Wuppertal 2025 im Check: Teil 1 – Innovation und Wirtschaftskraft
Wuppertal 2025
Das Strategiekonzept „Wuppertal 2025“ soll Projekte definieren, die unsere Stadt in Zukunft lebenswerter und wettbewerbsfähiger machen. Ein Steuerungsgremium, dem die Rathausführung, die Universitätsleitung sowie die Spitzen von WSW und Sparkasse angehören, hat auf der Basis von Vorschlägen der Bürger 13 Schlüsselprojekte vorgestellt, die sich in die Kategorien „Innovation und Wirtschaftskraft“, „Facettenreiche urbane Lebensräume“, „Bewegung und Begegnung“ und „Faszinierende Kulturszene“ gliedern.
1. Hoch hinaus im Städteranking – der Wuppertaler “New Deal”
Bei Städtevergleichen, die Wirtschaftskraft und Dynamik der untersuchten Kommunen widerspiegeln, belegt Wuppertal meist einen Platz am Ende. Das soll anders werden. Die Idee: der Anteil von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen wird gesteigert. Das soll mit handfesten Anreizen für die Unternehmen erreicht werden: Wenn in jedem Jahr 500 neue Jobs geschaffen werden (5.000 bis zum Jahr 2025), wird als Gegenleistung der Gewerbesteuerhebesatz von derzeit 490 auf 477 Prozentpunkte gesenkt.
Realisierungschancen: Eher vom Zufall als vom Willen der Stadt abhängig
Für die Machbarkeit des „New Deal“ spricht, dass Wuppertaler Firmenlenker immer wieder gezeigt haben, dass sie über den Tellerrand des eigenen Unternehmens hinaus auf das Wohl der Stadt schauen und entsprechend handeln können, wenn es die Lage erfordert. Die Aussicht, dabei die Gewerbesteuerlast senken zu können, mag zusätzlich motivieren. Doch ob in der Wirtschaft auf breiter Front mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, hängt in erster Linie von Faktoren wie der individuellen Situation des Betriebs, der Konjunktur, den Lohnkosten usw. ab, ist also von der Stadt nur wenig beeinflussbar. Und: sollten in der Wuppertaler Wirtschaft tatsächlich mehr Jobs geschaffen werden, würde ein Unternehmen, das gegen den Trend Arbeitsplätze abbaut oder ins Ausland verlagert, ebenfalls von der geringeren Gewerbesteuer profitieren.
2. Wuppertal bringt nach vorne: die Lernfabrik
Um Jugendliche auf das Berufsleben vorzubereiten, sollen sie durch die „Bündelung von Förderangeboten und die konsequente Verknüpfung mit unternehmerischem und ehrenamtlichem Engagement unter einem Dach“ unterstützt werden. Das Angebot richtet sich vor allem an junge Menschen mit „Förderbedarf“, deren Ausbildungsfähigkeit bis Klasse 10 an einem „Lernort“ sichergestellt werden soll. Dazu bedarf es laut Konzept „Wuppertal 2025“ der Selbstverpflichtung der Jugendlichen und sogenannter „Paten“, die sie auf ihrem Weg unterstützen. Ist der Jugendliche erfolgreich, erhält er eine Art Zeugnis, die seine Ausbildungsfähigkeit bescheinigt.
Realisierungschancen: Andere zeigen bereits, dass es funktionieren kann
Der Ansatz ist nicht neu. In unserer Stadt gibt es bereits seit etlichen Jahren Initiativen, die Jugendliche auf dem Weg in den Beruf begleiten, zum Beispiel das Wuppertaler Patenprojekt. Neu am Ansatz im Konzept „Wuppertal 2025“ ist der zentrale „Lernort“. Man darf annehmen, dass hier das erfolgreiche Konzept der Junior Uni Pate stand. Insofern spricht einiges für den Erfolg der „Lernfabrik“. Problem: Die Idee unterstellt, dass alle Jugendlichen generell ausbildungswillig sind. Die Praxis bei anderen Initiativen hat jedoch gezeigt, dass diese Annahme oft zu optimistisch ist. Motivationsdefizite, deren Ursachen z.B. in der Erziehung durch die Eltern begründet sind, können durch Externe meist nur schwer ausgeglichen werden.
3. Unternehmer und Verwaltung: Mit Kommunikation zu neuer Gestaltungskraft
Das Rathaus müsse ein wirtschaftsfreundlicheres Image erhalten, heißt es im Konzept „Wuppertal 2025“. Die Stadt soll durch „das Engagement der Verwaltung für ihre Unternehmerinnen und Unternehmer“ von sich reden machen. Dies soll auf drei Wegen gelingen:
- In einem „strukturierten Dialog“ mit Unternehmern sollen kommunale Entscheidungsprozesse transparent gemacht werden.
- Das „unternehmens- bzw. wirtschaftsbezogene Verwaltungshandeln“ soll optimiert und die Kommunikation zwischen Verwaltung und Unternehmen verbessert werden.
- Unternehmerische Aktivität soll „durch volles Ausnutzen von vorhandenen Handlungsspielräumen“ gefördert werden.
Realisierungschancen: Die Ziele sind bereits Wirklichkeit – oder werden es niemals sein
Die Wirtschaftsförderung und das Technologiezentrum W-Tec leisten seit Jahren anerkannt erstklassige Arbeit und sind längst nah dran am Unternehmer. Diese Einrichtungen wurden eigens gegründet, weil die Verwaltung sich im Dialog mit der Wirtschaft schwer tut. Wenn sich das Rathaus jetzt einen „strukturierten Dialog“ verordnet, das „wirtschaftsbezogene Handeln“ optimieren und „vorhandene Handlungsspielräume“ nutzen will, stellt sich die Frage, warum das unter der Leitung des früheren Unternehmers und jetzigen Oberbürgermeisters Peter Jung nicht längst geschehen ist – und wieso es jetzt plötzlich gelingen soll. Übrigens: Ähnliche Ziele wurden schon vor Jahren vom Rat beschlossen und stehen längst auf der städtischen Homepage unter dem Stichwort „Wachstum für Wuppertal„.
Was fehlt im Teil „Innovation und Wirtschaftskraft“?
Es fällt auf, dass die Verstärkung der Bergischen Kooperation keine Rolle zu spielen scheint. Dabei wäre es von enormer Bedeutung, gemeinsam mit den Nachbarstädten Solingen und Remscheid als einheitliche Region aufzutreten, um im Wettbewerb der Metropolen wahrgenommen zu werden. Die Bergische Entwicklungsagentur wurde dafür einmal gegründet, wird jedoch weiterhin ein Schattendasein führen, solange es am politischen Willen für eine Verstärkung der Zusammenarbeit mangelt.
Transparenzhinweis:
Der Autor war von 2005 bis 2008 Geschäftsführer der Wuppertal Marketing GmbH.
Weitere Informationen:
>> Wuppertal 2025 auf der Homepage der Stadt Wuppertal
Grafiken:
Jeanete Ehab und bluedesign – Fotolia.com
Weiter mit:
Danke an njuuz
für die Idee einer Analyse des Strategieprozes Wuppertal 2025 bzw. der Ergebnisse !
Insbesondere in dieser Kategorie/Arbeitsgruppe vermisse auch ich das Bergische!
Ohne echte Kooperation wird es nicht gehen!
Aber es gibt noch zwei weitere Aspekte, die m.E. „fehlen“:
1. Visionen/Projekte zur regionalen Wertschöpfung erkenne ich darin nicht – wohl aber sind solche in den – nicht ausgewählten – Projektvorschlägen enthalten!
2. Insbesondere die Wirtschaftsförderung sollte doch die Wirtschaft fördern – und zwar gleichermaßen im Bestand wie Neuansiedlungen.
Warum bitte verlassen dann über lange Jahre mit Wuppertal verbundene Unternehmen, ja sogar Alleinstellungsmerkmale wie der Großhandelsmarkt METRO und die Ausstellung Eigenheim und Garten die Stadt
– im Fall der METRO, um ein paar Meter weiter in den benachbarten EN-Kreis zu ziehen?
– im Falle der Hausausstellung – ohne deren Zukunftschancen zu erkennen/zu nutzen?
Beide Unternehmen boten qualifizierte Wuppertaler Arbeitsplätze
und spülten über Jahrzehnte verlässlich lukrative Einnahmen in den Wuppertaler Haushalt!