Millionenschwere Verpflichtungen im Millionenloch

BUGA, Mietvertrag mit Clees über 30 Jahre, Pina-Bausch-Zentrum ohne Kostenvorgabe – und das in einem tiefroten Haushalt 2025.

Die gesperrte Brücke Kirchhofstraße

Die seit 2012 [1] gesperrte Eisenbahnbrücke Kirchhofstraße ist ein Paradebeispiel, wie notwendige Investitionen durch Festhalten an überteuerten Megaprojekten auf die lange Bank geschoben werden. Dabei weiß schon jedes Kind und auch die Stadt, daß diese Methode die teuerste ist: „Durch weiteres Aufschieben dieser notwendigen Sanierungsmaßnahmen könnten Bauwerke einen kritischen Erhaltungszustand erreichen, der nur noch eine Kompletterneuerung
möglich machen würde.“ (Zitat aus [2])

Beim Döppersberg verschwindet zunächst das Millionen Euro teure Werkstattverfahren von 97//98 samt Bahnhofszigarre und das Science-Center als „nicht finanzierbar“ in der Versenkung, um dann über zehn Jahre später als Klagemauer mit viel zu kleinem Gummibahnhof oben neben dem Wuppertal-Institut wieder aufzuerstehen. Denn weder die Reisebusse, noch dem Großteil des Einsatzverkehrs zur Uni können direkt am Zentralen Bushof abgewickelt werden. Die Kosten stiegen derweil von 85 Millionen Euro 2007 über die „Deckelung“ auf 105 Millionen 2013 bis auf 170 Millionen Euro 2016 – Ende dank immer noch laufender Klageverfahren offen.

Auch die Stadt Wuppertal als Gebietskörperschaft unterliegt den Wirtschafts- und Finanzregeln. Heißt: Die begrenzten finanziellen Mittel müssen sinnvoll auf die notwendigen Investitionen aufgeteilt werden. Das „Tafelsilber“ wurde bereits zu Zeiten des OB Kremendahls verscheuert, der Investitionsstau beläuft sich auf eine mittlere dreistelligen Millionenzahl. Trotzdem werden noch großspurige, langfristige Verpflichtungen von „Leuchtturmprojekten“ eingegangen. Und damit werden wirklich wichtige Investitionen noch weiter zurückgestellt.

Welche nachhaltigen Klima- und Infrastrukturprojekte sind denn für die BUGA 31 geplant? Hochwasserschutz? Schwammstadt? – Fehlanzeige. Eine kreuzungsfreie und steigungsarme Radwegeverbindung zwischen Dönberg und Cronenberg? Fehlanzeige. Selbst die BUGA-Hängebrücke als eine der „notwendigen Nord-Süd-Verbindungen für Radfahrer und Fußgänger“ (Ex-Stadtplanungsdezernent Minas) [3] entpuppt sich in der konkreten Planung als eine wackelige, reine Fußgängerhängebrücke [4].

Weder ist bekannt, wie während der BUGA die Fahrräder der zahlreichen Öko-Besucher über die Brücke kommen sollen, noch welche sinnvollen Ziele denn nach der BUGA mit der Brücke leichter erreichbar sein sollen. Der Ehrenfriedhof für Nützenberger? Der Kinderspielplatz für Königshöher?

Vom ökologischen Unsinn [9] einer Hängebrücke ganz zu schweigen, zu deren Bau erst ein halber Wald gerodet werden muß. Ebenso von der Schnapsidee, die Besucher würden alle schön die Entfernungen mit dem Rad zurücklegen, wo während vergangener BUGAs stets ein Shuttle mit Bus oder Tram notwendig war.

Bereits zum jetzigen Zeitpunkt wurden Millionen Euro und viel Manpower im BUGA-Kamin verbrannt, denn der Zeitdruck ist „groß“. Das war er auch in Rostock, bevor die Kosten den Verantwortlichen von ursprünglichen 110 Millionen Euro auf 184 Millionen Euro aus dem Ruder liefen und die BUGA 25 abgesagt wurde.

Beim zehn Jahre verspäteten Architekturwettbewerb um ein Pina-Bausch-Zentrum hat die Stadt dann lieber gleich vergessen reinzuschreiben, welchen Preisrahmen man sich hierbei vorstellt. Wenn dann der hochgelobte Siegerentwurf erst in Preisregionen weit jenseits der (gedachten) Preisgrenze von 100 Millionen Euro realisierbar ist, nutzt es auch nicht zu versuchen, die Kosten krampfhaft runterzuhandeln – denn bei Aus des Projektes droht ein millionenschwerer Schadenersatz an die Architekten der Siegerentwürfe, von denen man gleich drei gekürt hat.

Das Thema Stellplätze wird ebenso ausgeklammert: Die vorhandenen Stellplätze werden überbaut, neue Stellplätze kommen im Siegerentwurf nicht vor, und das Parkhaus im Cinemaxx wird durch die Idee „Tanz in der Wupper“ vom Straßennetz abgeklemmt. So entledigt sich die Stadt Wuppertal diesem Thema.

Genauso totgeschwiegen werden die Folgekosten des Wuppertaler Korruptionssumpfes und des Cross-Border-Leasings von MVA auf Korzert (läuft bis 2027 oder 29) und des Abwassernetzes, für das die Wuppertaler teilweise immer noch Lehrgeld blechen. [6] Anfragen hierzu verlaufen ins Leere. 1997 verkaufte zum Beispiel die städtische GWG die Anlage „Springer Bach“ an eine Fondsgesellschaft und mietete sie auf 20 Jahre zu einem völlig überhöhten Festpreis von 17,62 Euro pro Quadratmeter zurück. [7] Allein bis 2001 entstand daraus ein Verlust von 13,5 Millionen Mark.

Genau deshalb muß mit den Erfahrungen aus der Affäre die ehemalige Bahnverwaltung gleich auf 30 Jahre fest angemietet werden. Das einzige, was nicht fest ist und steigen kann, sind die Mieten. Gleichzeitig investiert die Stadt Millionen Euro in das Baudenkmal wie in ein völlig verhunztes Dachgeschoß [8], wo andernorts weit strengere Gestaltungsmaßstäbe selbst für neue Gebäude in direkter Umgebung angesetzt werden.

Für die eingangs erwähnte Brücke Kirchhofstraße waren 2022 2,4 Millionen Euro eingeplant [10], aktuell soll sie für 3,6 Millionen Euro „bis Ende 2026“ neu gebaut werden. [11] Wir werden ja sehen, ob es angesichts des zu erwartenden städtischen Haushaltslochs 2025 in dreistelliger Millionenhöhe dabei bleibt. [12]

Hinweise, Quellen und Verweise

[1] BUGA-Drahtseilakt statt Hängebrücke
→ https://www.njuuz.de/home/politik/buga-drahtseilakt-statt-haengebruecke/
→ https://www.njuuz.de/home/politik/sperrung-der-brucke-kirchhofstrase-und-temporare-parkverbote/

[2] VO/0200/12, Sachstandbericht über die Ingenieurbauwerke 2012,
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=13494

[3] Wuppertaler Rundschau, Leserbrief, „Stadtplanerische Chance wird wieder vertan“, 3. Januar 2024,
https://www.wuppertaler-rundschau.de/-104391083

[4] Bebauungsplan 1294 – BUGA 2 / Hängebrücke, Aufstellungsbeschluss, VO/0460/24,
https://ris.wuppertal.de/vo0050.asp?__kvonr=31647

[5] Nordkurier, 23. Juni 2022, „Rostocker Bürgerschaft hat Buga 2025 abgesagt“,
https://www.nordkurier.de/-1128746

[6]

WfW: Führt(e) die Stadt Wuppertal eine schwarze Kasse?

[7] WZ vom 8. März 2003: „Ein Geschäft mit bösen Folgen“

[8] Wuppertaler Rundschau, Leserbrief: „Wer genehmigt so einen unproportionalen Murks?“, 14. August 2024,
https://www.wuppertaler-rundschau.de/-117763871

[9] Beispiel: Die Internationale Gartenschau (igs) in Hamburg 2013. Kosten 154 Mio. Euro, Defizit 37 Mio. Euro, jährliche Folgekosten 1,4 Mio Euro.
Im Zuge der Vorbereitungen für die igs 2013 in Hamburg-Wilhelmsburg wurden nach einem Bericht der „Harburger Anzeigen und Nachrichten“ fast 2500 Bäume gefällt und mehr als 4000 laufende Meter Heckenbewuchs entfernt. Zur Anlage einer Lärmschutzwand wurde zudem eine 2860 Quadratmeter große Feuchtwiese trockengelegt. Hamburg gab insgesamt 70 Millionen Euro für die igs aus. Allein für die Anlage von 2500 Parkplätzen, die nur während der Gartenschau genutzt wurden, wurde ebenfalls dauerhaft Natur zerstört. Und selbst die Ausgleichsmaßnahmen im Osten der Elbinsel zerstörten nochmals intakte Biotope, da dort Feuchtgebiete und Wiesen umgestaltet wurden, um Platz für Baumpflanzungen zu schaffen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesgartenschau#citee-31_not

[10] Radio Wuppertal, 10 Jahre gesperrt: Brücke Kirchhofstraße wird neu gebaut,
https://www.radiowuppertal.de/-1491758.html

[11] Radio Wuppertal, Brücke Kirchhofstraße wird neu gebaut,
https://www.radiowuppertal.de/-2124533.html

[12] WZ vom 13. Oktober 2014, „Stadtpolitik ist sehr besorgt“. Zitat: „Kämmerer Thorsten Bunte [hat] aufgezeigt, dass der Haushalt der Stadt Wuppertal im kommenden Jahr ein Defizit von rund 154 Millionen Euro aufweisen wird.“
https://www.wz.de/-120055403

Anmelden

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert