„Sieger entscheiden sich nicht!“
Das 1827 gegründete Unternehmen Erfurt & Sohn KG ist mit der im Jahre 1864 entwickelten Raufaser Marktführer bei Wandbelägen. Weniger bekannt dürfte sein, dass das Unternehmen bis heute unzählige Male „über die Wupper gegangen“ ist, wie Martin Erfurt, Geschäftsführer in der siebten Generation, schilderte. Tatsächlich stößt das Werksgelände an den Ufern der Wupper gleich an zwei Regierungsbezirke – eine Grenzsituation, so Erfurt, „die uns nicht geschadet hat“. Im Gegenteil, denn heute ist Erfurt mit hochtechnischen Produkten auf dem Weltmarkt vertreten, angefangen von Vliestapeten über individuell digital bedruckte Tapeten, Fassaden- und energetische Innenwandbeläge bis hin zu hochwertigen Terrassenbelägen aus Holz-Polymer-Werkstoff.
Anregungen bei allen diesen innovativen Entwicklungen gab dem Unternehmen das WOIS-Institut aus Coburg. WOIS steht für „widerspruchsorientierte Innovationsstrategie“, und wie diese funktioniert, erklärten die Referenten des Abends, Professor Dr. Hansjürgen Linde und Dipl.-Ing. Michael Lechner, in ihrem bemerkenswerten Vortrag, bei dem sie das Publikum mit vielen anschaulichen Beispielen aus der Zusammenarbeit mit Unternehmen zum Staunen brachten.
Zur Erläuterung eines solchen Prozesses gaben die beiden ein Beispiel aus der Geschichte: Wie ließen sich die Vorteile eines kurzläufigen Vorderladers (schnelleres Laden) und dem eines langläufigen (höhere Treffsicherheit) in einem Modell verbinden? Falsch sei es in jedem Fall, sich bei einem Prozess nicht für das eine oder das andere entscheiden, sondern beide Vorteile vereinen zu wollen. Herausgekommen ist bei dieser Entwicklung denn auch etwas völlig neues: der Hinterlader.
Um eben solch völlig neuen Produkte entwerfen zu können, müsse man „Leuchttürme in der Zukunft“ setzen. Und dabei auch scheinbar paradoxe Muster des Denkens zulassen. Mit Logik, so Linde und Lechner, seien noch keine Patente angemeldet worden. Es müsse eben gegen die Logik der Fachwelt verstoßen und dabei neue, auch vermeintlich unvernünftige Fragen gefunden werden. Beispiel hierfür: die Entwicklung des Rasenmähers. Sicher könnte man einen Roboter entwickeln, der diese Arbeit selbstständig verrichte. Warum aber nicht über einen Rasen nachdenken, der in seinem Wachstum nur eine bestimmte Länge erreicht – und so den Rasenmäher gänzlich überflüssig machte? Und warum nicht „wärmeres“ Speiseeis entwickeln, um den Absatz im Winter anzukurbeln? Wichtig für diese Denkprozesse sei vor allem aber auch, nicht ein „Ja, aber…“ zu entgegnen, sondern sie mit einem „Ja – und…!“ weiterführen zu wollen.
Ein hochinteressantes Thema und ein begeisternder Vortrag, der noch zu vielen Diskussionen Anlass bot und für den Prof. Linde den „Bergischen Hammer“ aus den Händen von Clubpräsident Vok Dams erhielt. Auch Martin Erfurt bekam das Werkzeug zum Dank für seine Gastfreundschaft überreicht.
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen