Entwicklungsagentur: Erneute Kritik aus Solingen

In der jüngsten Solinger Haupt- und Personalausschusssitzung wurde die Bergische Entwicklungsagentur GmbH (BEA) stark kritisiert. Zu langsam, zu intransparent und zu unerfolgreich lautete die Kritik der Politik aus Solingen.

Solingens Oberbürgermeister Norbert Feith hat sich während der Sitzung des Haupt- und Personalausschusses am 23.09.2010 die Generalkritik für die nächste Versammlung der BEA-Gesellschafter im November 2010 vorgemerkt („Politiker-Schelte für Regional-Agentur“, ST vom 25.09.2010).

BEA-Geschäftsführer Bodo Middeldorf konterte die Kritik der Politik aus Solingen damit, dass „… gerade in der zurückliegenden Zeit die Solinger Politik umfassend über die Aktivitäten in Kenntnis gesetzt zu haben.“ („Kritik an Tourismus-Machern“, RP vom 25.09.2010). Ebenso erfolgreich referierte Bodo Middeldorf jüngst im Solinger Ausschuss für Kultur, Stadtmarketing und Tourismus zum Thema „Regionale Aktivitäten im Bereich Tourismusförderung“. So wollen sich die Solinger Ausschussmitglieder auch in der nächsten Sitzung nochmals und dann ausführlicher über das Thema informieren lassen („Ziele erkannt, Handeln steht aus“, ST vom 17.09.2010).

Grundlage für die Bergische Entwicklungsagentur GmbH

Die Bergische Entwicklungsagentur GmbH hat als Nachfolgeorganisation der Regionale Agentur 2006 übergangslos ihre Tätigkeit am 1. Oktober 2007 fortführen können. Gesellschafter sind die drei bergischen Städte Remscheid, Solingen und Wuppertal, deren drei Stadtsparkassen, die bergische Industrie- und Handelskammer und die Wirtschaftsförderung Wuppertal AöR.

Die BEA-Wirtschaftsplanung sah für den Sechsjahreszeitraum 2007-2013 ein festes Budget von über 6 Millionen Euro vor. Daneben stehen rund 2 Millionen Euro aus Restmitteln der Regionale 2006 zur Verfügung, die in die Konzeption und Umsetzung von Projekten eingesetzt werden können. Insgesamt also ein festes Gesamtbudget von 8.000.000 Euro.

Die Bergische Entwicklungsagentur GmbH hat ihren vertraglichen Sitz in der Stadt Solingen und der Vorstandsvorsitz der Gesellschafterversammlung liegt seit der Gründung bisher jeweils beim amtierenden Oberbürgermeister der Stadt Solingen.

Nach den Umsetzungen der Regionale 2006 in der Südstadt Solingen (Forum Produktdesign, Güterhallen etc.) hat sich die Stadt Solingen offensichtlich auch bei der BEA-Gründung sehr gut gegenüber den beiden anderen bergischen Großstädten Remscheid und Wuppertal positionieren können. Gleichwohl begannen von Solingen heraus direkt vom BEA-Gründungsstart an Streitereien um die BEA, die im Verlauf dann auch öffentlich über Pressemedien ausgetragen wurden.

Öffentliche Streitereien um die BEA in Solingen

1.) Anfang März 2008 startete der erste medial ausgetragene Streit zwischen dem Bergischen Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement gGmbH in Solingen und der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH in Solingen. Geschäftsführer Ralf Aßmann vom Bergischen Institut forderte mehrfach über Pressemedien, dass sich die Bergische Region zwischen dem Bergischen Institut und der Bergischen Entwicklungsagentur entscheiden müsse („Rückenwind fürs Institut“, ST vom 06.03.2008). Im Beitrag „Bergisches Institut ein Anhängsel?“ in der Solinger Morgenpost vom 7. März 2008 hieß es dazu: Ralf Assmann ist sauer. „Die müssen ihre Grenzen kennen“, sagt der Geschäftsführer des Bergischen Institutes für Produktentwicklung und Innovationsmanagement mit Blick auf die Bergische Entwicklungsagentur. … „Wir sind das Zentrum für Innovation. Die Region muss sich entscheiden, wen sie fördert.“ Der Streit wurde in einer Reihe weiterer Pressebeiträge fortgesetzt und sogar in den Hauptausschuss der Stadt Solingen hineingetragen, wo sich Ralf Aßmann über die BEA mokierte. Im Herbst 2008 wollte die BEA zur Ermöglichung eines Projektes beim Bergischen Institut dann eine größere Summe aus Restmitteln der Regionale 2006 als „Eigenanteil“ beisteuern und zeitgleich beruhigten sich scheinbar die Wogen bei Ralf Aßmann vom Bergischen Institut. Im Oktober 2008 hieß es dazu: „Auch die Entwicklungsagentur steuert ihr Scherflein bei“ („Studieren im Südpark: Auch Solinger Firmen schießen Geld zu“, ST vom 08.10.2008). Bei dem „Scherflein“ handelt es sich um einen „Eigenanteil-Zuschuss“ der BEA von 150.000 Euro für ein Projekt des Bergischen Instituts in Solingen, welches mit weiteren Eigenanteilen von der Bergischen Universität Wuppertal (222.000 Euro) und der Wirtschaftsförderung Solingen (40.000 Euro) unterstützt wird und im weiteren auch die Eigenanteile von der Stadt Solingen (Investitionsmaßnahme: Labor des Bergischen Instituts) gehören.

2.) Ab November 2009 wurde dann die Nachfolgediskussion um den Vorsitz in der BEA-Gesellschafterversammlung auch über Pressemedien geführt, da sowohl Solingens Oberbürgermeister Norbert Feith als auch Solingens Alt-Oberbürgermeister Franz Haug bekräftigten, am Vorsitz der BEA-Gesellschafterversammlung interessiert zu sein. Scheinbar musste zum Schluss in kleiner Runde in Solingen sprichwörtlich die Kuh vom Eis gebracht werden, denn auf der konstituierenden Sitzung auf Schloss Burg wurde Anfang Februar 2010 dann Solingens OB Feith einstimmig zum BEA-Vorsitzenden gewählt. Aber Solingens Alt-OB Haug ist dabei wohl auch nicht leer ausgegangen, da dieser den Vorsitz einer Expertenkommission zur Zukunft der bergischen Region erhalten soll („Feith sitzt der BEA vor“, RP vom 03.02.2010).

Scherflein- und Pöstchenvergabe als adäquate Methode der Problembewältigung?

Die bisher öffentlich geführten Streitereien um die BEA in Solingen und die dabei gewählten Solinger Vorgehensweisen bei den internen Bewältigungsversuchen deuten auf eine recht spezifische Art von Problembewältigungsmethodik in Solingen hin, die im Bergischen Städtedreieck teilweise auch als Bewältigungsmethodik für „Solinger Problembären“ wahrgenommen wurde.

Kann man nun aus den beiden scheinbar bewältigten Solinger Streitereien um die BEA gegebenenfalls auch den Lösungsweg für die erneute Kritik der Politik aus Solingen ableiten?

Da die aktuelle Kritik der Politik in Solingen zur BEA thematisch an den Tourismusaktivitäten der BEA auch zu Schloss Burg fest gemacht wurde, soll BEA-Geschäftsführer Bodo Middeldorf auch wieder direkt eine gute Nachricht parat gehabt haben. So sollen für die Erarbeitung eines Schadenskatasters über Schloss Burg jetzt auch 150.000 Euro aus alten Restmitteln der Regionale 2006 beigesteuert werden (siehe „Kritik an Tourismus-Machern“, RP vom 25.09.2010).

Offenbar wurde auch hier die mittlerweile in Solingen bewährte Methodik zur akuten Problembewältigung eingesetzt, die wahrscheinlich solange weiter fortgesetzt und wirksam werden kann, wie die „alten“ Restmittel der Regionale 2006 von 2.000.000 Euro nicht vollständig aufgebraucht sind.

Wird die Tätigkeit der BEA kontrolliert?

Die BEA GmbH wurde auf Basis des Handlungsrahmens (Teil 1) „Strukturimpulse für das Bergische Städtedreieck“ (April 2007) gegründet und ist mit öffentlichen Mitteln in beträchtlicher Höhe ausgestattet worden. Dieser Handlungsrahmen wurde schon direkt beim BEA-Start außer acht gelassen, was die Basis für die zeitparallel beginnenden und später in Pressemedien ausgetragenen Streitereien zwischen dem Bergischen Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement gGmbH und der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH wurde (siehe auch „Corporate Identity des Bergischen Städtedreiecks?“).

Der Vorsitzende der BEA-Gesellschafter betonte zwar noch Anfang Juli 2010, dass „Die Bergische Entwicklungsagentur leistet ungeheuer wertvolle Arbeit für die Region“ und „, … wir brauchen unsere bisherigen Erfolge daher keineswegs verstecken“. Gleichzeitig wurde jedoch beschlossen, dass der Handlungsrahmen (Teil 1) „Strukturimpulse für das Bergische Städtedreieck“ (April 2007) in Arbeitsgruppen mit Fachleuten der drei bergischen Großstädte überarbeitet werden soll. Die Ergebnisse sollen bis zum 8. Oktober 2010 präsentiert werden (BEA-PM vom 09.07.2010).

Weiter hat im Juli 2010 der Rat der Stadt Wuppertal einstimmig beschlossen, dass die Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur zu evaluieren ist. Der dem Rat der Stadt Wuppertal bis zum 30. September 2010 vorzulegende Evaluationsbericht soll unter anderem eine Evaluation von Effizienz und Effektivität der Aufgabenwahrnehmung und Tätigkeit der BEA enthalten (Wuppertaler Ratsvorlage VO/0499/10).

Der BEA-Lenkungskreis wird von Mitgliedern wohl teilweise wie ein Ort zum Kaffee trinken wahrgenommen, gleichwohl sich dieser unter anderem aus den Bundestagsabgeordneten, den NRW-Landtagsabgeordneten und den Vorsitzenden der Ratsfraktionen aus den drei bergischen Städten Remscheid, Solingen und Wuppertal zusammensetzt (siehe auch „Kritik an Tourismus-Machern“, RP vom 25.09.2010). Jedoch wurde der BEA-Lenkungskreis bisher nur recht selten einberufen und zudem blieben bei der Findung der Sitzungstermine offensichtlich die Sitzungswochen des Deutschen Bundestages und des Landtages Nordrhein-Westfalen jeweils unberücksichtigt. Zudem wird wohl schon eine längere Zeit darüber nachgedacht, ob die Einrichtung eines Aufsichtsrats nach den ersten drei Jahren des BEA-Bestands für die vorgesehene Restlaufzeit noch hilfreich wäre, was bis zur nächsten BEA-Gesellschafterversammlung im November 2010 geklärt werden soll.

Zwischenfazit:

So ist es nicht verwunderlich, dass das vielfach in Pressemedien ausgetragene Gezänk um die BEA zwischenzeitlich auch Kabarettisten erreicht hat (siehe „Wer will schon Arbeits-Nachweise?“, WZ vom 09.07.2010).

Nun sind aber für Anfang Oktober 2010 erst einmal die Ergebnisse der BEA-Evaluation und der Handlungsrahmen-Überarbeitung angekündigt worden, die hoffentlich nicht nur konstruktives Material für Kabarettisten beinhalten.

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Kommentare

  1. CtEvD sagt:

    Ach „Wupperviereck“, wie nutzbringend ist es, immer und immer wieder alte Kamellen auszugraben, die längst beigelegt und mittlerweile in einer sehr guten Zusammenarbeit gemündet sind? Dass die bergische Kooperation auf vielen Ebenen gewollt und auch gelebt wird, dürfte mittlerweile deutlich sein. Dass sie in vielen Bereichen noch in den Kinderschuhen steckt, ist einfach der Tatsache geschuldet, dass sie noch relativ jung ist. Andere Regionen haben da schon Jahrzehnte Vorsprung, die Regionale 2006 hat sie dank der zur Verfügung gestellten Mittel in Gang gebracht. Das hat vieles vereinfacht, denn seinerzeit war das Geld da, es mussten Projekte ermittelt werden, die dann auch gleich umgesetzt werden konnten. Nun sieht es anders aus, jetzt müssen nicht nur sinnvolle Projekte gefunden werden, die bedeutsam für die ganze Region sind, sondern auch noch die notwendigen finanziellen Mittel eingeholt werden. Angesichts der verschlechterten Lage der Finanzsituation aller drei Städte ein mühsames Unterfangen.
    Wie wäre es also nun – anstatt an dieser Stelle alte und neue Kritik immer wieder neu anzumischen – mit einer konstruktiven Zusammenarbeit und Unterstützung? Ich setze einfach mal voraus, dass das Ziel doch ein gemeinsames ist: Die Region Bergisches Städtedreieck als jetzt schon lebenswerten Wohn- und Arbeitsstandort in die Zukunft zu tragen.

    1. Wupperviereck sagt:

      Die beiden Solinger Ausschusssitzungen haben am 16.09.2010 und am 23.09.2010 stattgefunden, in denen sich auch mit Vorhaben der Entwicklungsagentur und mit der Entwicklungsagentur selbst beschäftigt wurde, was auch pressemedial dokumentiert worden ist. Die drei Berichte in den Pressemedien über diese Ausschussbeschäftigungen zur Entwicklungsagentur sind vom 17.09.2010 und vom 25.09.2010. Dies wird im Allgemeinen als recht aktuell angesehen.

      Das Ziel positiver regionaler Entwicklung wird in allen betrachteten Stadtratsausschusssitzungen und verwiesener Pressemedienberichten nicht in Zweifel gezogen. Kritik richtete sich dort nur an der bisherigen Ausführung (Effektivität, Effizienz, Transparenz etc.) durch die Entwicklungsagentur, was sicherlich den Stadtratsausschüssen und den Pressemedien rechtlich zusteht. Hoffentlich wird hier niemand den Stadtratsausschüssen und Pressemedien dieses Recht der Kritik absprechen wollen! Nicht zuletzt verweisen die Stadtratsausschüsse und Pressemedien dabei darauf, dass auch die allerbesten Ziele, Zwecke, Aufträge etc. nicht alle Mittel heiligen. Dies ist im Allgemeinen zu begrüßen und fundamental für einen Rechtsstaat.

      Die Stadtratsausschüsse und Pressemedien haben nicht den Auftrag wie propagandistische Presseorgane der Entwicklungsagentur zu agieren. Aus einer sehr engen Sichtweise betrachtet, mag dies für die Entwicklungsagentur zwar bedauerlich sein, aber für die Gesellschaft ist die Einhaltung solcher Spielregeln durchweg besser.

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