Automatisiertes Fahren: „Fahrprüfungen“ für autonom fahrende Pkw in Wuppertal
Neben der Elektromobilität ist das automatisierte Fahren eine der Entwicklungen, welche die Mobilität und damit unsere Lebenswelt in Zukunft völlig verändern wird. Ein Grund also, das Thema in die Politische Runde am Vormittag aufzunehmen und den Leiter der Unternehmenskommunikation von Delphi – Thomas Aurich – einzuladen. Denn Delphi Wuppertal ist einer der führenden Zulieferer und Treiber für Neuentwicklungen und in beiden Technologien zu Hause.
„Nein. Diese bescheidenen Bergischen müssen sich nicht verstecken. Hier wird mit anderen Unternehmen bahnbrechend Neues für die Autoindustrie entwickelt. Silicon Valley? Wir sind Bergisch Auto Valley,“ startet Aurich fulminant in seinen Vortrag vor den 30-40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern – alle über 65 Jahre alt – und erzählt zunächst bergische Geschichte. Denn der Ursprung von Delphi Wuppertal sind die Ronsdorfer Kabelwerke Reinshagen. 1874 von Carl Reinshagen und Partner gegründet, stellte das Unternehmen zunächst gewebte Bänder und Besatzartikel her. Später kamen Telefonkabel, Widerstandsdrähte, sowie isolierte Kabel und Leitungen hinzu.
Heute konzentriert sich das Unternehmen unter dem Namen Delphi als Hightech Zulieferer auf Bordnetz-Architekturen, auch für Elektro-und Hybridfahrzeuge und ist der Hort, an dem Zukunftstechnologien für Sicherheit und Unfallvermeidung konzipiert und entwickelt werden. In seinem Wuppertaler Kunden-Technologie-Zentrum, eines der weltweiten Hauptentwicklungszentren des Unternehmens werden die europäischen E-Mobilitätsaktivitäten gemanaged, Komponenten und Systeme für das andere Zukunftsthema, das automatisierte Fahren, entwickelt. Dafür haben internationale Entwicklerteams Delphis Serienfahrzeuge zu automatisiert fahrenden Prototypen weiterentwickelt, die noch im vergangenen Monat viele Kilometer bei der CES 2017 (Consumer Electronics Show) in Las Vegas unfallfrei zurückgelegt haben, berichtet Aurich.
In Wuppertal hat die Landesregierung dem Unternehmen auf den Südhöhen ebenfalls einen 17 km langen Streckenabschnitt für den Einsatz automatisierter Prototypen freigegeben. Delphi spricht von „Fahrprüfungen“ für die Kamerasysteme und Elektroniken. Denn auch ein Auto muss erst lernen, mit den örtlichen Verkehr zurecht zu kommen – besonders mit den europäischen Straßenverhältnissen. „Hier ist alles enger und unübersichtlicher, konstatiert Aurich an der VHS im engen Wuppertaler Zentrum und führt aus, „Sie müssen sich vorstellen – wenn Sie in Amerika an einer Kreuzung stehen, haben Sie das Gefühl, als würden Sie an einer Autobahn stehen – so breit sind die Straßen dort. Jedes Land, jeder Kontinent hat seine ganz eigene Fahrkultur.
„Sie können demnächst also in die Kneipe gehen, dann ihr Auto rufen und es fährt Sie trotz Alkoholpegel nach Hause?“ will einer der Teilnehmer wissen, nachdem er das Beweisdokument – einen Film über eine Fahrt mit dem Prototypen in Las Vegas gesehen hat. „Viele Einzelelemente der Technologien existieren schon und dienen als Komponenten von Fahrerassistenzsystem, doch solche Fragen müssen Sie an den Gesetzgeber richten,“ antwortet Aurich. „In das Thema automatisiertes Fahren spielen zahlreiche soziale, rechtliche und ethische Fragen herein, die ausgehandelt werden müssen. Darum ist es auch so wichtig, dass an der Debatte um die Vorteile solcher Technologien alle gesellschaftichen Gruppen teilnehmen. Das könnten Zulieferer allein nicht leisten,“ so Aurich. Sein Vorschlag: Autonutzer, aber auch Städte können mit Projekten den Einsatz und die Verwendung dieser Technologie erforschen und Rahmenbedingungen klären. Zulieferer könnten die Technik zur Verfügung stellen.
Tatsächlich sind Wuppertaler Institutionen auf diesem Gebiet bereits aktiv geworden. Die Stadt unterstützt die von Delphi eingereichten Forschungsprojekte und auch die Universität Wuppertal hat gerade ein Forschungsprojekt zum Thema automatisiertes Fahren und Sicherheit im Alter durchführt.
Auf der CES 2017 in Las Vegas hat Delphi „AutomotiveMobility on Demand“ vorgestellt. Aurich erläutert in einfachen Worten welche komplexe technische, aber auch soziale Fragen die Entwickler, letztere besonders die Softwareentwickler bei Delphi zu beantworten haben. Nach solchen Einblicken in die Herausforderungen, denen eine international, agierendes Unternehmen, welches an drängenden Zeitfragen intensiv mitarbeitet, ausgesetzt ist, drängte sich eine Frage quasi auf: „Und wie teuer soll ein solches Gefährt werden?“ „Das sind heute Prototypen, da kann man keinen Preis nennen“, so Aurich, „das auf der CES demonstrierte Delphi Modul für das automatisierte Fahren jedenfalls wird ab 2019 für die Autohersteller gefertigt werden.“ Ob dann auch Roboterautos flächendeckend auf deutschen Straßen fahren dürfen, bezweifeln er und das Auditorium. Aber schon heute werden Parkhäuser gebaut, die sich für das automatische Einparken eignen. Auch dafür kann das Delphi-System eingesetzt werden.
„Und konnte ich Ihre Fragen alle beantworten?“ will Aurich nach den 90 Minuten abschließend wissen. Gelächter im Raum. „Damit bin ich heute Abend noch nicht fertig!“ meint einer der Teilnehmenden und freut sich auf eine Fortsetzung der Diskussion im Herbst, dann vielleicht gemeinsam mit der Universität.
Die politische Runde am Vormittag „Thema aktuell“ fragt nach den Themen, die gesellschaftlich bewegen und beschränkt sich dabei auf Wuppertaler Autoren. Sie findet jeden Donnerstagvormittag statt und richtet sich an Menschen, die sich aktiv für politische und gesellschaftliche Themen interessieren und mitreden wollen. Fragen dazu beantwortet Dr. Detlef Vonde: detlef.vonde@bergische-vhs.de
Weiter mit:
Das werden wir sicherlich nicht mehr erleben, dass wir uns alkoholisiert in unser
Selbstfahrauto setzen können, oder?
Es würde ja schon reichen, wenn wir die Fahrt nüchtern überleben, oder?
Na, schau´n wir mal.
Wird ja nicht ganz billig sein, so ein tüchtiges Auto.
Grusz RME STREUF