Nicht die „ob“ Frage sondern die „wie“ Frage stellen!
Auf dem Podium: Andreas Bialas (SPD-Landtagsfraktion/Kulturpolitischer Sprecher), Sven Macdonald (Wirtschaftsförderung Wuppertal/Gewerbeflächenmanagement & Investorenbetreuung), Oliver Francke (Bergischer ThinkTank), Christian Watty (Dramaturg und Berater für internationale Kulturprojekte), Christian Hampe (Clownfisch) und Anni Roolf (Coworking Wuppertal). Moderation: Petra aus dem Siepen (Büro Longjaloux)
Die Kreativszene ist Motor für Neuerungen
Die Entwicklung neuer Ideen ist das tägliche Brot der Kreativen. In einer industriell geprägten Region ist die Kreativszene der Motor für Neuerungen. Sie setzt fortlaufend Impulse und ist damit auch Motor für Entwicklung und Aufwertung. Mit diesem Statement startete Oliver Franke in die von Petra aus dem Siepen moderierte Podiumsdiskussion, die am vergangenen Mittwoch während der 2. Jelly Week im Haus der Jugend statt fand. In den folgenden 2 Stunden fand ein engagierter Diskurs statt, in dem alle Beteiligten herauszufinden versuchten, welche Impulse die Region braucht, um die Abwärtsspirale in Wuppertal umzukehren.
Wuppertal nutzt sein Potential nicht
Christian Watty, zwischen Deutschland und Frankreich häufig unterwegs, führt das Beispiel Montpellier an. Der Tanz wurde dort zu einem der wichtigsten Motoren für den Strukturwandel. Von einer grauen und armen Stadt hat sich, laut seiner Aussage, Montpellier binnen 30 Jahren zu einer blühenden Metropole gewandelt. Für ihn lautet die Frage die Wuppertal sich stellen muss nicht, ob das Schauspielhaus zu einem Haus für den Tanz umgebaut werden soll, sondern wie das Haus zu einem Tanzhaus werden kann. Denn das Potential des weltberühmten Tanztheaters Pina Bausch und der in Wuppertal lebenden Kreativen, ist seiner Meinung nach, noch nie richtig von und für die Stadt genutzt worden. Dabei dürfe allerdings nicht die Archivierung des Pina Bausch Erbes und die Schaffung einer Pilgerstätte für Vergangenes im Zentrum stehen, sondern die Weiterentwicklung des Tanzes im Geiste Bauschs. Vor allen Dingen junge Leute seien der Schlüssel, um Zukunft zu schaffen. Auch dafür liefere Frankreich zahlreiche Vorbilder: Dort initiieren professionelle Tänzer selbstständig Schulprojekte. „Kultur kann zu einem Leuchtturm für eine Stadt oder eine ganze Region werden. Aber der muss von innen heraus wirken nicht von außen.“ Laut Watty muss aber eine politische Lobby für ein Tanzhaus vorhanden sein, „denn so lange es keine gemeinsame Vision gibt, gibt es keine Ansprechpartner für bürgerschaftliches Engagement.“
Die Folgen des strukturellen Defizits treiben die Menschen aus der Stadt
Andreas Bialas beschwört in seinem Eingangsstatement ‚die guten alten Zeiten‘: Noch vor 20 Jahren war Wuppertal die Stadt mit den wenigsten Schulden. Im Verlauf des Abends macht er immer wieder Bund und Land für das Wuppertaler Defizit verantwortlich – bezeichnet es als hauptsächlich strukturelles – stellt die Zahlen in den Raum: 90 Mio für Hartz 4 Empfänger, 26 Mio. Soli, 70 Mio Zinsen und fordert die Unterstützung ein. Erst mit der Abschaffung der Schuldenlast sieht er Wuppertal wieder handlungsfähig: „Das strukturelle Defizit trägt zur mangelnden Attraktivität bei, daher gehen die Leute.“ Zwei Themen werden Region und Stadt in die Zukunft führen:
1. das Thema Nachhaltigkeit
2. das Thema Kultur.
Mit dem Wuppertal Institut verfüge die Stadt über eine Institution die permanent neue Impulse für zukunftsfähige Industrien und Lebensweisen gibt. Wuppertal hat sie, laut Bialas, noch nie genutzt. International anerkannt und berühmt, sei die Arbeit des Instituts in der Stadt kaum zu spüren. Mit Pina Bausch und Tony Cragg, Lasker Schüler und Engels beheimatet Wuppertal einflussreiche Künstler und Denker, die das Potential der Stadt spiegeln. „Chinesen finden Engels klasse, aber die gehen nach Trier zu Marx, nicht nach Wuppertal“, er empört sich, „Es müsste zum Engelshaus Direktverbindungen geben – und zwar 5 pro Woche! Man darf sich doch nicht darüber unterhalten, ob der Bus davor stehen bleiben darf oder nicht.“
Die Rettung des Schauspielhauses steht in der Prioritätenliste für Bialas ganz oben. Denn inzwischen als Symbol der sterbenden Stadt Wuppertal bundesweit in den Negativschlagzeilen, bliebe nur die Rettung, damit bundesweit das Signal für die Umkehrung der Verhältnisse in Wuppertal gesetzt sei. Außerdem bekennt er reumütig, dass es eine „Förderschieflage“ zwischen freier und etablierter Szene in Wuppertal gäbe. Er bekennt sich zur Verantwortung, beklagt die mangelnde Lobby und verspricht Abhilfe.
Es gibt zu viel Vereinzelung
Für Sven Mc Donald ist Wuppertal eine Stadt, die den Pioniergeist in den Genen hat: „Sie ist ein Ort wo man was ausprobieren kann.“ Das Wuppertal Institut mit dem zukunftsträchtigen Thema Ressourceneffizienz ist vor Ort, Wuppertal ist Universitätsstadt, das Wtec ist eines der besten Gründerzentren mit 80 % Auslastung und 170 Unternehmen. Die Stadt verfügt über weitere 18.000 Unternehmen. Dennoch bezweifelt er, ob in Wuppertal genug Substanz da sei, die aktuelle Krise aus Haushaltsdefizit und demographischer Lage zu bewältigen: „Es gibt zu viel Vereinzelung“ stellt er fest. Auch wenn es im europäischen Ausland Beispiele gibt, die Mut machten. Als Beispiel führt er Newcastle in England an. Als Werftstadt völlig pleite, wollte niemand mehr in der Stadt leben. Inzwischen sei Newcastle Partymetropole und habe ein Museum für moderne Kunst, erbaut vom Stararchitekten Sir Norman Foster. Finanziert habe Great Britain die Blüte Newcastles durch Lotteriegelder.
In Wuppertal müsse die Kraft der Bürgerschaft gegen den Abwärtstrend mobilisiert werden. Als Beispiel führt er die Wuppertalbewegung an, mit deren Hilfe es gelungen sei, den Umbau der Nordbahntrasse zum Radweg zu finanzieren. Im Schauspielhaus sieht er eine Nutzungsmischung aus Pina Bausch Archiv, einem Raumprogramm und Nutzungankern als Zugpferde. Für kleinere Projekte wie die Umnutzung von Ladenlokalen, oder Fabriken bietet er Beratungsunterstützung und Moderation bei Behördengängen an.
Eine Stadt braucht das Herzblut seiner Bürger
Christian Hampe von Clownfisch verstärkt die Aussage: das Engagement der Bürger sei elementar – es brauche Herzblut für seinen Heimatort. Wuppertal ist für ihn keinesfalls am Ende – im Gegenteil die Szene ist kreativ, quirlig und lebendig. „Nur die Stadt kann eben die 10 – 30 Mio. nicht mehr aufbringen,“ sagt er. Kreative Zwischennutzungen wie die Ausstellungsprojekte von Clownfisch in den Elbahallen, oder dem Designmarkt „Needful Things“ in leer stehenden Ladenlokalen seien notwendig, um eine Stadt lebendig zu halten: „Wuppertal muss Modellstadt werden, Menschen die hier Dinge entwickeln, müssen hier bleiben wollen. Ein Schlüssel zum Erfolg wird sein, die Menschen zu stärken, die hier leben und arbeiten!“
Das kreative Potential Wuppertals muss gebunden werden
Anni Roolf fordert einen Einstellungswandel. Um Neues aufzubauen, brauche es den Pioniergeist den Wuppertal immer schon hatte: „Wuppertal muss Pionierstadt werden.“ Ein echter Unternehmer entwickele aus dem Nichts etwas, aus Lücken neue Ideen. Wuppertal habe viele Lücken und ebenso viele Chancen. Universität und viele kreative Köpfe seien da, es sei eine Aufgabe der Behörden Räume zu schaffen, um unternehmerische Projekte, wie auch Kulturprojekte durchführen zu können. Den Vergleich mit Köln und Berlin müsse Wuppertal, laut Anni Roolf nicht scheuen. Es fehle allerdings an Netzwerken. Als Beispiel führt sie den Informationsarchitekten aus Wuppertal an, der für Vorwerk große Aufträge durchführt, aber eine Frankfurter Agentur beauftragen muss, um seine Ideen umzusetzen. „Anlaufstellen fehlen, Netzwerke, neue Knotenpunkte, neue Schnittstellen müssen geschaffen werden, damit die Projekte in der Stadt bleiben,“ und „Wuppertal ist eine Stadt mit viel Potential und kreativer Gegenwart. Es geht darum das Potential zu binden!“ das ist die Herausforderung vor der Wuppertal steht.
Wie bewege ich den bergischen Menschen
Die letzte herausfordernde Frage von aus dem Siepen lautete: „und jetzt noch bitte ein kurzes Statement zum Thema: Wie bewege ich den bergischen Menschen?“
Die Liste der Ideen lautet:
– Den Leuten Lust machen! (Watty)
– Mehr Information bringen, mehr über Neues berichten, mehr Neues ausstellen (Roolf)
– Mut machen durch vormachen (Hampe)
– Nicht Klagen, einfach machen (Franke)
– Kultur billiger machen und die Leute abholen wo sie sind. Sisley sieht man überall. Die Kunst und die Kultur muss in das Stadtbild gebracht werden.(Bialas)
– Für jede Brache gibt es ein Problem. Diese Haltung muss aufgegeben werden. (McDonald)
– Mehr Beteiligung fordern und nicht die „ob“- Frage stellen sondern die „wie“- Frage (Publikum)
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Hallo,
leider konnte ich hier nicht erkennen, wer den Artikel hier geschrieben hat, aber es ist doch einiges verkürzt und wiederum einiges an sehr klugen Einwänden aus dem Publikum gar nicht erwähnt. Finde es schade ….
Stichworte: Klöngel/in Fragestellung der Verteilung von Geldern in der freien Kunst-und Kulturförderung über die Stadtverwaltung – ungenutzte Synergieeffekte/fehlende Ganzheitlichkeit bei der Planung von Events (Bsp. Monet-Ausstellung – Stillegung Schwebebahn) Hofaue, usw. – Insgesamt war der Austausch von Meinungen jedoch sehr gut und solche Veranstaltungen sollten häufiger stattfinden … eine wichtige Veranstaltung für Wuppertals Zukunft!
Hallo Mustafa
Danke für den Kommentar. Wenn Sie auf das Kürzel meines Namens klicken können Sie lesen wer dahinter steckt!
Zu Ihren Einwänden: sicher muss gekuerzt werden, wenn ich den Artikel nicht uebermaeßig lang schreiben möchte. Ich setze Schwerpunkte, das ist mein Job. Ich moechte die Leser ja nicht langweilen. Daher ist es gut, wenn Sie in Ihren Kommentaren den Inhalt des Artikels ergänzen. Also immer fleißig kommentieren 😉 Njuuz kann dadurch nur noch besser werden!