01.04.2011Georg Sander
Die Stadt Wuppertal bezahlt künftig mit ihrem guten Namen
Die Pressekonferenz begann durchaus launig. Rathauschef Peter Jung zitierte eingangs den österreichischen Schauspieler Johann Nepomuk Nestroy: „Die alten Phönizier haben das Geld erfunden, aber warum so wenig davon?“ Doch dann wurde Jung schnell ernst: „Wir müssen heute konstatieren, dass uns die Teilnahme am nationalen und internationalen Geldverkehr unterm Strich vor allem eines eingebracht hat: Schulden!“
Er ist Jung und braucht das Geld: Wuppertals Oberbürgermeister kämpft dafür, dass mehr Geld in der Stadt ausgegeben wird anstatt im Umland.
Wuppertal habe kein Einnahme- sondern ein Ausgabeproblem. Zu viele Euros müssten für Sozialleistungen aufgebracht werden, und nur ein geringer Teil davon bleibe in der Stadt. Jung: „Wir, die Wuppertalerinnen und Wuppertaler, sind es leid, dass wir Millionen für soziale Aufgaben aufwenden und die Empfänger das Geld sonstwo ausgeben. Wir müssen die Kaufkraft in Wuppertal halten!“
Auf dem Kieker hat Jung auch städtische Bedienstete, die ihr Geld in Wuppertal verdienen, es aber an ihren Wohnorten im Umland „verjubeln“. Künftig sollen in Wuppertal Sozialleistungen und städtische Löhne und Gehälter sowie die Besoldungen von Beamten zu 15% in einer neuen Kunstwährung, dem Wupper-Taler, ausgezahlt werden. Allerdings nur dann, wenn die Empfänger dagegen nicht schriftlich Widerspruch einlegen. Der Clou: Das neue Geld kann nur in Wuppertal in speziell lizenzierten Geschäften und Einrichtungen ausgegeben werden.
Vorderseite des neuen „100 Wupper-Taler“-Scheins mit Hologramm und Wasserzeichen. Die neuen Banknoten zeigen Bauwerke und Sehenswürdigkeiten.
Als Testmarkt für das Experiment hat sich von Mai bis Juli der Barmer Einzelhandel zur Verfügung gestellt. City-Managerin Anna Wittmer: „Wer mit dem Wupper-Taler zahlt, erhält in den Geschäften auf dem Werth einen Rabatt von 2%.“ Sind die Erfahrungen in Barmen positiv, wollen die Händler in Vohwinkel und Elberfeld ab August folgen.
Beispiele für auf den ersten Blick skurril anmutenden Kunstwährungen gibt es viele. So wird in Bremen mit dem „Roland“ und am österreichischen Chiemsee mit dem „Chiemgauer“ bezahlt. In Karlsruhe geht der „Carlo“ über den Ladentisch. Auch ganz in unserer Nähe, im Rhein-Sieg-Kreis, wird über eigenes Geld nachgedacht. In der US-Stadt Ithaca ist die Währung „hours“ so viel wert wie 10 US-Dollar. Die Bewohner der englischen Stadt Lewes zahlen die Zeche in ihrem Pub mit „Lewes-Pfund“ statt dem britischen Pfund Sterling.
„Carlo“ und „Chiemgauer“ sind Kunstwährungen, die sich bereits bewährt haben.
Um Werbung für das neue Zahlungsmittel zu machen, setzt man im Rathaus erstmals auf soziale Netzwerke im Internet. Die städtische Pressechefin Martina Eckermann, die in der Vergangenheit nicht als Anhängerin von Online-Medien aufgefallen ist, stellte die Kampagne sichtlich begeistert vor: „Wir arbeiten mit Sascha Poddey zusammen, dem Erfinder der Facebook-Fanseite ‚I ♥ Wuppertal‘. Er hat zur Einführung unseres neuen Geldes die Kampagne ‚I ♥ Wupper-Taler‘ entwickelt.“
Um das Kunstgeld fälschungssicher zu machen, haben die Scheine mehrere Sicherheitsmerkmale, wie zum Beispiel ein Hologramm und ein Wasserzeichen. Nicht nur darin ähnelt der Wupper-Taler dem Euro, auch die Kaufkraft ist die gleiche – noch! Kämmerer Johannes Slawig rechnet damit, dass das neue Geld auf lange Sicht stabiler sein wird als die europäische Währung: „Wir werden den Fehler der Euro-Väter nicht wiederholen und unser Geld ganz sicher nicht durch die Integration von Weichwährungen kaputt machen.“ Festen Wechselkursen mit der bergischen Schwesterstadt Solingen, die an einer eigenen Lokalwährung, dem „Soli“, bastelt, erteilt der Herr über Wuppertals Kassen damit eine unmissverständliche Absage.
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Nachtrag (2. April):
Schade, die Meldung war nur ein Aprilscherz. Auf die Idee, ihr eigenes Geld zu drucken, ist die Stadtverwaltung in Wahrheit noch nicht gekommen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden…
Danke an Sascha Trynoga für die Anregung!
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Foto: Georg Sander
Weiter mit:
die idee mit dem freigeld macht tatsächlich sinn und hat auch schon funktioniert.
sie wird bei stadt- oder staatsbankrotten, verbunden mit steigender inflation, an aktualität gewinnen.
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3946&cob=303629
aber wer erwartet schon ökonomischen sachverstand bei dieser stadtregierung, die wuppertal mit 2.000.000.000 € schulden + 80.000.000 € jahreszinsen unaufhaltsam in die zahlungsunfähigkeit treibt…
..und die Bergbahn wird demnächst dann auch wieder fahren – als 4-spännige Pferdebahn, woll? :-))
Ja, die Fahrt kostet 5 Wupper-Taler.
Fragen über Fragen, einfach herrlich. Das würde ja bedeuten, dass Schwelm bereits europäisches Ausland ist, was die Finanzen betrifft. Gilt dann das Schengener Abkommen? ;-)))
Finde ich eine sehr gute Idee! Aber was mache ich, wenn ich nie nach Barmen komme? Ich bin ELBERFELDER, ich war 12 Jahre nicht mehr in Barmen! Sind die Scheine markiert, kann Ich denn später, wenn alle Stadtteile mitmachen, den BARMER WUPPERTALER dann auch in Elberfeld ausgeben, oder muss ich vorher den ELBERFELDER WUPPERTALER umtauschen? Im Zweifelsfall erleide ich dann ja einen Kursverlust, der nicht unerheblich ist. (Ganz zu schweigen von einem CRONENBERGER WUPPERTALER) Da besteht noch Regulations-Bedarf – das öffnet den Spekulanten sonst Tür und Tor!
Ich schlage vor, dass Elberfelder, die in Barmen einkaufen, dort ein Begrüßungsgeld von 40 Wupper-Talern bekommen. Das erleichtert die Integration, von der in diesen Tagen ja so viel die Rede ist.
Klasse! Endlich mal ein richtig cooler Aprilscherz – und so hübsch aufgemacht!
Realitätsfern wie immer. Bleibt beim Euro, aber gebt das Geld dort aus, wo es verdient wird. Das ist Kaufkraft erhalten.
GLÜCKWUNSCH, zu der tollen Idee, Monopoligeld für Wuppertal. ;-)) Über den beigefügten Link kommt man zu einem anderen APRILscherz. ;-))