. Eine europaweite (!) Ausschreibung wurde zwischenzeitlich zurückgenommen. Vor dem Hintergrund, dass man versuchen wollte, die erheblichen Sanierungskosten von 4,1 Mio. Euro wieder zu erwirtschaften, wurde der Pachtpreis für ein Jahr auf 170.000 € festgesetzt.
Demgegenüber hat die Initiative „Mobiler Ölberg“ immer auf ein gemeinwohlorientiertes Konzept gesetzt. Unsere Vorstellung war, zunächst 100 Stellplätze für Anwohner:innen im Luisenviertel und dem Ölberg für ca. 50 oder 60 € Monatsmiete bereitzustellen. Gleichzeitig hätte man noch einige Stellplätze für Fahrräder, Pedelecs, Lastenräder und entsprechende Sharing-Angebote zur Verfügung stellen können. Als Betreiber hätten wir gerne die Wuppertaler Stadtwerke oder auch einen Beschäftigungsträger aus dem Wohlfahrtsbereich für die Verwaltung und den Betrieb gesehen, allerdings mit einer deutlich abgespeckten Pacht. Dieses vor allem um die Organisation von quartiersbezogenem Parkraum als Teil der Daseinsvorsorge zu definieren und damit nicht dem Marktgeschehen zu überlassen, wer sich einen Parkplatz mieten kann. Zudem ist die Initiative dagegen der Privatisierung öffentlicher Räume und Gebäude Vorschub zu leisten.
Ein Gespräch mit dem Gebäudemanagement der Stadt Wuppertal (GMW) verlief in dieser Hinsicht ergebnislos. Eine Kooperation zwischen der Initiative, der Bezirksvertretung Elberfeld und dem GMW war offensichtlich nicht erwünscht. Vereinbarte Termine wurden durch das GMW nicht weiter verfolgt. Und dann auch noch im WZ-Artikel vom 31.03.23 zu suggerieren, dass die Option für das Quartiersparken den Ausschreibungsprozess verzögert hätte, ist schier eine Frechheit vor dem Hintergrund, dass die Initiative, weitere Projektpartner und die Bezirksvertretung eine andere Herangehensweise priorisierten, die auf der Grundlage eines Parkraumkonzeptes einen gemeinwohlorientierten Betreiber vorsah.
Gleichzeitig hatte sich der Mobile Ölberg / Unternehmer:innen für die Nordstadt e.V. nämlich daran gemacht, im Zusammenhang mit dem Projekt „Mobilstationen im Quartier“ zusammen mit anderen Projektpartnern Vorstellungen darüber zu entwickeln, wie man insgesamt mit einem System von Quartiersgaragen, die Parksituation in solch eng bebauten Quartieren wie der Elberfelder Nordstadt entzerren kann. Das folgt der mittlerweile vielfach geäußerten Meinung von Expert:innen und Wissenschaftler:innen, dass Quartiersgaragen helfen können, die Situation in den Bestandsquartieren wesentlich zu verbessern. (sh. Spiegel 12.02.23, Lukas Kissel, „Wie Quartiersgaragen gegen die Parkplatznot helfen können“)
Entsprechende Gespräche mit der Verwaltung fanden bislang nicht den entsprechenden Widerhall in der Planungspraxis und den Entwicklungsperspektiven für die Bestandsquartiere in Wuppertal. Und das ist dringend nötig. So ist schon lange und speziell in der jüngeren Vergangenheit überdeutlich, dass z.B. auf dem Ölberg sowohl Rettungskräfte als auch die Linie 643 oftmals durch illegales Parken beeinträchtigt werden. Das dauerhaft von der Verwaltung seit Jahrzehnten tolerierte illegale Gehwegparken müsste auch sofort beendet und sanktioniert werden. Ein Gerichtsurteil aus Bremen legt das nahe. Entsprechend hat das Ordnungsamt jetzt angefangen, Strafmandate zu verteilen. Letztlich muss man festhalten, dass viele Straßen Wuppertals nur noch einseitig beparkt werden dürfen, weil der Straßenquerschnitt nicht mehr Breite hergibt.
Das wollte die Initiative „Mobiler Ölberg“ in ihrem Antrag vom 24.06.22 an die BV Elberfeld auch deutlich machen. Der Hombüchel auf dem Ölberg soll in Zukunft nur noch einseitig beparkt werden dürfen, damit Rettungskräfte, der ÖPNV und die Fußgänger:innen unbehindert durchkommen können. In diesem Antrag machte die Initiative allerdings auch deutlich, dass dringend ein Parkraumkonzept erstellt werden muss, welches zum einen eine Parkraumbewirtschaftung mit einer Anwohnerparkregelung und Lieferzonen vorsehen muss, zum anderen sollte Parkraum in der Quartiersgarage Kasinogarten für einen erschwinglichen Preis zur Verfügung gestellt werden. Während eines Ortstermin mit Vertreter:innen der BV, der WSW und dem Ordnungsamt wurde die Dringlichkeit durch die Anwesenden nochmals betont. Mitarbeiter:innen des Ressorts Straße und Verkehrs war es untersagt worden, an diesem Termin teilzunehmen. Dementsprechend hat es bislang auch keine Stellungnahme zu dem Antrag aus der Verwaltung gegeben.
Was bleibt?
100 Stellplätze in einer vermeintlichen Quartiersgarage zu einem Preis von 119 € (95,20 € brutto Sozialtarif) pro Stellplatz.
Bislang keine Parkraumkonzepte für die Wuppertaler Bestandsquartiere, obwohl die Zeit in jeder Hinsicht objektiv drängt.
Keine Antworten aus der Verwaltung im Hinblick auf Anträge, die aus der Bewohnerschaft heraus gestellt werden, weil dort Personal fehlt, u.a. weil Teile der Verwaltung in den vergangenen 20 Jahren systematisch kaputt gespart worden sind.
Nur wenig Bereitschaft bei Politik und Verwaltung eine Verkehrswende im Quartier und in der Stadt als Teil notwendiger Maßnahmen gegen den Klimawandel zu initiieren bzw. umzusetzen.
Kleinkarierte und parteitaktische Auseinandersetzungen zwischen SPD, CDU, Bündnis90/Die Grünen, FDP, die allesamt nicht inhaltlich und auf die Sache bezogen, sondern nur als permanentes Wahlkampfgetöse zu verstehen sind (und das betrifft nicht nur die Verkehrswende-Themen).
Wir empfehlen, den Weg einer sachorientierten Politik auch auf kommunaler Ebene, die die Krisen unseres Jahrhunderts nicht ausblendet, sondern dafür Sorge trägt, dem Klimawandel mit den hier vorhandenen Möglichkeiten entgegenzutreten.
Der Beitrag von OB Uwe Schneidewind auf Facebook am 01.04.23 (https://www.facebook.com/uweschneidewindimtal) könnte hierzu ein Beitrag sein. Bleibt zu hoffen, dass die Erarbeitung einer Musterlösung für den Ölberg schnell erfolgt, damit auch alle anderen Quartiere in Wuppertal in naher Zukunft davon profitieren können.
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