Designbeirat Wuppertal – die Kreativbranche formiert sich
In den vergangenen Monaten hat das Thema Kommunikation und Design in Wuppertal hohe Wellen geschlagen. Nicht nur die Designbranche, sondern auch die Wuppertaler Bevölkerung war in eine heftig geführte Debatte mit der Stadtspitze verwickelt. Ihren Ausgang nahm die Geschichte darin, dass die Stadt Wuppertal im Rahmen ihrer Leitlinienentwicklung eine Düsseldorfer Agentur beauftragt hat, die Prozessmoderation zu übernehmen. Dabei sorgte zunächst der vermeintliche Slogan „Wuppertal – Macht was anders“ für einen ersten Aufruhr. Denn binnen kurzem verengte sich die Debatte darauf, dass Scholz & Friends für die Entwicklung des Spruchs 200.000 Euro erhalten haben sollte. Tatsächlich handelte es sich bei der Summe um das Jahresbudget, welches mit der Agentur vereinbart worden war! Auch der Slogan war keiner, sondern nur ein Arbeitstitel. Parallel zu diesem unglücklichen Mißverständnis veröffentlichte die Stadt eine Pressemeldung, nach der eine Wuppertaler Agentur der Stadt ein ganzes Corporate Design im Wert von 100.000 Euro geschenkt hat! Beide Ereignisse zusammen, ließen dann die Volksseele überkochen und führten zu einer höchst emotionalen Diskussion, die in einer Reihe von Klärungsgesprächen mündete, während der die Idee eines Designbeirats entstand.
Am vergangenen Dienstag lud eine Gruppe von Designern um Leonie Altendorf, Jacob Economou, Rob Fährmann, Kerstin Hamburg, Jörg Illigen, Süleyman Kayaalp, Dirk Longjaloux, Dorothea Schwabe, Monika Bell-Thürmer und Rick Wolf ihre Kollegen zur Präsentation ihres Arbeitskreises ein, um mit ihnen die ersten Ideen für die Installation eines Designbeirats zu diskutieren. Und weil die Kreativbranche eine von Individualisten und Einzelkämpfern geprägte Szene ist, hat die Runde ein sehr offenes Konzept formuliert, um jedem einzelnen die Möglichkeit zu geben, sich selbst eine passendes Betätigungsfeld zu entwerfen. Denn darin waren sich alle Initiatoren einig: nur wenn viele – am liebsten alle – Wuppertaler Designer sich beteiligen, kann der Designbeirat ein Erfolg werden. Dank dieser Vorarbeit entstand an diesem Abend eine sehr offene, kommunikative Arbeitsatmosphäre mit zahlreichen Anregungen, Fragen und nur sehr wenigen kritischen Anmerkungen.
Sehr schnell war man sich darin einig, dass die meisten fachfremden Menschen Designprozesse nicht kennen. Auch wenn alle Bereiche des Lebens gestaltet sind und Design allgegenwärtig ist, „wollen Jugendliche gerne etwas mit Medien machen“ konstatierte Moderator Christian Büning, Präsident des BDG, „aber ohne die geringste Ahnung davon, was dies überhaupt bedeutet und welche Berufssparten sich dahinter verbergen. Es muss Aufklärungsarbeit geleistet werden.“ „Es muss deutlich werden, dass Designer nicht diejenigen sind, die die Rüschen malen, sie bauen die Karosserie“ ergänzte Dirk Longjaloux und erläuterte weiter: „Gutes Design strukturiert Arbeitsabläufe, klärt Unternehmensziele, organisiert Menschen, und last but not least – gibt dem Produkt, der Firma ein unverwechselbares Gesicht! “ Dass Design eine umfassende Aufgabenstellung sei, darüber solle der Designbeirat aufklären, meinte er!
„Design ist ein Wirtschaftsfaktor! Wieviele Designer sind hier im Raum? 48? Das ist ein Jahresumsatz von etwa 3. Mio Euro“, stellte Christian Büning weiter fest. „Design schafft Arbeitsplätze und generiert einen großen Mehrwert. Wenn man den Stadtoberen solche Zahlen vorrechnet, reagieren sie schnell sehr anders!“ Dass die Designbranche mit allen ihren Berufsfeldern in Wuppertal besonders zahlreich vertreten ist, ist eine weitere Feststellung, bei der sich alle Anwesenden einig waren. Denn die Bergische Universität verfügte bis 2010 über einen berühmten Fachbereich, der zahlreiche Studenten angezogen hat, von denen viele in Wuppertal geblieben sind: das Kommunikationsdesign. International anerkannte Designer und Erneuerer haben in Wuppertal gelehrt und der Hochschule eine überregionale Bedeutung verliehen. Einer davon war zum Beispiel der Editorial-Designer Willy Fleckhaus, der weltweit das Zeitschriftendesign verändert hat. „Vielleicht eine Hall of Fame für die berühmten Designer Wuppertals?“ Auch wenn der Kommentar von Christian Büning zu einigen Lachern führte – Design war in Wuppertal ein Standortfaktor und sollte es mit der Hilfe eines Designbeirats wieder werden. Lobbyarbeit, Designkongress, Businessbreakfast der Designer, offener Tag der Agenturen, Symposien, sich gegenseitig beraten, Unternehmer unterstützen, Farbenlehre an der Junioruni unterrichten, ein jährlicher Designreport … An Ideen für Aufgaben, die ein Designbeirat übernehmen könnte, um den Blick der Wuppertaler auf die Qualität der vorhandenen Kreativbranche zu lenken, mangelte es den Anwesenden nicht.
Damit dies aber alles funktioniert, brauche es eine klare Struktur. Langfristiges Wiederholen und ein deutliches „sich Zeigen“ seien notwendig, um ausreichend Aufmerksamkeit und die nötige Relevanz zu erhalten. Und augenzwinkernd fügte Büning hinzu: „Für die Zusammenarbeit unter Kreativen ist außerdem eine gute Portion Langmut, Wohlwollen und Nachsicht notwendig. Ich bitte darum, denn dies ist eure große Chance!“ Auf die abschließende Frage von Dorothea Schwabe, ob alle der Entwicklung des Designbeirats zustimmen würden, folgte zu guter Letzt ein einstimmiges Ja und eine Aktion zur Bekräftigung des gemeinsamen Vorhabens. Anstatt sofort den Saal zu verlassen, versammelten sich alle Anwesenden für ein gemeinsames Foto auf der Bühne. Ein starkes Bild für einen guten Start!
Nächster Termin: 4.11.2013, 19:30 Uhr, OLGA-Raum für Kunst, Ludwigstrasse 14, 42105 Wuppertal, www.o-l-g-a.de
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Foto: Wilma Schrader
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